Kopenhagen. Am Freitag geht eine Ikone der deutschen Sportpolitik in Rente. Walther Tröger verabschiedet sich in Kopenhagen aus dem Internationalen Olympischen Komitee (IOC).
Hier noch ein Handschlag, da noch ein Gespräch: Wenn Walther Tröger bei der 121. IOC-Session in Kopenhagen über die Flure geht, ist er schnell umringt von Kollegen. Der Doyen der deutschen Sportpolitik genießt in der olympischen Familie einen ausgezeichneten Ruf. Am Freitag endet seine Zeit im Internationalen Olympischen Komitee (IOC). Dann scheidet der 80-Jährige wegen Erreichens der Altersgrenze nach 20 Jahren aus der "Weltregierung des Sports" aus.
"In diesen Tagen denke ich viel darüber nach, wie aktiv ich gewesen bin. Es waren viele schöne Jahre. Aber auch in Zukunft bleibt noch genug Arbeit übrig", sagt Tröger, der seit 1989 IOC-Mitglied ist und von der Frankfurter Rundschau mal als "ewiger Olympier" bezeichnet wurde. Kaum einer ist soviel herumgekommen wie er.
"Samaranch hat auf Tröger gehört"
Von März 1983 bis Oktober 1990 saß Tröger als IOC-Sportdirektor an einer Schaltstelle des Weltsports. "Was Sport angeht, hat Juan Antonio Samaranch auf Walther Tröger gehört", sagt IOC-Präsident Rogge: "Er genießt innerhalb des IOC großen Respekt für seine Arbeit, die er für das deutsche NOK geleistet hat, und für sein großartiges Sportwissen." Deshalb soll die Vollversammlung Tröger zum Ehrenmitglied ernennen.
Alle vier Olympischen Kongresse nach dem Krieg, fast jede der 62 Sessionen seit 1963 hat Tröger miterlebt. Höhepunkte waren für den langjährigen Generalsekretär des Nationalen Olympischen Komitees (NOK/ab 1961) und späteren NOK-Präsidenten (1992 bis 2002) die Sommerspiele 1972 in München, als er Bürgermeister des Olympischen Dorfes war, der Olympische Kongress 1981 in Baden-Baden sowie seine Zeit als IOC-Sportdirektor: "Das war damals noch ein Ein-Mann-Betrieb, der viel Arbeit machte."
Tröger galt im Sport stets als praxisorientierter Mann und als Freund der Sportler. Achtmal führte er eine deutsche Mannschaft bei Winterspielen in seiner Lieblingsrolle als Chef de Mission. Als einer von wenigen schaffte er den Sprung vom Haupt- ins Ehrenamt.
Die schwersten Stunden seiner Laufbahn erlebte er 1972 als Bürgermeister des Olympischen Dorfes in München. Der Anschlag auf die israelische Mannschaft mit elf toten Sportlern sowie einem getöteten Polizisten war ein tiefer Einschnitt für den im oberfränkischen Wunsiedel geborenen Sportfunktionär. "Unschuldige, die unter meiner Obhut standen, waren betroffen. Und ich konnte nicht helfen. Das beschäftigt mich heute noch", sagt Tröger, der am 5. September 1972 um 5.30 Uhr von der Polizei geweckt worden war: "Ich war dann bei allen zwölf Verhandlungsrunden dabei."
Drei große Niederlagen auf internationaler Bühne
Auf internationaler Bühne gab es drei große Niederlagen für ihn: Der verpasste Einzug in die IOC-Exekutive 1992, als er im Rennen von elf Kandidaten um drei Plätze mit einer Stimme Rückstand Vierter wurde, sowie zwei bittere deutsche Pleiten bei der Bewerbung Berchtesgadens um die Winterspiele 1992 sowie Berlins um die Sommerspiele 2000.
Nach einem Jurastudium hatte Tröger seine Laufbahn 1951 als Geschäftsführer des Allgemeinen Deutschen Hochschulsportverbandes begonnen, ehe er 1961 Generalsekretär des NOK wurde und von dieser Position aus auch an Einfluss im IOC gewann.
Nach dem Ausscheiden von Tröger ist der deutsche Sport im IOC noch mit zwei Mitgliedern vertreten: Vizepräsident Thomas Bach und Athletensprecherin Claudia Bokel.