Dublin. Bayer Leverkusen wurde im Europa-League-Finale fortgeführt. Der Blick der Fans und Spieler geht nun nach Berlin. Fehler sollen aber aufgearbeitet werden.

Die Fans hatten ihrer Mannschaft schnell verziehen und blickten direkt voraus auf den Samstag. Noch während die Köpfe der Spieler von Bayer Leverkusen ganz tief hingen, sangen die Anhänger in der Kurve bereits vom Finale im DFB-Pokal am kommenden Samstag gegen den 1. FC Kaiserslautern. Es ist das Gute in diesen Tagen: Bei den Leverkusenern folgt Höhepunkt auf Höhepunkt. Da kann man die erste Niederlage der Saison vielleicht besser verarbeiten – oder zumindest ausblenden. Ob ihnen das nach einem schwachen Auftritt bei der 0:3-Pleite gegen Atalanta Bergamo im Finale der Europa League wirklich gelingt? Zumindest einen ersten Eindruck davon bekam man bereits am späten Mittwochabend in den Katakomben des Aviva-Stadiums von Dublin. Trotz der fehlenden Übung im Umgang mit Niederlagen sahen die meisten Spieler doch recht gefasst aus.

„Ab morgen geht der Fokus auf das nächste Finale“, sagte der Schweizer Granit Xhaka, der ausgerechnet im Finale eine seiner schwächsten Saisonleistungen zeigte. Wie allerdings viele seiner Mitspieler auch. „Wenn wir schon nicht das Triple holen, dann bringen wir wenigsten das Double nach Leverkusen“, sagte der Mittelfeldspieler trotzig.

Atalanta Bergamo dominiert Bayer Leverkusen

Die Chancen darauf dürften gut stehen, Kaiserslautern ist ein anderes Kaliber als Atalanta Bergamo. Die Italiener dominierten Bayer Leverkusen von der ersten Sekunde an, waren sehr aggressiv im Pressing und den Zweikämpfen. Leverkusen kam damit überhaupt nicht zurecht, der Plan von Trainer Xabi Alonso ging in die Hose. Die Rohdiamanten wie Florian Wirtz und Amine Adli funkelten an diesem Abend nicht, sie blitzten nicht einmal. Weitgehend aus dem Spiel nahmen die Italiener die vermeintlichen Stars. Und auch der Trainer machte keine gute Figur. Die Entscheidung auf drei schnelle Spieler in der Spitze auf den robusten Victor Boniface zu setzen, stellte sich als falsch heraus. Ähnlich daneben lag er damit, den formstarken Robert Andrich für Exequiel Palacios auf der Bank zu lassen. Die Körperlichkeit des Berliners hätte dem Spiel gutgetan.

Xabi Alonso rümpft die Nase nach der Final-Niederlage mit Bayer Leverkusen.
Xabi Alonso rümpft die Nase nach der Final-Niederlage mit Bayer Leverkusen. © dpa | Jan Woitas

„Wir werden Vieles lernen aus dieser Niederlage. Inklusive mir“, sagte Alonso auf der Pressekonferenz selbstkritisch. „Wir haben alle nicht unsere beste Leistung gebracht. Inklusive mir.“ Bayer schaffte es vor allem in der ersten Halbzeit nicht, sich auf dem starken Druck zu befreien und ging wie schon 2022 im Achtelfinal-Hinspiel der Europa League gegen Atalanta unter. In Eins-Gegen-Eins-Situationen fehlte die Körperlichkeit, im Ballbesitz die Genauigkeit und Cleverness. Alonso gab am späten Abend zu, seine Mannschaft habe es zu häufig mit kurzen Pässen versucht. In der Zeit waren die Italiener immer wieder in die Positionen zurückgekommen.

Und Bayer bot selbst ungewöhnlich viele Räume – wie in dieser Saison wohl nur in den drei Spielen gegen den VfB Stuttgart. Doch anders als gegen die Schwaben gelang Bayer es im Europa-League-Finale nicht, das Heft des Handelns in die Hand zu bekommen. Ohne eine hunderprozentige Torchance endete die Partie für Leverkusen, während Ademola Lookman mit seinem Dreierpack für den Sieg für Atalanta und die erste Saisonniederlage nach 51 Spielen für Bayer Leverkusen sorgte.

Bayer Leverkusen: Xhaka vom Charakter der Mannschaft überzeugt

„Es wird eine Herausforderung für uns sein, wie wir von der Niederlage zurückkommen und wie wir mit dem Schmerz umgehen“, sagte Alonso. Und auch sein verlängerter Arm auf dem Feld, Xhaka, ist gespannt, wie die Mannschaft diese bittere Pleite ausgerechnet im ersten Finale dieser Woche verpacken wird. „Jetzt ist die Zeit, zu sehen, welcher Spieler einen Charakter hat“, sagte der 31-Jährige, der in Dublin nun sein zweites Europa-League-Finale seiner Karriere verlor. „Welcher Spieler kann schnell aufstehen nach der Niederlage und weitermachen?“, fragte er sich. Er glaube allerdings, dass seine Mitspieler alle stabil genug seien. Er selbst jedenfalls wolle sich „die Saison nicht kaputt“ machen lassen. Es gehe nun darum, zu zeigen, dass man nicht nur in Hochphase als Mannschaft auf dem Platz stehen, sondern auch Rückschläge verarbeiten könne.

Florian Wirtz (l.) wurde von Bayer-Boss Fernando Carro getröstet.
Florian Wirtz (l.) wurde von Bayer-Boss Fernando Carro getröstet. © dpa | Federico Gambarini

Sportdirektor Simon Rolfes hat zumindest keinen Zweifel daran, dass seine Spieler nur 69 Stunden nach dem Abpfiff in Dublin in Berlin die richtige Reaktion zeigen wird. „Dass wir die Fähigkeit haben, wieder aufzustehen, haben wir in vielen Spielen gezeigt“, sagte er. „Wir werden in Berlin wieder eine Topleistung abliefern.“ Und dennoch müssen die Akteure damit umgehen, dass die perfekte Saison ohne Niederlage dahin ist. „Die Normalität ist nicht, in der 52. Partie zu verlieren. Normalerweise ist das viel früher in der Saison“, sagte Alonso. Er besteht darauf anzuerkennen, dass „es etwas Besonderes ist, was wir erreicht haben. Wir müssen sehr stolz sein.“ Das würde natürlich auch für das Double gelten.