Pretoria. .


Joseph S. Blatter hat gestern Jacob Zuma in Südafrika getroffen. Sie bewarben das Hilfsprojekt „1Goal“, das allen Kindern dieser Welt bis 2014 Zugang zu Bildung verschaffen soll. Sie reichten sich die Hände und lächelten in die Kameras. So wie es Joseph Blatter gern hat. Auf Augenhöhe mit Staatsoberhäuptern, abgelichtet als Gutmensch.

In ähnlicher Pose hatte der Boss des Fußball-Weltverbandes FIFA die WM erstmals nach Afrika gebracht, hatte sich für seinen Einsatz feiern lassen und erklärt, dass „alle Menschen“ im Gastgeberland von diesem einmaligen Ereignis profitieren würden, „auch die kleinen Leute“.

Die Menschen glaubten ihm, sie hofften und träumten, doch die Art, mit der die FIFA den Gastgeber gängelt und knebelt, entlarvte die schönen Ankündigungen als billige Illusion. Denn die FIFA ist vornehmlich auf eines bedacht: den eigenen Profit.

Sie hat ihr gefragtestes Produkt, die FIFA-Weltmeisterschaft, mittlerweile zu einer globalen Marke aufgeblasen. Mächtige Partner bezahlen viel Geld, um in diesem Umfeld werben und ihre Produkte verkaufen zu dürfen. Zum Schutze dieser Sponsoren tritt die FIFA als Besatzer ganzer Landesteile auf, entwirft für die Zeit der WM neue Verordnungen und bestimmt, wer im und am Stadion was verkaufen darf. Das bedeutet: Freie Bahn für die Sponsoren, Werbeverbot für deren Konkurrenz-Firmen und das Aus für die Straßenhändler.

Einheimische müssen weichen

Sie gäben ein typisches Bild Südafrikas ab. Dort, wo nicht Fußball gespielt wird, da gibt es sie. Sie bieten ihre Fanartikel an Straßen-Kreuzungen feil, kochen am Straßenrand auf offener Flamme köstlich duftende Suppen, grillen Fleisch und Mais, verkaufen Obst über improvisierte, windschiefe Ladentheken. Sie alle könnten profitieren. Sie sind die kleinen Leute.

Doch ihre Produkte sind keine der teuren FIFA-Produkte. Die Polizei verjagt sie daher im Namen des Herrn Blatter aus der Bannmeile von 800 Metern rund um jedes Stadion und jeden Fanpark. Zurück bleibt eine sterile Umgebung zwischen Burger, Brause-Limo und Elektroriesen, die die Reichen noch reicher machen und die Armen von ihrem Turnier ausschließen.

Ähnlich erging es dem südafrikanischen Tourismus. Viele Hoteliers und Lodge-Betreiber vertrauten sich der FIFA-Tochter „Match“ an, um vom großen Kuchen etwas abzubekommen. Der Monopolist, pikanterweise im Teilbesitz von Blatters Neffen Philippe, vermarktete vor Beginn der WM Pauschalpakete mit tausenden Karten, hunderttausenden Flügen, Millionen von Übernachtungen.

Die Agentur hatte etliche Kontingente geblockt und die Preise im Sinne einer ordentlichen Gewinnmarge exorbitant angezogen. Das Hotelzimmer, das normalerweise 65 Euro kostet, war plötzlich viermal so teuer, der Preis eines Inlandfluges verzehnfachte sich zum Teil sogar.

Hotelzimmer blockiert und nicht genutzt

Dass eine Wirtschaftskrise wütete, war an „Match“ offenbar vorüber gegangen. Das Unternehmen wurde seine überteuerten Angebote nicht los. „Vor allem die Nachfrage aus Europa war nicht entsprechend“, musste FIFA-Generalsekretär Jerome Falcke einräumen. „Match“ stornierte die Reservierungen nach und nach, manche gar erst im April, und überließ die Hoteliers ihrem Schicksal -- ohne Zahlung einer Entschädigung. „Match“ wird Miese machen, das steht fest, aber die große FIFA wird für den Schaden aufkommen – vermutlich mit einem kalten Lächeln auf den Lippen, schließlich betrug das Vermögen jüngst erstmals über eine Milliarde US-Dollar.

Die WM in Afrika – sie wird das Vermögen mehren. Auch sie ist eine Expedition ins Gierreich, wie es ihre Vorgänger waren. Nur dass Südafrika eigentlich noch weniger davon übrig behalten wird als andere Gastgeber.

Die FIFA diktierte dem Gastgeber ihre Vorstellung von Komfort, Sicherheit und Infrastruktur, ohne sich groß darum zu scheren, wie diese bezahlt werden können. Die schönen Stadien, zum Teil entworfen von deutschen Architekten, beschienen von deutschen Lampen, das schöne Maskottchen, in Europa erdacht und in China produziert, werden als Vermächtnis und als Erinnerung bleiben. Und natürlich die etwa 4,2 Milliarden Dollar, die der ohnehin schon klamme Staat hat investieren müssen, um der FIFA ihre Kulisse zum Geldverdienen zu bieten.