Danzig. Deutschlands Bundestrainer Löw ist ein akribischer Planer. Wenn etwas nicht nach seinen Vorstellungen läuft, kann er fuchsteufelswild werden. Dass vor dem EM-Viertelfinale die Aufstellung der DFB-Elf durch die Presse geisterte, ist so ein Fall. Jetzt sucht “Agent“ Löw den Maulwurf.
Bundestrainer Joachim Löw hat das frühe Bekanntwerden der Aufstellung der deutschen Fußball-Nationalmannschaft schon Stunden vor den EM-Spielen kritisiert. Spieler aus seinen Reihen würden mit ihren Beratern telefonieren und die in der Mannschaftssitzung festgelegte Aufstellung weitergeben, sagte er nach dem 4:2-Viertelfinalsieg gegen Griechenland am Freitagabend in Danzig. Von den Beratern oder eventuell von Freunden und Bekannten der Spieler würden die Informationen dann zu den Medien gelangen.
"Das gefällt mir nicht", sagte Löw. Am Freitag kursierte die deutsche Aufstellung mit den drei unerwarteten Offensiv-Änderungen schon kurz nach dem Mittag. Auch bei den drei Vorrundenspielen war die Aufstellung jeweils früher als gewöhnlich öffentlich gemacht worden. "Ich habe das schon mit den Spielern thematisiert. Sie geben die Aufstellung nicht direkt heraus. Das sind andere Kanäle", sagte Löw. "Wir werden sie noch herausfinden."
Ärger über Maulwurf in DFB-Umfeld
Er habe das mannschaftsintern bereits "thematisiert. Es ist klar, dass die Spieler mit Freunden oder Beratern telefonieren, sei es aus Freude oder Enttäuschung. Von den Spielern kommt das aber nicht, diese Rückversicherung habe ich. Es sind andere Kanäle, aber letztendlich nicht nachzuvollziehen."
Bereits am frühen Freitagnachmittag war publik geworden, dass Löw gegen die Griechen seine Offensive gleich auf drei Positionen verändern wird. Detailliert war berichtet worden, dass Mario Gomez, Lukas Podolski und Thomas Müller durch Miroslav Klose, Andre Schürrle und Marco Reus ersetzt werden.
Griechenland konnte sich auf deutsche Elf einstellen
Entsprechend betonte auch der griechische Trainer Fernando Santos, dass ihn die Umstellungen in der DFB-Auswahl nicht überrascht hätten: "Wir haben so etwas schon erwartet. Wir wussten es seit dem Morgen schon, dass es Wechsel geben würde. Löw wollte Frische reinbringen. Dies hatte aber keinen großen Einfluss auf das Spiel."
Schon beim EM-Auftakt der deutschen Elf gegen Portugal war frühzeitig bekannt geworden, dass Löw überraschend auf Mats Hummels und Gomez setzt, dafür Per Mertesacker und Klose draußen bleiben. Auch gegen die Niederlande war die Startelf Stunden vor Spielbeginn öffentlich. Als dann beim Spiel gegen die Dänen zum Vorrundenabschluss keine Details nach außen drangen, war vermutet worden, dass die Lücke geschlossen sei. Bis gegen die Griechen der Maulwurf wieder auftauchte...
Pikant ist dies auch vor dem Hintergrund, dass Löw um die Aufstellung immer wieder ein großes Geheimnis macht. Auch das Training läuft weitgehend unter Ausschluss der Öffentlichkeit ab. Am Trainingsplatz neben dem EM-Quartier "Dwor Oliwski" waren zuletzt sogar die Sichtschutzplanen erhöht worden, um ungebetene Zuschauer abzuhalten.
Gomez war nicht erfreut über Platz auf Ersatzbank
Die von den Entscheidungen betroffenen Spieler sind persönlich von Löw informiert worden. Begeistert waren sie davon nicht. "Er wollte mal etwas anderes ausprobieren. Es ist sein gutes Recht, ein paar Spieler auszutauschen", sagte Podolski, der offen mit seiner Enttäuschung umging. In der Vorrunde hatte er ebenso wie Gomez und Müller dreimal von Beginn an gespielt. "Es gibt Schlimmeres, als einmal auf der Bank zu sitzen. Es ist kein Beinbruch, da geht die Welt für mich auch nicht unter. Ich habe schon jede Menge Spiele gemacht", sagte er.
Gomez erklärte, dass er nicht erfreut gewesen sei, man das aber akzeptieren müsse. Der Torjäger von Bayern München hatte die Spiele gegen Portugal (1:0) und gegen die Niederlande (2:1) mit seinen drei Toren entschieden. "Das ist eine schöne Situation für den Trainer. Er kann da bringen, wen er will, das funktioniert. Und das ist auch wichtig für dieses Turnier", sagte Gomez. Müller berichtete, dass ihm der Trainer die Maßnahme damit begründet habe, dass er etwas anderes machen wolle. "Er hat gesagt, dass er die Griechen damit überraschen will. Marco Reus und Andre Schürrle sind eher so kleine Wirbler, die im Dribbling vielleicht ein bisschen effektiver sind", sagte der WM-Torschützenkönig.
Imposante Statistik der Deutschen
Die deutsche Fußball-Nationalmannschaft hat mit dem 4:2-Erfolg im EM-Viertelfinale gegen Griechenland ihren 15. Pflichtspielsieg nacheinander eingefahren und damit einen Rekord aufgestellt. Bisher lag die Mannschaft von Bundestrainer Joachim Löw gleichauf mit Frankreich (September 2002 bis Juni 2004), Spanien (Juni 2010 bis Oktober 2011) und den Niederlanden (September 2008 bis Juli 2010), die jeweils Serien von 14 Pflichtspielsiegen aufweisen können. dapd dokumentiert die seit der WM 2010 anhaltende Rekordserie der deutschen Mannschaft:
Nach dem 4:2 gegen Griechenland bei der EM 2012 hat Fußball-Bundestrainer Joachim Löw 57 Siege in 82 Länderspielen als verantwortlicher Coach auf dem Konto. Dem stehen 13 Unentschieden und 12 Niederlagen gegenüber. Die Tordifferenz beträgt 201:72. (dapd/sid)