Herzogenaurach. Am Samstag trifft Deutschlands Fußball-Nationalmannschaft auf Italien. Bundestrainer Hansi Flick wird auf die bestmögliche Elf setzen.

Es gilt höchste Sicherheitsstufe. Selbst im Parkhaus nebenan hat der Deutsche Fußball-Bund auf jeder Etage Sicherheitspersonal platzieren lassen, damit niemand mitbekommt, was auf dem angrenzenden Fußballplatz geschieht. Soll nur ja keiner wissen, wie die deutsche Nationalmannschaft das Abschlusstraining in Herzogenaurach vor dem Nations-League-Spiel in Bologna gegen Italien am Samstag (20.45 Uhr/RTL) angeht, soll nur ja niemand Aufschlüsse über Startaufstellung oder Taktik erhalten.

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Der eine oder andere Beobachter könnte nun einwenden, dass es doch nur um die mittelmäßig bedeutende Nations League geht. Aber: nur Nations League – solche Gedanken gibt es beim Bundestrainer nicht. Jedes Spiel, jedes Training, jede einzelne Übung ist wichtig und muss mit vollem Einsatz absolviert werden. Denn wie man trainiert, so spielt man, das ist einer seiner Grundsätze – und das bekommt in der Sonne von Herzogenaurach auch Jamal Musiala zu spüren. „Jamal, was war das denn für ein Kopfball?“, raunzt Flick, als der junge Mittelfeldspieler den von Serge Gnabry zugeworfenen Ball schlampig und ohne die nötige Spannung zurückköpft. Ein strenger Blick noch hinterher – und den nächsten Kopfball führt Musiala höchst akkurat aus.

DFB-Team: Bisher acht Siege und ein Unentschieden unter Flick

Flick zieht die Zügel an, das könnte als Überschrift über der Szene stehen – aber die Wahrheit ist, dass der Bundestrainer diese Zügel niemals lockerlässt. Beim FC Bayern brach er mal eine Trainingseinheit nach kurzer Zeit kommentarlos ab, weil es ihm zu behäbig zuging. Beim DFB ist das noch nicht vorgekommen, aber auch hier lässt der Bundestrainer keinen Schlendrian aufkommen, von Tag eins an war alles ausgerichtet auf eine möglichst erfolgreiche Weltmeisterschaft im Winter in Katar: „Wir haben seit der ersten Trainingseinheit, seit der ersten Mannschaftssitzung immer klar gemacht, was wir wollen“, sagt Flick. „Nämlich eine Entwicklung starten, die uns wieder dahin bringt, wo Deutschland stehen sollte: unter den besten Mannschaften der Welt. Und wir sind auf einem guten Weg.“

Acht Siege und ein Unentschieden in neun Spielen lautet die beinahe makellose Bilanz des Bundestrainers, aber an den Siegen hängt bislang eine Fußnote: Waren ja nur kleine Gegner, steht da. Diese Fußnote wollen der Trainer und seine Mannschaft gerne auslöschen gegen Italien oder drei Tage später gegen England. „Danach sehen wir dann ein Stück weit besser, wo wir stehen“, sagt Kimmich.

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Aber wo steht eigentlich der Gegner? Geht es am Samstag gegen den amtierenden Europameister, der im Sommer 2021 mit seinem leidenschaftlichen Spiel die Herzen eroberte? Oder gegen diese seltsam uninspirierte Mannschaft, die auf blamable Weise in der WM-Qualifikation an Nordmazedonien scheiterte und am Mittwoch 0:3 gegen Argentinien verlor? „Es ist gar nicht so einfach, genau vorherzusagen, wie Italien spielt“, sagt Flick. Roberto Mancini durfte im Amt bleiben als Commissario tecnico, aber er hat die Mannschaft gehörig umgekrempelt, ein knappes Dutzend Spieler aussortiert und andere dazu geholt. „Er hatte ja schon vor der Europameisterschaft eine fantastische Mannschaft aufgebaut“, sagt Flick. „Wir alle sind Fans geworden von dem Teamgeist, den Italien ausgestrahlt hat – und auch der Fußball war bemerkenswert: Sie haben hoch attackiert, den Gegner unter Druck gesetzt und in Ballbesitz sehr gute Optionen gehabt.“

Kurz: Sie haben so gespielt, wie der Bundestrainer es von seiner Mannschaft sehen will. Denn abgeschlossen ist die Entwicklung noch lange nicht: „Ich erwarte von jedem Spieler, dass er sich weiterentwickelt, das haben wir der Mannschaft auch so gesagt“, erklärt der 57-Jährige. Ein Fokus der Trainingstage in Herzogenaurach und Marbella lag auf dem Positionsspiel: Was sind die Aufgaben auf dem Platz, wie wird wann reagiert, wie ist das Verhalten des Einzelnen und des Kollektivs – all das wurde mit den Spielern ausführlich besprochen und soll schon gegen Italien umgesetzt werden.

DFB: Joshua Kimmich ist erstmals seit Oktober wieder dabei

Flick wird auf seine aktuell beste Elf setzen und damit auch auf Joshua Kimmich, der erstmals seit Oktober wieder dabei ist – und nach vielen Diskussionen um sein Spiel und seinen Impfstatus darauf brennt, wieder positive Schlagzeilen auf dem Platz zu produzieren. „Uns steht eine sehr spannende Zeit bevor mit der Nations League, der EM im Winter und der Europameisterschaft danach“, sagt er. „Da ist es wichtig, dass wir uns jetzt ein gutes Gefühl erarbeiten. In diesen Spielen können wir zeigen, was wir können – und es ist auch an der Zeit, dass wir es zeigen sollten.“

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Einen wie Kimmich muss man für solche Spiele ohnehin nicht motivieren, sein Ehrgeiz ist legendär und man kann es sich nicht anders vorstellen, als dass er auch das morgendliche Zähneputzen mit höchster Körperspannung absolviert. Aber auch sein voraussichtlicher Nebenmann im Mittelfeld brennt auf die anstehenden Spiele gegen Italien und England: „Das sind absolute Prestigeduelle mit großer Geschichte und Tradition“, freut sich Leon Goretzka. „Da willst du einfach gewinnen, egal ob es Freundschaftsspiele, Nations League oder WM-Spiele sind.“

Hansi Flick wird es gerne gehört haben.