Maskat. Die deutsche Nationalmannschaft hat ihre WM-Generalprobe absolviert. Gegen den Oman enttäuscht das Flick-Team über weite Strecken.
Hansi Flick ruderte mit den Armen, er trieb seine Mannschaft nach vorne, er feuerte an – und dann drehte er ab, warf die Arme in die Luft und schimpfte. Der Bundestrainer war nicht zufrieden, und das war auch kein Wunder. Denn seine Mannschaft quälte sich im letzten Testspiel vor der Weltmeisterschaft zu einem glücklichen 1:0 (0:0)-Sieg gegen den Oman. Flick sah, dass noch einiges an Arbeit auf ihn wartet – aber dafür bleibt kaum Zeit: Bereits am kommenden Mittwoch steht in Katar das erste WM-Gruppenspiel gegen Japan an. Bis dahin wird sich die deutsche Mannschaft deutlich steigern müssen.
Im letzten Test setzte Flick auf eine bunte Mischung aus voraussichtlichen Stammspielern wie Manuel Neuer, Leon Goretzka und Kai Havertz – und Ergänzungsspielern wie Youssoufa Moukoko. Der Dortmunder wurde so mit 17 Jahren und 361 Tagen zum viertjüngsten Spieler der deutschen Länderspielgeschichte und zum jüngsten Debütanten seit Uwe Seeler. Die Jugend aber sah man ihm in vielen Szenen an, Moukoko konnte keine Argumente für weitere Startelfeinsätze liefern. Genau wie Lukas Klostermann, der erstmals nach dreimonatiger Verletzungspause wieder ein Fußballspiel bestritt – nach 35 Minuten aber schon wieder ausgewechselt wurde, was allerdings so abgesprochen war. Es kam Armel Bella Kotchap, und der kam in eine reichlich zerfahrene Partie, in der die wenigsten deutschen Spieler für sich werben konnten.
Natürlich, die Mannschaft hatte in dieser Form noch nie zusammengespielt, natürlich, es war heiß im Oman. Aber es waren erträgliche Bedingungen, weshalb beides nicht zur Erklärung taugte. Die DFB-Elf bemühte sich zwar um Spielkontrolle und um aggressive und schnelle Rückeroberung der Bälle, das schon – aber sie spielte vorne zu schlampig und hinten zu flatterhaft und über den gesamten Platz mit zu wenig Intensität. Die omanischen Gastgeber dagegen waren von ihrem Trainer Branko Ivankovic exzellent eingestellt, sie spielten nach Ballgewinnen zügig nach vorne und fanden immer wieder Platz im Rücken der weit aufgerückten Deutschen.
Vorsänger mit Mikrofon feuert Oman gegen Deutschland an
Dazu kamen 25.684 aufgekratzte Zuschauer, angepeitscht von einem Vorsänger mit Megafon, die jeden gewonnen Zweikampf und jeden Vorstoß über die Mittellinie frenetisch bejubelten – was auf Dauer sehr anstrengend wurde, weil die Heimmannschaft sehr viele Zweikämpfe gewann und sehr oft über die Mittellinie vorstieß. Schon in der ersten Minute musste Torhüter Manuel Neuer erstmals als Libero aktiv werden und einen Steilpass abfangen.
Immer wieder flog der Ball gefährlich durch den deutschen Strafraum, dann aber nicht aufs Tor, weil den omanischen Stürmern die letzte Präzision fehlte. Und so hatte die deutsche Mannschaft trotz eines schwachen Auftritts vor der Pause doch die besten Chancen: Zunächst steckte Leon Goretzka brillant durch auf Kai Havertz, der ins lange Eck schlenzen wollte, aber am schnell reagierenden Torhüter Ibrahim Al-Mukhaini scheiterte (16.).
Mehr News zur WM 2022 in Katar
- Deutschland enttäuscht im Oman: Hansi Flick schlägt WM-Alarm
- DFB: Warum Thomas Müller um seinen Stammplatz bangen muss
- DFB-Kapitän Manuel Neuer: Die ewige Nummer eins
- Video: Warum Mario Götze beim DFB nicht auf dem Platz steht
Und in der Nachspielzeit der ersten Halbzeit schlug der ansonsten schwache Linksverteidiger David Raum eine Flanke ins Zentrum, die Moukoko gut annahm. Er schaute, er schoss – doch der Ball klatschte vom kurzen Pfosten zurück ins Feld (45.+1).
Flick wechselte zur Pause durch, brachte Joshua Kimmich, Nico Schlotterbeck, Christian Günter und Niclas Füllkrug für Goretzka, David Ginter, Raum und Moukoko. Die deutsche Mannschaft kam mit mehr Intensität aus der Kabine – und wurde schnell richtig torgefährlich: Füllkrug erlief eine verunglückte Rückgabe, doch Al-Mukhaini hielt seinen Gewaltschuss glänzend (53.). Und auch Kehrers Schuss nach einem Eckball klärte er vor der Torlinie (54.).
Die mangelnde Präzision allerdings blieb ebenso erhalten wie die ungenügende Arbeit gegen den Ball, und so blieb es gegen den 75. der Fifa-Weltrangliste bei einer zähen Angelegenheit. Flick zog seine letzte Wechseloption, brachte Julian Brandt für Ilkay Gündogan – und der Dortmunder führte sich gleich mit einem gefährlichen Schuss ein, der knapp vorbei ging (66.).
Und dann hätte die Angelegenheit tatsächlich noch schiefer gehen können als sie ohnehin schon ging, doch Muhsen Al-Ghassani hob nach einem Konter den Ball völlig freistehend über das verwaiste deutsche Tor (72.). Stattdessen konterte die deutsche Mannschaft, Havertz steckte durch auf Füllkrug und der schob sicher zur 1:0-Führung ein (80.).
Deutschland vermisst Abwehrchef Antonio Rüdiger
Und doch nimmt die deutsche Mannschaft jede Menge Diskussionsstoff mit, wenn die an diesem Donnerstag fliegt die Mannschaft nach Katar und siedelt über in ihr Quartier, das Zulal Wellness Resort im Norden des Landes. Dann steigen auch Thomas Müller und Antonio Rüdiger ins Training ein, die im Oman noch angeschlagen fehlten – und vor allem der Abwehrchef Rüdiger wurde sehnlichst vermisst.