Franck Ribery trainiert wieder. Das alleine wäre nach einem Jahr voller Verletzungen und Spielpausen schon eine Nachricht.

Aber der Fakt, dass der Franzose beim deutschen Rekordmeister FC Bayern München das Training aufgenommen hat, ist auch aus einem anderen Grund bemerkenswert: Er verdeutlicht Riberys zuletzt deutlich gesunkenen Stellenwert. Wer es im Sommer bei der Fußball-WM in Südafrika weit gebracht hat – so wie ein Dutzend anderer Bayern-Profis – sonnt sich im Moment irgendwo an einem Strand. Ribery aber dreht seine Runden, und man könnte meinen, dass er versucht, dem schwärzesten Jahr seiner Laufbahn davon zu rennen.

Es wird ihm nicht gelingen, denn mit Ribery und seinen Problemen ist das wie mit dem Hasen und dem Igel. Wo er hinkommt – sie sind schon da.

Das hat man inzwischen auch in München verstanden. „Wir machen uns große Sorgen um ihn“, hat Bayerns Vorstandsvorsitzender Karl-Heinz Rummenigge dieser Tage gesagt. Es hat offenbar etwas gedauert, bis Rummenigge und Präsident Uli Hoeneß die ganze Dimension des Falles Ribery klar geworden ist. Hinter dem Franzosen liegt ein verpfuschtes Jahr, und das hat nur zum Teil mit den üblichen Problemen eines hoch veranlagten Fußballers zu tun, die sich um Blessuren und den Kopf verwirrende Millionen-Angebote drehen.

Es begann eher harmlos, mit einer Blase am Fuß und einer Entzündung der Patellasehne. Franck Ribery fehlte zum Saisonstart, danach gab es Ärger mit Trainer Louis van Gaal um die ideale Spielposition. Es folgte die halbjährliche 60-Millionen-Offerte von Real Madrid, dann eine neue Verletzung an der Sehne, die Ribery einen Großteil der Hinrunde kosten sollte.

Die wahren Probleme begannen trotzdem erst, als Ribery wieder spielen konnte. Im Champions-League-Halbfinale gegen Lyon sah er nach einem harten Foul Rot, das Finale verlor Bayern ohne ihn 0:2 gegen Inter Mailand. Selbst das war, rein sportlich, noch nicht der Tiefpunkt. Der kam bei der WM, als Frankreichs Nationalelf jämmerlich spielte und sich als ein Haufen von Egomanen präsentierte, an der Spitze offenbar mit Anelka und Ribery.

Affäre reicht lange zurück

Schlimmer aber dürfte Ribery seine Affäre mit der Prostituierten Zahia Dehar treffen. Sie reicht zurück ins Jahr 2009. Als Ribery die vollbusige, auf Lolita getrimmte Blondine damals traf, war sie erst 17 Jahre alt. Ihr wahres Alter will sie ihrem prominenten Freier nicht mitgeteilt haben. Sie habe irgendwann kapiert, dass sie Männern gefalle und sich dann gesagt: „Warum sollte ich nicht Profit daraus schlagen?“

Für Ribery ist in der Schmuddel-Affäre weit und breit kein Profit in Sicht. Er hat sich nach seiner Rückkehr aus Südafrika in München an beiden Leisten operieren lassen. Mitten in seiner Regenerationsphase musste er nach Paris, um dort sieben Stunden lang zur Rotlicht-Affäre auszusagen. Richter Andre Dando leitete danach gegen Ribery und dessen Schwager, den Madrider Profi Karim Benzema, ein Anklageverfahren wegen „Ausnutzung einer minderjährigen Prostituierten“ ein. Auch die Staatsanwaltschaft München hat vor ein paar Tagen begonnen, die Geschehnisse zu prüfen.

Neben den juristischen Konsequenzen, die um die Frage kreisen, ob er wusste, wie alt das von ihm gebuchte Callgirl war, muss Ribery auch den Verlust seines Rufs fürchten. Als er zu den Bayern kam, galt er nicht unbedingt als reif, aber das Bild, das von ihm in der Öffentlichkeit präsentiert wurde, war das eines verspielten Lausebengels, der Spaß an harmlosen Streichen hat: Einer, der den Kollegen Zahnpasta unter die Türklinke schmiert und den Rest seines Lebens damit verbringt, besser als die meisten Berufskollegen Fußball zu spielen, kann so übel wohl nicht sein.

Davon ist nicht mehr viel übrig. Ribery steht da als Ehemann, der zu seinem Geburtstag eine junge Prostituierte aus Frankreich einfliegen lässt. Als ungehobelter Rüpel, der nach der WM in Frankreich im Fernsehen die WM-Blamage entschuldigen will und dazu Adiletten trägt. Er steht da als gefallener Bengel, der, Gruß von Zahia, über sich lesen muss, er sei weder galant noch zuvorkommend, eher unsympathisch und geizig. Vielleicht ist Riberys Problem in einer Gesellschaft und speziell in einer Branche, in der Heuchelei in Sachen käuflicher Sex zum Alltag gehören, aber auch nur dies: Er ist aufgeflogen.

Bayern stehen hinter Ribery

Seinen Verein muss das trotzdem unangenehm berühren. Die Bayern-Verantwortlichen geben gerne mal die moralisch höhere Instanz in der Liga. Nun müssen sie einen Spieler auffangen, der es in einem für ihn verpfuschten Jahr immerhin geschafft hat, einen Vertrag bis 2015 abzuschließen. Es war wohl so etwas wie der Lohn für die ersten beiden Jahre, in denen Ribery die Bayern verzückt hat. Die Frage, was seine vierte Saison in München bringen wird, gehört sicher zu den spannenden der neuen Saison.