Frankfurt. Die Fifa sieht sich in den Niederlanden, Belgien und Deutschland für die Frauen-WM 2027 um. Doch die Konkurrenz verspricht Milliarden.

Der deutsche Frauenfußball kann jeden Schub gerade gut gebrauchen. Gleichwohl konnte DFB-Präsident Bernd Neuendorf erst einmal gar nicht laut trommeln, als vergangene Woche ein wichtiger Meilenstein für die gemeinsame Bewerbung mit Belgien und den Niederlanden um die Frauen-WM 2027 gesetzt wurde. Die fünftägige Inspektionsreise einer hochrangigen Fifa-Delegation war ausdrücklich ohne mediale Inszenierung geplant, obwohl der Weltverband dieses Turnier in neue Dimensionen verrücken möchte.

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DFB-Generalsekretärin Heike Ullrich, als frühere Direktorin Frauenfußball tief in der Materie, hatte bereits bei Abgabe des so genannten Bidbook Anfang Dezember gesagt, dass die Anforderungen „absolut auf dem Level einer Männer-WM sind – und das ist auch gut so“. Deutschland habe 89 Verträge mit weitreichenden Garantien und Zusicherungen gezeichnet, denn: „Man denkt in allen Bereichen groß.“

Dortmund, Düsseldorf, Gelsenkirchen und Köln als deutsche Spielorte

Die elfköpfige Fifa-Delegation hat sich zusammen mit hochrangigen Funktionären aus dem deutschen, dem belgischen (RBFA) und niederländen Verband (KNVB) ein detailliertes Bild gemacht, was Spielstätten, Trainings- und Fanmöglichkeiten, Transport und Unterbringung im Dreiländereck angeht.

Von Düsseldorf ging es nach Dortmund ins Stadion und dann ins Fußball-Museum; es folgten Besuche der Arenen in Düsseldorf, Brüssel und Eindhoven. Der KNVB als Initiator der Bewerbung führte über seinen Campus in Zeist und dann auch durch die Arena im Amsterdam.

Als deutsche Spielorte sind Dortmund, Düsseldorf, Gelsenkirchen und Köln benannt, doch analog zur Frauen-WM 2023 in Australien und Neuseeland wird die Fifa am Ende wohl auf zehn Austragungsorte reduzieren. Eine deutsche Stadt könnte noch durchs Rüttelsieg rauschen.

17. Mai Abstimmung zum WM-Gastgeber auf Fifa-Kongress

Seit Südafrika seine Bewerbung zurückzog, fehlt ein „sehr, sehr starker Mitbewerber“ (Ullrich), dem aus sportpolitischen Gründen die größten Chancen eingeräumt worden wären. Nun stellen sich die Europäer gegen Brasilien sowie der Doppelbewerbung aus den USA und Mexiko beim Fifa-Kongress am 17. Mai in Bangkok zur Abstimmung. Klar ist, dass die Stimmenpakete der Delegierten aus Afrika und Asien das Zünglein an der Waage bilden.

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Die Fifa-Inspektionstouren in Brasilien sowie USA und Mexiko stehen noch aus. Insgesamt ist dem Weltverband offenkundig an einem transparenten Vergabeprozess gelegen – anders als bei der auf obskuren Wegen ausbaldowerten Männer-WM 2030, der vier Jahre später

folgen dürfte.

Die Bewerbungsdossiers hat der Weltverband öffentlich gemacht, dasselbe soll mit den Evaluierungsberichten passieren. Europas Bewerbung ist unter dem Slogan „BNG“ zusammengefasst: steht für „Breaking New Ground“ und die Anfangsbuchstaben der drei Nationen.

Deutsche Bewerbung punkten in Sachen Nachhaltigkeit

„Ziel ist ein lokales Turnier mit globaler Wirkung, das die im Fifa-Pflichtenheft festgelegten Anforderungen und Ziele in allen Bereichen nicht nur erfüllt, sondern diese nach Möglichkeit noch übertrifft“, teilte Neuendorf mit seinen Amtskollegen Pascale Van Damme (Belgien) und Just Spee (Niederlande) in einem Statement mit.

„Wir müssen so gut sein, dass die Fifa-Familie uns nicht übergehen kann“, sagte Patrick Kisko, bei dem die Fäden im Bewerbungsprozess zusammenlaufen. Der schon bei der Frauen-WM 2011 involvierte DFB-Abteilungsleiter wirbt mit einem Turnier, das für Spielerinnen und Fans gastfreundlich, sicher und vor allem so kompakt wie nie zuvor sein soll.

Der Radius zwischen den Spielorten beträgt gerade 150 Kilometer, Flugreisen sind damit überflüssig, weil alles per Bus oder Bahn erreicht werden kann. Teams wie Fans können an einem Ort wohnen. Der CO2-Fußabdruck wird minimiert.

USA und Mexiko locken Fifa mit drei Milliaden US-Dollar WM-Erlös

Die Frauen-WM 2027 würde damit einen umweltbewussten Kontrapunkt setzen, denn sowohl wie bereits bei der Frauen-WM in Australien und Neuseeland müssen auch bei der Männer-WM 2026 in den USA, Kanada und Mexiko riesige Entfernungen per Flugzeug überbrückt werden. Dasselbe Problem hätten Brasilien, USA und Mexiko auch 2027 wieder.

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Doch der Aspekt der Nachhaltigkeit ist nur das eine. Das andere sind die Finanzen. So verspricht die Offerte aus den USA und Mexiko einen Erlös von drei Milliarden US-Dollar. Dies würde durch das rasante Wachstum des Frauenfußballs möglich sein, schreiben die Organisatoren. Das wäre eine unfassbar hohe Summe im Frauenbereich. Zum Vergleich: Bei der WM 2023 war bei Rekordeinnahmen von 570 Millionen Dollar zur großen Freude von Fifa-Impresario Gianni Infantino erstmals die Gewinnzone erreicht worden.

Auch der Verbund „BNG“ betont das kommerzielle Potential. „Dieses zielt darauf ab, neue Maßstäbe hinsichtlich der Erlöse durch den Verkauft der Medienrechte, Sponsorship und Kartenverkauf zu setzen“, heißt es. Genau ist angegeben, dass zwischen 2,2 und 2,5 Millionen Tickets verkauft werden sollen, die von der Gruppenphase bis zum Finale zwischen 20 und 125 Euro kosten sollen. Doch drei Milliarden Dollar Einnahmen will und kann man beim besten Willen nicht versprechen. So viele Schübe kann es für den Frauenfußball in den nächsten drei Jahren gar nicht geben.