Gelsenkirchen. .
Da saßen sie nun auf dem Podium mitten im Anstoßkreis der Schalker Arena und strahlten. Felix Magath, Trainer, Vorstandsmitglied und Manager des FC Schalke 04, sonnengebräunt und für jeden erkennbar richtig stolz auf seinen Transfercoup. Und Clemens Tönnies, Aufsichtsratschef des FC Schalke 04, nicht gebräunt, aber für jeden erkennbar richtig stolz auf seinen Trainercoup aus dem Vorjahr.
Der Mann ist eine Kanone“, sagte Tönnies und meinte Magath. Denn der hat offenbar maßgeblich dafür gesorgt, dass sich Schalke 04 nun mit einem Fußballer schmücken darf, der als einer der ganz Großen gilt: Raul ist da, Raul ist Schalker, und neben den beiden Vereinsführern wirkte der Stürmer aus Madrid beinahe ein wenig unscheinbar.
Das ist gar nicht böse gemeint, ganz im Gegenteil: Sportlich könnte der Raul-Coup mehr Risiken bergen, als es Schalkes Verantwortliche und die restlos begeisterten Fans wahrhaben wollen. Persönlich wirkt Raul, im Gegensatz zu vielen anderen Branchengrößen, allerdings überhaupt nicht so, als könne es mit ihm Probleme geben. Was der Spanier bei seiner Vorstellung sagte, war das, was Spieler bei Vorstellungen eben so sagen: dass sie sich auf die neue Herausforderung freuen, dass der neue Verein sie voll und ganz überzeuge, und dass sie sich für gerade diesen Verein entschieden hätten, weil der sich mehr bemüht habe als die Konkurrenz. Und nun auf eine schöne Zeit und viel Erfolg.
Das alles also sagte Raul, aber er wirkte dabei authentisch, so dass Felix Magath gar nicht für den Stürmer in die Bresche hätte gehen müssen: „Man nimmt ihm ab, dass er im Kollektiv denkt, dass er den Erfolg der Mannschaft über den persönlichen Erfolg stellt“, sagte Magath, „ich habe jedenfalls einen Spieler mit so einer professionellen Einstellung lange nicht mehr gesehen.“ Raul, das ist klar, ist auf Schalke ein Spieler wie kein anderer. Man kann den Transfer von zwei Seiten sehen: Schalke hat unbestritten einen Coup gelandet und einen Stürmer an Land gezogen, an dessen Statistiken und Erfolge kein anderer Königsblauer der letzten Jahre auch nur annähernd heranreicht. Raul ist einer aus der Ruhmeshalle des Fußballs.
Ein Coup voller Fragen
Die andere Lesart ist die eines Coups voller Fragen. Fragen danach, ob Raul mit 33 Jahren noch so gut ist wie der 28-jährige Raul, noch so schnell, noch im Besitz des gleichen Torriechers. Die Antworten sind ja nicht so einfach zu geben, weil Raul zuletzt bei Real Madrid und in der spanischen Nationalelf nicht mehr erste Wahl war. Aber so wie Schalke vor einem Jahr alles auf die Karte Magath gesetzt hat, scheint Magath jetzt für die kommenden beiden Spielzeiten sehr viel auf die Karte Raul zu setzen. In den Zielen für die neue Saison – ganz oben in der Bundesliga zu landen und in der Champions League die Gruppenphase zu überstehen – stimmen Magath und Raul überein. Und so stolz Schalke dem Spanier gestern zur offiziellen Vorstellung vor 150 Journalisten und hunderten von Fans mitten in der Arena den königsblauen Teppich ausrollte, so bereitwillig räumt Magath dem prominentesten Zugang der Liga eine Sonderstellung ein: „Er wird nicht behandelt wie jeder andere“, sagte Schalkes Trainer, „er hat eine Ausnahmestellung.“
Die reicht offenbar bis weit in die Personalplanungen des Trainers hinein. Magath, trotz des nie erwarteten zweiten Tabellenplatzes unzufrieden mit der Schalker Spielweise des Vorjahres und skeptisch, ob die vielen jungen Spieler ein so starkes Jahr wiederholen können, will den gesamten Auftritt der Elf auf Raul abstellen. Er fühle sich regelrecht dazu verpflichtet, sagte Magath, dafür zu sorgen, dass Rauls große Karriere unter ihm würdig ausklinge. Heißt: Das Spielsystem wird auf eine Variante mit zwei Spitzen und einem Passgeber im offensiven Mittelfeld hinauslaufen.
Genau diese Positionen hat Schalke noch nicht adäquat besetzt. Magath bastelt, Priorität hat die Verpflichtung eines zweiten Stürmers von Format, damit sich gegnerische Abwehrreihen nicht auf Raul konzentrieren können. Wer auch kommt: „Das Highlight unserer Verpflichtungen ist Raul“, sagt Magath. Ja, auf Schalke sind sie seit gestern mächtig stolz.