Glasgow/Dortmund. Das Europa-League-Aus zeigt die Probleme von Borussia Dortmund auf. Es bräuchte einen Umbruch – doch dem BVB fehlt jetzt das Geld.
Die ganze Dimension des Scheiterns wurde am Freitagmorgen deutlich: Da kabelte der börsennotierte Ballspielverein Borussia Dortmund eine Gewinnwarnung an die Finanzmärkte – oder besser: eine Verlustwarnung: Statt 12 bis 17 Millionen Euro Fehlbetrag erwartet der BVB nun 17 bis 24 Millionen Euro.
Denn am Abend zuvor hatte der BVB in den Play-offs zum Europa-League-Achtelfinale die Segel streichen müssen, das 2:2 (2:1)-Unentschieden bei den Glasgow Rangers reichte nicht zur Wende nach der 2:4-Niederlage im Hinspiel. Es war das früheste Europapokal-Aus seit 2011 – und ein verdientes dazu.
Sportdirektor Michael Zorc war am Freitagnachmittag trotzdem recht aufgeräumt – und doch deutlich in seiner Kritik. „Das Aus kommt leider nicht komplett aus heiterem Himmel und komplettiert unser schwaches Abschneiden in den Pokalwettbewerben“, sagte er.
Ein kurzer Hoffnungsschimmer für den BVB
Dabei hatte es ja durchaus Hoffnung gegeben: Zur Halbzeit führte der BVB 2:1, weil Jude Bellingham (31.) und Donyell Malen (42.) Abwehrpatzer der Gastgeber ausgenutzt hatten. Aber folgenschwere Fehler kennt man auch in Schwarz-Gelb nur zu gut: Julian Brandt verursachte mit tölpelhaftem Zweikampfverhalten den Foulelfmeter, den James Tavernier zur Rangers-Führung verwandelte (22.). Und im zweiten Durchgang trat Mats Hummels ein veritables Luftloch im eigenen Strafraum – und Tavernier war ein zweites Mal zur Stelle (57.).
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„Wenn man so viele Fehler macht und sechs Gegentore bekommt, braucht man sich nicht zu wundern“, schimpfte Zorc. „Das ist der Hauptgrund für die Niederlage. So viele Tore kannst du gar nicht selbst schießen.“ Und so stand am Ende das Aus gegen die international zweitklassigen Rangers – nach dem DFB-Pokal-Aus gegen den national zweitklassigen FC St. Pauli und dem Scheitern in einer zweitklassigen Champions-League-Gruppe.
Neue Debatte beim BVB: Statt Mentalität fehlt diesmal Qualität
Das Aus wird nachhallen, denn es offenbarte Probleme: Bellingham beschimpfte Nico Schulz nach einem Fehlpass unflätig, Emre Can musste schlichten. Mats Hummels haderte mit dem Spiel seiner Vorderleute und musste von Marco Reus beruhigt werden. Es knirschte im Mannschaftsgefüge.
Eine neue Debatte über Haltung und Einstellung gab die Partie zwar nicht her, aber das dürfte kein Trost sein. Denn statt Mentalität fehlte diesmal die Qualität. Die Spieler wollten, das war zu sehen – aber sie konnten es nicht besser.
Zorc warb dennoch um Verständnis: „Unser Problem ist die Kontinuität, wir machen zu viele Fehler“, sagte er. „Aber unser extremes Verletzungspech ist auch ein Grund. Wir müssen uns der Kritik stellen, das tun wir auch – aber das gehört zur Einordnung dazu.“ Auch deswegen muss sich Trainer Marco Rose aktuell keine größeren Sorgen um seinen Job machen. Dass er in der zweiten Halbzeit von Glasgow mit seinen Korrekturen nicht durchdrang, wird eher den Spielern zur Last gelegt.
Unwucht im Dortmunder Kader
Bei der Aufarbeitung rücken eher die Unwuchten im Kader in den Fokus: Den Dortmundern fehlt schon seit Jahren ein zentraler Mittelfeldspieler, der spielerische Klasse und Abräumerqualitäten vereint. In der Offensive steht seit Jadon Sanchos Abgang kein Flügelspieler mehr im Aufgebot, der mit schnellen Dribblings Lücken in dichtgestaffelte Abwehrketten reißen kann.
Im Sommer wäre ein größerer Umbau des Kader fällig – aber wegen der Corona-Pandemie und dem frühen Europapokal-Aus fehlt dafür das Geld. Auf den neuen BVB-Sportdirektor Sebastian Kehl, der im Sommer von Zorc übernimmt, kommen herausfordernde Monate zu. Er wird ganz genau hinsehen, wie sich die Spieler in den verbleibenden elf Bundesligaspielen präsentieren – als erstes am Sonntag (17.30 Uhr/DAZN) beim FC Augsburg.