Pretoria. .
Dreimal getragen, dreimal gewonnen: Bundestrainer Jogi Löw muss beim WM-Halbfinale gegen Spanien den Pullover anziehen, den er auch zuletzt bei den Siegen gegen Australien, England und Argentinien trug.
Es gibt doch noch Situationen, in denen Joachim Löw nicht alleine entscheiden darf und ganz einfach überstimmt wird. So zum Beispiel, wenn er für morgen Abend seine Garderobe auswählt. Auf Geheiß von Oliver Bierhoff, Hansi Flick und Andreas Köpke muss Löw dann wieder seinen blauen Pullover anziehen, mit dem er auch zuletzt an der Seitenlinie stand.
Zwar sagt Löw, dass er selbst nicht so sehr vom Aberglaube getrieben sei, aber seine engsten Mitarbeiter sehen das völlig anders: „Sie sagen, der Pulli hat uns immer vier Tore beschert“. Nun ja, wer Weltmeister werden will, muss einiges in Kauf nehmen. „Ich darf den Pulli ja nicht mal mehr waschen“, berichtet der Bundestrainer leicht gequält.
Drei Siege im blauen Pullover
Dreimal hat Löw den blauen Glücksbringer bisher getragen: Gegen Australien (4:0), England (4:1) und Argentinien (4:0). Damit daraus noch ein echtes Museumsstück für das Haus der Geschichte wird, fehlen noch zwei Siege: Am Mittwoch (20.30 Uhr) im Halbfinale gegen Spanien, und dann am Sonntag im Endspiel. Der Glaube, es wirklich packen zu können, ist inzwischen so riesig wie die Euphorie bei den Fans in der Heimat. „Wir wollen wieder ein großes Kaliber ausschalten. Das ist der feste Wille, den wir haben“, versichert Bastian Schweinsteiger fast beschwörend.
Spanien – wenn sie von diesem Gegner sprechen, dann wirkt es fast so, als wenn sie wie ein Bergsteiger vor einem Achttausender stehen, und diesen jetzt bezwingen wollen. „Für mich ist Spanien immer noch der Top-Favorit auf den Titel“, sagt Löw angesichts der Konstanz des Europameisters in den vergangenen zwei Jahren. Und dass dies noch einmal eine größere Herausforderung als Argentinien wird, macht er an einem Beispiel fest: „Spanien hat nicht nur einen Messi, sondern sie haben mehrere Messis. Alle Offensiv-Spieler sind in der Lage, ein Spiel zu entscheiden.“ Nicht nur David Villa, mit fünf Treffern der bisher beste Torschütze der WM. Sondern auch das Mittelfeld-Duo Xavi und Andres Iniesta, die für den atemberaubenden Kombinationsfußball des FC Barcelona stehen.
Spanien noch nicht in Schwung
Aber Spanien – das ist auch das Team, bei dem Mittelstürmer Fernando Torres bisher noch gar nicht in Schwung gekommen ist und inmitten seiner Mitspieler eher wie ein Storch im Salat wirkt. Und das Team, das bisher bei dieser WM noch nicht die ganze Leichtigkeit seines Spiels gefunden hat. Macht nichts, glaubt Schweinsteiger: „Eine Top-Mannschaft gewinnt auch die Spiele, in denen sie nicht ganz so gut drauf ist.“
Spanien – das ist die Mannschaft, die Löw quasi als Vorbild diente, als er sein eigenes Team baute: „Ein Beispiel für einen Trainer wie mich, der es liebt, dass Fußball zelebriert wird“. Jetzt, bei dieser WM, ist seine Mannschaft beinahe schon besser als das große Vorbild. Zumindest haben sie begeisternder gespielt, und das gibt den Glauben, dass auch dieser Achttausender wirklich zu bezwingen ist.
Feier in Berlin geplant
Löw spürt, wie sehr seine Jungs alleine darauf fokussiert sind - auch nach dem Sieg gegen Argentinien hätte niemand „emotional überdreht“. Denn so schön das Halbfinale ist, so bitter war auch vor vier Jahren bei der WM im eigenen Land in der Runde der letzten Vier das Aus gegen Italien. Zwar wurden alle danach begeistert gefeiert, aber irgendetwas fehlte dann schon beim großen Empfang am Brandenburger Tor in Berlin.
Auch diesmal ist in Planung, dass die deutsche Elf in der nächsten Woche nach der Rückkehr aus Südafrika mit den Fans am Brandenburger Tor feiern wird - auch wenn der DFB dies bis zum Donnerstag als geheime Kommandosache unter Verschluss halten möchte. Aber Bastian Schweinsteiger hat gestern schon mal gesagt: „Ich will nicht wieder nach Berlin kommen, ohne irgendetwas in der Hand zu halten.“
Die gewonnene Wahl
Also wird Jogi Löw morgen Abend in Durban darauf hören, wenn ihm die Herren Bierhoff, Flick und Köpke wieder zum blauen Pulli raten. Und wenn das gute Stück auch mittlerweile ein wenig gelitten haben mag, bei den vorherigen Spielen: Schick sieht er ja aus, unser Bundestrainer. Die Frauen der Redaktion der südafrikanischen Zeitung „Star“ haben ihn sogar zum am besten gekleideten Trainer dieser WM gewählt. . .