Essen. WAZ-Sportchef Reinhard Schüssler zur Kritik von Nationalverteidiger Philipp Lahm am FC Bayern München.

Der vielleicht aufschlussreichste Satz des Interviews, das am Wochenende die Bayern-Welt erschütterte, ist in der Aufregung um die Kritik an der Münchener Vereinsführung ein wenig untergegangen. „Mir liegt der FC Bayern am Herzen”, hat Philipp Lahm gesagt.

Dass auch für Uli Hoeneß die Bayern eine Herzenssache sind, versteht sich von selbst. Umso tiefer muss den erfolgreichsten Bundesliga-Manager die Analyse eines Spielers treffen, der – wie kein anderer seit Mehmet Scholl – für das positive Gesicht des extrem polarisierenden Rekordmeisters steht.

Wäre Lahm ein Typ wie Effenberg – Hoeneß würde sich im Umgang mit der Kritik leichter tun. Weil aber Lahm als das Gegenteil eines Stinkstiefels gilt, reicht der – berechtigte – Hinweis nicht, so ein Verhalten ge-höre sich nicht für einen Klub-Angestellten.

Und mag Hoeneß auch richtig liegen mit der Vermutung, bei dem am Tag des Schalke-Spiels platzierten Interview handele es sich um eine von einem windigen Spielerberater gesteuerte Aktion – der inhaltlichen Auseinandersetzung mit der Kritik muss er sich zumindest intern stellen. Lahm, so ist zu vermuten, wird den Bayern-Bossen Beine machen. Zumal die Vorwürfe nicht neu sind, den Verein mangle es an einer Philosophie, die über die Beckenbauer-Parole hinausgeht: „Wir wollen Erfolg haben und möglichst jedes Spiel gewinnen.”

Um eben von diesem Von-Spiel-zu-Spiel-Denken wegzukommen, hatte Uli Hoeneß ja Jürgen Klinsmann verpflichtet. Man mag zu dem Sommermärchen-Initiator stehen wie man will – aber für eine echte Chance, seine Vision umzusetzen, hätte er mehr als zehn Monate Zeit bekommen müssen. Stattdessen holte Bayern mit Louis van Gaal einen vermeintlich „klassischen Fußball-Lehrer”, der sich als noch größeres Missverständnis herauszustellen scheint.

Es ist die persönliche Tragik von Uli Hoeneß, dass sich auf der Zielgeraden seiner Karriere die Zahl seiner Fehler dramatisch erhöht hat. An den wohl schlimmsten ist er gegen Schalke schmerzhaft erinnert worden: Felix Magath nach zwei Doublegewinnen bei der ersten kleinen Ergebnis-Krise gefeuert zu haben ...