Duisburg. Michael Preetz war beim Big City Club Hertha BSC, ist neuer Geschäftsführer beim Drittliga-Kellerkind MSV Duisburg. Warum tut er sich das an?
Es ist so Usus, den Neuen mit einem Vereinsschal zu versehen und symbolträchtig im Inneren des Stadions der Fotografenschar zu präsentieren. Als Aílton Gonçalves da Silva, bestens bekannt als „kleines, dickes Ailton“ und immerfröhlicher Bundesliga-Torjäger, im Juli 2007 als neuer Stürmer des MSV Duisburg vorgestellt wurde, wehte noch der Duft der großen, weiten Fußballwelt durch die Arena im Stadtteil Wedau. „Der schlafende Riese Duisburg erwacht“, tönte der damalige Vereins-Chef Walter Hellmich, wer sind schon Schalke und Dortmund? Schwarz-Gelb und Königsblau – in der Größenordnung wurde damals gedacht. Für die gute Show hatte nun also der passionierte Rodeoreiter Ailton auf einem der elf für die Kulisse herbeigeholten Hartplastik-Zebras, dem Wappentier des Vereins, Platz zu nehmen. Ein Zebra und ganz viele Tore, das ist Ailton – so war der Plan, als die sportliche Zukunft in Duisburg noch vielversprechend aussah.
Michael Preetz ist beim MSV Duisburg der neue Hoffnungsträger
Es hat nichts damit zu tun, dass sich die Verpflichtung des brasilianischen Kugelblitzes, der zuvor bei Werder Bremen die Fanherzen im Sturm erobert hatte, als Fehleinschätzung entpuppte und es lediglich bei acht Einsätzen und einem Tor bis zum Rausschmiss sechs Monate später blieb, dass der Duft der großen, weiten Fußballwelt gut 17 Jahre später selbst mit den feinsten Näschen in Duisburg nicht mehr wahrgenommen werden kann. Die aktuelle Formation des ersten Bundesliga-Vizemeisters 1963/64 steckt tief im Tabellenkeller der 3. Liga, Boris Schommers versucht als bereits dritter Trainer der laufenden Saison, die Wende einzuleiten. Die Duisburger sind dem sportlichen Abgrund nahe, dafür sorgte auch der ernüchternde 1:4-Jahresauftakt am zurückliegenden Wochenende bei 1860 München. Am Dienstag wurde der nächste Hoffnungsträger im fußballerischen Existenzkampf vorgestellt: Michael Preetz hatte auch einen Vereinsschal um den Hals für die ersten offiziellen Fotos. Die Plastik-Zebras waren indes nirgends zu sehen.
„Großer Andrang, großer Name“, sagte Ingo Wald, Präsident des MSV Duisburg, später. Ailton’esque wie damals war das mediale Interesse zwar nicht, aber der Name Preetz ist in der dritthöchsten Spielklasse ein Name, der auch außerhalb von Deutschlands Fußballherzen, dem Ruhrpott, Aufmerksamkeit erzeugt. Zwischen 1992 und 1994 ging der heute 56-Jährige selbst auf Torejagd für die Zebras, in Erinnerung ist er den meisten aber für rund ein Vierteljahrhundert Hertha BSC geblieben – als Bundesliga-Torschützenkönig 1999, ab 2003 als rechte Hand von Manager Dieter Hoeneß und von 2009 bis vor fast genau drei Jahren als Hauptverantwortlicher für die sportlichen Geschicke der Alten Dame. Als der Entdecker von Pal Dardai als Ideal-Trainer für die Hauptstädter, aber auch als der Geschäftsführer, der in der Windhorst-Ära mit Jürgen Klinsmann als Coach bei Transfers mit Millionen Euros hantieren durfte, den Klub aber nicht wie damals als Spieler in die Champions League führen konnte.
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Der MSV Duisburg in den letzten Jahren: sportlicher Abstieg und finanzielle Sorgen
Seit seinem Ende beim in sich kollabierten Big City Club hat Michael Preetz keinen neuen Job angenommen – bis zum Wochenbeginn beim MSV Duisburg, dem Big Herausforderung Club, wenn man so möchte. Dass es eine solche wird, weiß der neue Geschäftsführer der Zebras. Die jüngste Vergangenheit an der Wedau ist geprägt von einem Zwangsabstieg, großen finanziellen Sorgen, Streit mit Sponsoren und in dieser Saison etlichen Offenbarungseiden mit dem Ball auf dem Platz. Warum dann der MSV? „Ich habe mir gut überlegt, ob ich in dieser Situation hier reingehe“, so Michael Preetz. „Ich habe es nur vor dem Hintergrund der festen Überzeugung gemacht, dass wir das gemeinsam schaffen können. Dem ist jetzt alles untergeordnet.“
Vielleicht ist der gebürtige Düsseldorfer bei Hertha BSC am Ende nicht mehr zurecht gekommen, weil er für Großmannssucht zu bodenständig erscheint. Risikoscheu, riefen sie ihm in der Hauptstadt hinterher, dabei geht er mit dem zunächst bis 2025 vereinbarten Job in Duisburg nun selbst ein Wagnis ein. Ein Abstieg in die Regionalliga bliebe auch an ihm haften, selbst wenn seine Einflussmöglichkeiten bis zum Saisonende sehr überschaubar sind und im noch wenige Tage geöffneten Transferfenster Kader-Nachbesserungen wegen der Finanzsituation zur kniffligen Aufgabe wird. „Es ist meine erste Station in der 3. Liga, da musste ich gut überlegen“, sagt Michael Preetz. Statt Millionen-Transfers muss er nun in einem limitierten Budgetrahmen Verstärkungen bei Ligarivalen oder in der Regionalliga rekrutieren. Ein Risiko fürs eigene Renommee, aber: „An meiner Entscheidung lässt sich erkennen, dass diese Aspekte eine untergeordnete Rolle gespielt haben.“
Preetz sieht beim MSV Duisburg die Kraft des Traditionsvereins
Michael Preetz ist der Auffassung, dass es sich besonders lohne, seine Kraft in einen Traditionsverein zu investieren, der in besseren Zeiten noch immer auf fünfstellige Zuschauerzahlen verweisen kann, „die Leute zu begeistern, sie hinter einer Idee zu versammeln, gelingt dir da einfacher“. Die Herausforderung beim MSV ist aber eine größere, wie Präsident Ingo Wald formuliert: In den letzten Jahren „ist uns nie gelungen, den Teufelskreis zwischen finanziellen Voraussetzungen und sportlichem Erfolg zu durchbrechen“. Die 3. Liga sei eine Spielklasse, „in der man rote Zahlen schreibt – das ist auf Dauer nicht zu stemmen, da sind wir ja kein Einzelfall.“
Michael Preetz muss nun im Zebragalopp den MSV sportlich und wirtschaftlich wiederbeleben, zukunftssicher machen. „Ich glaube fest, dass wir uns befreien, in bessere Zeiten aufbrechen können“, sagt er. Gelingt ihm das, wird er eines Tages womöglich auch noch mal auf ein lebensgroßes Plastik-Zebra gesetzt.