Essen. Nikola Jokic, Luka Doncic und Giannis Antetokounmpo stehen in den Play-offs der NBA im Fokus. Die US-Stars kommen dagegen in die Jahre.

Svetislav Pesic hat das Wort „Zirkus“ in seiner langen Karriere schon so manches Mal benutzt. Meist dann, wenn eine der von ihm trainierten Mannschaften vogelwild statt diszipliniert aufspielte. Einmal hat der inzwischen 72-Jährige, den nicht wenige für den besten Trainer Europas halten, die nordamerikanische Profiliga NBA als Zirkus bezeichnet. Zu viel Show, zu wenig Handwerk. So die europäisch-geprägte Sicht des einstigen Bundestrainers, der diverse Nationen und Topklubs in Europa zu Titeln führte. Zugegeben, der Zirkus-Vergleich ist schon etwas länger her, seitdem sich einiges geändert. Die NBA steht noch immer für großes Basketball-Spektakel – aber handwerklich bestens geschulte Showstars aus Europa sind mittlerweile die Hauptattraktion.

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Das wurde dieser Tage wieder deutlich, als anlässlich des NBA-Jubiläums viel über Europa gesprochen wurde. Das Ergebnis der Wahl der besten Europäer der bisherigen 75 Jahre wurde veröffentlicht. Keine wirklich große Überraschung: Dirk Nowitzki (43) erhielt die meisten Stimmen bei der Abstimmung von Fans und Journalisten. Auch der Spanier Pau Gasol (41) und der Franzose Tony Parker (39) gehören zu den Legenden. Allesamt sind sie mittlerweile NBA-Rentner, und alle kamen zu einer Zeit in die weltbeste Basketball-Liga, als Europäer noch als Exoten galten. Als zu weich für diesen physischen Schlagabtausch der Kraftpakete.

Der Messerwerfer, der Kraftmensch und der Akrobat

Doch es waren die Nowitzkis, die Gasols und die Parkers, die den Ruf der Europäer in den NBA-Manegen der 2000er-Jahre stärkten – und einer neuen Generation den Weg als Hauptattraktion ebneten. Mittlerweile ist nicht nur die Spielweise in der NBA europäischer geworden, liegt der Fokus mehr auf Teambasketball statt Eins-gegen-Eins-Duelle. Auch die Zahl der Europäer ist drastisch gestiegen, von den 109 derzeitigen Nicht-Amerikanern in der NBA stammt die Hälfte aus Europa. Wenn nun die entscheidende Saisonphase mit den Play-off-Achtelfinalserien in der Nacht auf Sonntag eingeläutet wird, sind es gleich mehrere Europäer, die sich neben Meisterschaftsträumen auch Hoffnung auf den Ende April vergebenen Titel des wertvollsten Spielers (MVP) der Saison machen können. Es ist die Auszeichnung mit dem größten Renommee innerhalb der NBA.

Hereinspaziert: Da wäre Nikola Jokic. Der großgewachsene Serbe trifft den Korb und schleudert die Pässe zu seinen Mitspielern präzise wie ein Messerwerfer. Überragende Übersicht, starker Umgang mit dem Ball und Kaltschnäuzigkeit unter dem Korb – der 27-Jährige ist ein Centerspieler wie keiner vor ihm und macht jeden seiner Mitspieler der Denver Nuggets besser. In der ersten Play-off-Runde tritt der MVP der vergangenen Saison gegen die Golden State Warriors aus San Francisco an. Für Giannis Antetokounmpo geht es mit den Milwaukee Bucks gegen die Chicago Bulls. Der Grieche ist der Kraftmensch im NBA-Zirkus. 2,11 Meter pure Athletik, 110 Kilo strikte Dominanz. Was leicht gegen den 27-jährigen amtierenden NBA-Champion und Defensiv-Spezialisten sprechen könnte: Er wurde 2019 und 2020 bereits als MVP ausgezeichnet. Und da wäre noch der Akrobat Luka Doncic von den Dallas Mavericks. Der 23-jährige Slowene dominiert mit seinen spektakulären Korbwürfen wieder die Liga, musste zu Saisonbeginn aber erst mal die in den Ferien verlorene Fitness zurückgewinnen. Dennoch: Doncic ist der künftige Megastar der Liga. Mit Dallas trifft er auf die Utah Jazz. Nimmt man noch den Kameruner Joel Embiid (28/ Philadelphia 76ers) hinzu, sind die vier derzeit wohl besten NBA-Spieler keine Amerikaner.

LeBron James schaut in Play-offs nur zu

Aber halt, was ist mit den großen Namen der vergangenen Jahre? Kevin Durant (33/Brooklyn Nets) spielt derzeit wieder dominant wie eh und je, fehlte aber länger wegen einer Knieverletzung. Stephen Curry (Golden State) pulverisiert weiter Rekorde von der Drei-Punkte-Linie, ist aber auch schon 34 Jahre alt.

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Und LeBron James, den sie jahrelang nur als „König“ bezeichneten? Der mittlerweile 37-Jährige ist noch immer eine Bank, konnte das Verpassen der Play-offs seiner Los Angeles Lakers aber nicht verhindern. Andere ziehen nun das Scheinwerferlicht in der Manege auf sich. Jokic, Antetokounmpo, Doncic – die Show geht weiter.