Essen.. Die Frauen-WM ist vorbei - der Alltag kehrt zurück. Zeit für eine Bilanz: Diese WM war kein Sommermärchen, eher war’s ein Flirt. Jetzt geht es wieder mit dem richtigen Fußball los. Ein Kommentar von Klaus Wille.
Die Frage, ob man froh sei, dass diese Frauen-WM nun vorbei ist, sie wurde so eher selten gestellt. Sie ist anders verpackt worden. Aber dazu gleich mehr.
Was haben wir dieser Weltmeisterschaft im Vorfeld nicht alles angehängt? Es ging ums große Ganze, um nicht weniger als den Kampf gegen Vorurteile und Homophobie, für die Gleichberechtigung, für Integration und Emanzipation. Glücklicherweise kam dann irgendwann der Moment, den dieses Turnier brauchte: Von da an ging es um Fußball.
Kuriose WM mit Blitzschlag und Moschushirsch
Wie gut also war die WM? Was bleibt? Man wird sich erinnern an teilweise absurd schlechte Schiedsrichter- und Torwartleistungen. Man behält vielleicht in Erinnerung, dass es spannender zu- und anders ausging als erwartet. Nordkorea, die gequälte Nation, taugt als Anekdote: Blitzschlag und Moschushirsch, soso.
Alles überlagern wird das Scheitern der deutschen Mannschaft, die sich wie gelähmt durch das Turnier gemüht hat, erdrückt von Erwartung und Begeisterung, geschürt durch eine Ranschmeiße von ARD und ZDF, die diese WM nicht begleitet, sondern hochgejubelt haben. Deren Lobhudelei in Wahrheit viel herablassender war als die dümmsten Macho-Sprüche. Es wird bleiben: der Fall von Birgit Prinz. Denn das sind die Geschichten, die diese Sportart braucht: Aufstieg und Fall seiner Heldinnen. Geschichten, die sich ins kollektive Gedächtnis einbrennen und die der Frauenfußball nicht liefern konnte, weil sich vor der WM kaum jemand für ihn interessiert hat.
Phänomen Zuschauer bei der WM 2011
Schließlich wird man sprechen über ein deutsches Phänomen: Bis zu 17 Millionen Menschen haben sich die Spiele der Neid-Elf am Fernsehen angeschaut. Das relativiert sich, wenn man bedenkt, dass auch zehn Millionen eingeschaltet haben, um Regina Halmich boxen zu sehen, und sei es gegen Stefan Raab. Nirgends sonst auf der Welt wird aus Sport so leicht Event wie in Deutschland. Am Ende feiern sich viele Menschen eben selbst.
Nun ist es vorbei und jeder sollte begriffen haben, dass diese WM kein Sommermärchen werden konnte. Eher war’s ein Flirt. So etwas geht schnell vorbei, und doch soll genug haften bleiben, um den Frauenfußball in Deutschland voran bringen. Wie weit? Der Ball liegt bei den Vereinen. Sie sind am Zug. Ein paar sind auf gutem Weg, andere kämpfen ums reine Überleben. Eine Profiliga, Berichte in der Sportschau, Live-Übertragungen der Spitzenspiele: unrealistisch, auf Jahre hinaus. Man erinnere sich: Zuletzt kamen im Schnitt 836 Fans zu den Liga-Spielen.
Es dürften jetzt ein paar mehr werden. An der grundlegenden Erkenntnis aber führt kein Weg vorbei: Für die Masse der Fans war die Frage nie, ob es vorbei ist mit der Frauen-WM. Die Frage war immer, wann es wieder mit dem richtigen Fußball los geht.