München. Erstmals steht kein deutscher Vertreter im Viertelfinale eines europäischen Frauen-Wettbewerbs. Die Folgen reichen bis ins DFB-Team.

So schnell kann sich eine Agenda ändern. Eigentlich war Nia Künzer als neue Sportdirektorin des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) zum Spobis nach Hamburg gekommen, um über die Wachstumschancen des Frauensports zu sprechen. Der weltweite Markt soll sich schließlich bis 2030 verdreifachen. Doch zunächst einmal musste auch die Weltmeisterin von 2003 bedauern, dass sich nach ihrem Amtsantritt der Bedeutungsverlust des deutschen Frauenfußballs nahtlos fortsetzt.

Nach dem WM-Vorrundenaus im vergangenen Sommer hat die Champions-League-Saison 2023/2024 den nächsten historischen Tiefpunkt gebracht. Am Dienstag verabschiedete sich der FC Bayern durch ein 2:2 gegen Paris St. Germain als letzter deutscher Vertreter.

Bundesliga dominierte lange die Siegerliste

Erstmals seit Gründung eines Europapokalwettbewerbs der Frauen 2001/2002 mischt kein Bundesligist mehr im Viertelfinale mit. Neunmal stehen deutsche Klubs in der Siegerliste, der letzte war 2015 der 1. FFC Frankfurt. Eine gefühlte Ewigkeit her.

Unter dem Eindruck des unglücklichen Eigentors seiner englischen Nationalspielerin Georgia Stanway verfiel Bayern-Trainer Alexander Straus in Schönrednerei: „Die Spielerinnen hätten so viel mehr verdient gehabt.“ Die Vorstellung seines Teams hätte ein „top, top, top Level“ gehabt. Wollte der Norweger nicht wahrhaben, dass der Meister mit seinen wankelmütigen Darbietungen in der Gruppenphase selbst schuld war?

Giulia Gwinn hat Tränen in den Augen

Immerhin gestand Nationalspielerin Klara Bühl: „Wir haben es nicht heute verloren, sondern in den letzten Wochen.“ Mitspielerin Giulia Gwinn meinte unter Tränen: „Das wird natürlich auch die nächsten Tage noch wehtun.“

Nachdem der Vizemeister VfL Wolfsburg bereits in den Playoffs an Paris FC scheiterte und der Bundesliga-Dritte Eintracht Frankfurt bereits vor seinem letzten Heimspiel gegen den FC Rosengard alle Chancen aufs Weiterkommen verspielt hat, färbt das Versagen direkt aufs Nationalteam ab. Internationale Lernprozesse fehlen den Protagonisten von Interims-Bundestrainer Horst Hrubesch, dessen Auswahl bald gegen Frankreich in Lyon (23. Februar) einen ersten Anlauf auf die Olympia-Qualifikation nimmt.

DFB-Frauen mit Ballast ins Final Four

Würde das Halbfinale im Final Four der Nations League verloren, gäbe es zwar im Spiel um Platz drei gegen Spanien oder Niederlande eine zweite Chance, aber die DFB-Frauen schleppen einigen Ballast ins Turnier. Hoffnungsträgerinnen wie Sydney Lohmann, auf dem Bayern-Campus gegen PSG eine der Besten, müssen überlegen, ob sie ihre Zukunft in der Bundesliga sehen oder den Schritt ins Ausland gehen.

Die Rufe nach Reformbedarf werden lauter. Katja Kraus aus der Initiative „Fußball kann mehr“ fühlt sich bestätigt, dass insbesondere beim DFB die Selbstbeweihräucherung und Schönrednerei wegen einiger gut besuchter Highlight-Spiele aufhören müssen.

Google Pixel ist unzufrieden

Und noch immer ist die Liga weit davon entfernt, wirtschaftlich selbst tragfähig zu sein. Jeder Lizenzverein leistet über seine Männer Quersubvention in siebenstelliger Größenordnung. Einigen Klubvertretern, aber auch dem unzufriedenen Liga-Namensgeber Google Pixel, dem der DFB gerade verzweifelt Zugeständnisse macht, geht es bei der Entwicklung viel zu langsam; deswegen ist Tobias Trittel (Wolfsburg) als Vorsitzender des Ausschusses Frauen-Bundesligen zurückgetreten. „Mir ist alles viel zu brav und leise“, sagt auch Kraus..