Johannesburg. .

Eine südafrikanische Billigfluglinie legt sich mit dem Fifa-Boss und seiner Marketing-Abteilung an. Die Firma widersetzt sich den Regularien und Beschränkungen des Verbandes seit Monaten.

Es ist ein Kreuz mit den Markenrechten. Wo immer die knallharten Vermarkter des Fußball-Weltverbands Fifa einreiten und die Gesetze der WM-Gastgeberländer außer Kraft setzen, ist Vorsicht geboten. Die Herren vom Weltkonzern Fifa beschäftigen Heerscharen teurer Juristen, die schon vor vier Jahren in Deutschland zahlreiche vermeintliche und tatsächliche Fälle von Trittbrettfahrerei bei der Vermarktung geschützter WM-Symbole und Namen verfolgten. Da kennt die Fifa nichts, da wird brutalst nachgetreten, um im Fußball-Jargon zu bleiben.

Im Königreich Fifa gelten andere Regeln. Kaum eine Firma, die nicht zu den Fifa-Geschäftspartnern (Sponsoren, TV-Anstalten, Lizenznehmer) zählt, hat sich diesen wilden Regularien und Markenrechts-Beschränkungen bislang so brillant widersetzt wie Südafrikas Billigfluglinie Kulula nun schon seit Monaten. Es begann im März damit, dass Kulula, Tochterfirma von Comair, im März Zeitungsanzeigen veröffentlichte, die laut Fifa-Juristen die Begriffe „Südafrika“, „WM“ und „Vuvuzela“ und Abbildungen von WM-Stadien in Kombination unrechtmäßig verwendeten. Sich selbst bezeichnete Kulula als „inoffizielle Fluglinie des Sie-wissen-schon-was“. Dieses Turniers, von dem alle sprechen. Die Fifa-Markenrechtler erwirkten dennoch umgehend ein Verbot der Anzeige.

Kulula konterte mit einer modifizierten Anzeige, in der es hieß, es gäbe da so ein Event, nicht im vergangenen Jahr, auch nicht im kommenden Jahr, sondern irgendwann dazwischen. Dagegen konnten nicht einmal Fifa-Juristen vorgehen. Vergangene Woche warb Kulula mit Billigflügen für Jedermann, mit einer Ausnahme: „Sepp Blatter – er kann umsonst fliegen“. Der Fifa-Präsident ging auf das Angebot nicht ein. Stattdessen meldeten sich Hundebesitzer aus Kapstadt, die ihren schwergewichtigen Boston Terrier Sepp Blatter getauft hatten. Kulula schaltete die nächste ganzseitige Annonce in der Sunday Times, eröffnete einen Twitter-Account für SepptheDog und eine Webseite. „Es ist offiziell. Sepp Blatter fliegt mit uns“, teilte die Airline mit.

Blatter twittert jetzt

Am Montag hatte Flug MN 322 von Kapstadt nach Johannesburg einen leibhaftigen Sepp Blatter an Bord. Airline-Chef Gidon Novick überreichte dem Vierbeiner persönlich das Ticket, der Hund durfte kurz im Cockpit sitzen und trollte sich dann in die Holzklasse. Kulula beweist, wie man einem Weltkonzern mit Ideen, ein bisschen Mut und frechen Sprüchen beikommen kann. Die Fifa schweigt betreten. Weltweit werden die Fifa und Blatter nun als geldgeile Trottel beschrieben, die nicht einmal Spaß verstehen.

Dabei lässt Blatter seit kurzem twittern und tut so, als würde er moderne Kommunikationsmittel nutzen. „Stellt mir alle Fragen, ich beantworte sie, so gut es geht“, ließ er in einem der ersten Tweets im Kurznachrichtendienst Twitter mitteilen.

Doch mehr liefern die Kommunikationsarbeiter der Fifa nicht, die ihre Hilflosigkeit gegenüber Kritik und hartnäckigen Kampagnen seit Jahren dauerhaft unter Beweis stellen, egal in welcher Besetzung. Gerade im Kommunikationsbereich heuert und feuert Sepp Blatter mit absurder Penetranz.

Vielleicht hat Blatter das Kulula-Angebot ausgeschlagen und versäumt, Humor zu beweisen, weil ihm Kulula anders als der Fifa-Sponsor Emirate Airlines kein First-Class-Ticket angeboten hat. Das muss es aber sein, um den Fifa-Präsidenten zu locken. Denn in Südafrika fliegt Blatter mit seiner Entourage – zu der meist mindestens eine Assistentin, ein Assistent, eine Fifa-Direktorin und sein alter Kampfgefährte Walter Gagg zählen – viel komfortabler. Gemäß Recherchen der Schweizer Handelszeitung hat die Fifa für den Zeitraum vom Mitte Mai bis Mitte Juli zwei Langstrecken-Privatjets gemietet. Anders als etwa die von Ottmar Hitzfeld geführte Schweizer Nationalmannschaft sind Blatter & Co. nicht im Linienflieger, sondern mit Business-Jets angereist. Über die Kennzeichen „Fifa one“ und „Fifa two“ macht man sich in Südafrika längst lustig. So Blatter sich einst als Generalsekretär im präsidialen Wahlkampf das Kürzel JSB in Anlehnung an John F. Kennedy zulegte, muss es jetzt eine Fifa Airforce One sein. Darunter macht es der Friedensnobelpreisträger in spe nicht mehr.

Zwei Privatjets und ein Steuerparadies

Die Maschinen, eine Falcon 7X und eine Global Express XRS, stehen ständig bereit. Insgesamt soll die Miete weit mehr als zwei Millionen Franken verschlingen, mindestens 1,5 Millionen Euro. Eine der Maschinen ist übrigens auf einen Eigentümer in der Karibikinsel Tortola zugelassen.

Tortola, Teil der britischen Jungferninseln, ist ein klassisches Steuerparadies. So mancher Fifa-Funktionär und manche Firma aus dem Dunstkreis der Fifa hat Nummernkonten in dieser Gegend. (sid)