Berlin. Das frühe Scheitern der DFB-Auswahl bei der Fußball-Weltmeisterschaft hat in der Heimat ein breites Echo ausgelöst.

Michael Ballack fordert vom Deutschen Fußball-Bund eine schonungslose Analyse, Dietmar Hamann sogar den Rauswurf von Bundestrainer Hansi Flick. Nach dem Vorrunden-Aus der DFB-Auswahl bei der Endrunde in Katar richtet sich die massive Kritik der Experten sowohl gegen die Verbandsführung, die Spieler wie auch die sportlich Verantwortlichen um Flick und DFB-Direktor Oliver Bierhoff.

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Hamann zerlegt DFB-Team: Das war jämmerlich

„Ich halte es für ausgeschlossen, dass wir mit dem Trainer weitermachen können nach diesem Debakel“, sagte Hamann am Freitag dem Pay-TV-Sender Sky. Das Vorrunden-Aus bedeute „das Ende einer großen Fußball-Nation. Das war jämmerlich, wie wir uns verkauft haben - auf dem Platz und außerhalb. Ich wüsste keinen Grund, warum wir in dieser Konstellation weitermachen sollten“, betonte der 49-Jährige.

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Für Ballack geht es jetzt darum, „beim DFB jeden Stein umzudrehen“. Man dürfe nicht den Fehler von 2018 wiederholen, als es nach dem damaligen Aus unter Joachim Löw keine Konsequenzen gegeben habe. „Es gehört dazu, dass beim DFB jede Position hinterfragt wird, auch die des Trainers. Es geht nicht um Hansi Flick persönlich, sondern es geht um den deutschen Fußball und darum, dass man wieder eine Mannschaft formt, die erfolgreich Fußball spielt und weit kommt“, forderte der Vize-Weltmeister von 2002 bei MagentaTV.

Den Video-Clip zur Analyse von Michael Ballack bei MagentaTV finden Sie hier.

"Verantwortung liegt bei den Spielern"

Bastian Schweinsteiger sieht Flick dagegen nicht als Hauptverantwortlichen für das Debakel in Katar. „Hansi hat nicht so viel falsch gemacht. Die Verantwortung liegt bei den Spielern“, sagte der Weltmeister von 2014 in der ARD. Er habe „das Brennen“ bei den Akteuren auf dem Rasen vermisst. „Ich bin echt enttäuscht und schockiert, wie das verlief. Das Auftreten der Nationalmannschaft ist zu wenig, das reicht nicht“, kritisierte der 38-Jährige.

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Auch Rudi Völler bemängelte die Einstellung der Nationalspieler. „Man hatte das Gefühl, dass die letzte Gier fehlt. Der letzte Wille, vorne das Tor erzielen und hinten das Tor verteidigen zu wollen“, sagte der Weltmeister von 1990 dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Er mache sich aber keine Sorgen um die Zukunft des deutschen Fußballs.

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Rainer Bonhof findet die Diskussionen über den Bundestrainer sogar vollkommen überflüssig. „Das ist doch wahnsinnig darüber nachzudenken. Hansi macht einen tollen Job“, sagte der Weltmeister von 1974 der Deutschen Presse-Agentur. Er nimmt ebenfalls die Spieler in die Pflicht: „Sie müssen sich an die eigene Nase fassen.“

Hartwig: "Nicht den Puderzucker in den Hintern blasen"

Ähnliche Töne schlug der frühere Bundesliga-Profi Jimmy Hartwig an. „Wir müssen den jungen Stars nicht den Puderzucker in den Hintern blasen. Die machen rum wie die Dandys“, kritisierte der 68-Jährige bei Welt-TV. Die Profis würden Millionen verdienen. „Und dann solch eine Leistung abgeben, ich würde mich schämen“, schimpfte Hartwig.

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Jürgen Klinsmann bezeichnete das WM-Aus nach der Vorrunde als „riesige Enttäuschung“. Klinsmann war als Spieler 1990 Weltmeister geworden und hatte die DFB-Auswahl 2006 bei der Heim-WM als Bundestrainer auf Rang drei geführt. „Deutschland hat das Weiterkommen nicht verdient“, befand der 58-Jährige in seiner Newsletter-Kolumne für die britische BBC. Das Team sei „in allen drei Gruppenspielen zu unbeständig“ gewesen und habe im Angriff die notwendige Effizienz vermissen lassen.

Badstuber: "Schwach, peinlich, unwürdig, enttäuschend“

Ex-Nationalspieler Holger Badstuber ließ kein gutes Haar am DFB-Team. „Es ist ein Debakel. Schwach, peinlich, unwürdig, enttäuschend“, schrieb Badstuber in seiner Kolumne auf Eurosport.de. Die aktuelle Generation der Nationalspieler habe „nicht mehr das gewisse Etwas“ und „nicht genug Biss“.

Einig sind sich alle Experten darin, dass es im Hinblick auf die Heim-Europameisterschaft 2024 einen Neuaufbau geben müsse. „Deutschland hat jetzt anderthalb Jahre Zeit, um sich auf die EM vorzubereiten. Das kann eine gute Sache sein, es kann helfen, den Fokus neu auszurichten“, meinte Klinsmann.

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Das wird dringend nötig sein, um auch die Fans wieder mehr für die Nationalmannschaft zu begeistern. Zwar erreichte die Live-Übertragung des letzten Gruppenspiels der DFB-Auswahl gegen Costa Rica (4:2) am Donnerstagabend in der ARD mit durchschnittlich 17,43 Millionen Zuschauern die bisher höchste TV-Quote bei dieser Endrunde. Insgesamt lagen die Zahlen aber deutlich unter denen bei der WM 2018, als bei den deutschen Gruppenspielen im Schnitt jeweils mehr als 25 Millionen Menschen vor dem Fernseher saßen.

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