Frankfurt. Dass im Winter drei deutsche Nationalspielerinnen der Frauen-Bundesliga vor Rückrundenbeginn den Rücken kehren, muss ein Alarmzeichen sein.

Eine solche Sieglosserie ist völlig ungewohnt für den FC Bayern. Vier Spiel warten deren Fußballerinnen wettbewerbsübergreifend auf ein Erfolgserlebnis. Das neue Jahr begann in der Champions League bei AS Rom (2:2) ähnlich ernüchternd wie das alte geendet hatte, als sich die Münchnerinnen beim Bundesliga-Aufsteiger 1. FC Nürnberg (1:1) quälten. Abermals wirkten die Gesichter beim Ringen nach Erklärungen reichlich blass. Die deutlichsten Worte fand die spät in Rom per Kopf erfolgreiche Doppeltorschützin Lea Schüller: „Es reicht einfach nicht, wenn wir nur in der Schlussphase so auftreten.“

Frauen-Bundesliga VfL Wolfsburg liegt einen Punkt vor dem FC Bayern

Weil so vieles unrund läuft, sind die Ziele in Gefahr: Der einen Punkt hinter Tabellenführer VfL Wolfsburg rangierende Meister darf zum Wiederbeginn der Frauen-Bundesliga gegen die TSG Hoffenheim (Samstag, 14 Uhr) im Titelkampf nicht patzen, braucht danach gegen Paris St.-Germain (Dienstag, 21 Uhr) einen Sieg, um noch das Viertelfinale der Königsklasse zu erreichen. Stars wie Pernille Harder und Magdalena Eriksson sind eigentlich nicht auf den Campus gekommen, um sich vor der K.o.-Runde zu verabschieden. Die Gefahr ist groß, dass Deutschland im Uefa-Ranking in diesem Jahr entscheidend an Boden verliert, zumal Wolfsburg überraschend in den Play-offs an Paris FC hängen blieb.

Das verheißt letztlich auch für die Nationalmannschaft im Halbfinale im Final Four der Nations League gegen Frankreich in Lyon (23. Februar) nichts Gutes, wenn es um die Olympia-Qualifikation geht. Über die Wettbewerbsfähigkeit des deutschen Frauenfußballs wird ungeachtet von gut vermarkteten Highlight-Spielen in den Arenen, mehr als 10.000 verkauften Tickets fürs DFB-Pokalfinale oder ordentlichen Kulissen der Länderspiele auch im Verband mit der neuen Sportdirektorin Nia Künzer dieser Tage rege diskutiert. Immerhin: Nach zehn Spieltagen lag der Zuschauerschnitt (2990) sogar über dem der Vorsaison (2723).

Volle Stadion in Wolfsburg und Köln erwartet

Wolfsburg gegen Eintracht Frankfurt (11. Februar) oder der 1. FC Köln gegen Werder Bremen (10. März) werden bald wieder in ihren großen Arenen spielen, dennoch mehren sich die Alarmsignale, dass woanders das Wachstum noch schneller erfolgt. Dazu passt der Weggang von gleich drei deutschen Nationalspielerinnen in diesem Winter.

Der prominenteste Verlust ist jener von Lina Magull. Die Edeltechnikerin hing seit Monaten bei Bayern und der Nationalelf im Formloch, so dass die 29-Jährige fast überstürzt zu Inter Mailand wechselte. Klubkollegin Maximiliane Rall ließ sich wegen wenig Einsatzzeit zu den Chicago Red Stars in die USA locken. „Das ist ein natürlicher Prozess, wir können nicht jede Spielerin halten“, sagte Bayerns Trainer Alexander Straus. Auch Wolfsburgs Coach Tommy Stroot beugte sich den Fliehkräften, weil mit Felicitas Rauch eine weitere Vize-Europameisterin 2022 bei North Carolina Courage anheuerte. Für den bestens vernetzten Spielerberater Felix Seidel sind die Wechsel die „Vorboten des Sommers“, der aus seiner Sicht „sehr bewegt“ werden könne. Auf dem Transfermarkt sei außerhalb Deutschlands eine „große Dynamik“ zu spüren.

Ligen in Europa und den USA laufen der Bundesliga den Rang ab

Felicitas Rauch (rechts), hier gegen die Münchenerin Georgia Stanway, wechselt vom VfL Wolfsburg in die USA.
Felicitas Rauch (rechts), hier gegen die Münchenerin Georgia Stanway, wechselt vom VfL Wolfsburg in die USA. © dpa | Angelika Warmuth

Die US-Profiliga NWSL erhält durch die Anhebung des Salary Caps neue Möglichkeiten, die Topvereine in England, Spanien und Frankreich und Italien drehen ohnehin kräftig an der Gehaltsspirale. Kommen die Bundesligisten da noch mit? Bei mehreren hoffnungsvollen Nationalspielerinnen wie Sydney Lohmann (Bayern), Nicole Anyomi oder Sophia Kleinherne (beide Frankfurt), Paulina Krumbiegel (Hoffenheim) oder Janina Minge (Freiburg) laufen die Verträge aus. An internationalen Offerten wird es keiner Akteurin fehlen.

Wo letztlich deren Wege hinführen, könnte auch richtungsweisend für eine Liga, deren Hinrunde abermals (zu) vorhersehbar verlief. Erneut duellieren sich bloß Wolfsburg und Bayern um die Meisterschaft, der dritte Rang scheint das dritte Mal nach Frankfurt zu gehen. Erfreulich ist die gute Rolle, die SGS Essen als letzter reiner Frauenfußballverein als aktueller Fünfter spielt. Der Ausbildungsverein bestreitet jetzt das Montagsspiel gegen Pokalsieger Wolfsburg mit Alexandra Popp und Co.