Bonn. Bernd Neuendorf ist neuer DFB-Präsident. Er setzte sich am Freitag auf dem DFB-Bundestag wie erwartet gegen Peter Peters durch.
Bernd Neuendorf strahlt, als er ans Mikrofon tritt. „Vielen Dank für das Ergebnis, das überwältigt mich“, ruft der 59-Jährige den applaudierenden Delegierten zu. Die haben ihn gerade zum neuen Präsidenten des Deutschen Fußball-Bundes gewählt – und das mit einem klaren Ergebnis: 193 der 250 Stimmen des DFB-Bundestags gingen an Neuendorf, nur 50 an seinen Konkurrenten Peter Peters.
Es war ein überwältigendes Votum für Neuendorf, erst seit 2019 Präsident des Fußballverbandes Mittelrhein – und eine gewaltige Abfuhr für den früheren Schalker Finanzvorstand Peter Peters. Der war von der Deutschen Fußball-Liga ins Rennen geschickt wurden – kam aber nicht annähernd auf die 90 Stimmen, die die Vertreter der 36 deutschen Profiklubs insgesamt abgeben.
Heftige Niederlage für DFB-Strippenzieher Rainer Koch
Der Favorit Neuendorf hat sich durchgesetzt, und der 44. DFB-Bundestag im World Conference Center in Bonn scheint zu diesem Punkt den erwarteten Verlauf zu nehmen. Ralf Viktoria, von Peters als Schatzmeister vorgeschlagen, zieht seine Kandidatur zurück, und die Wahl von Stephan Grunwald gerät zur Formsache. Silke Sinning aber, die für das Team Peters als Vizepräsidentin antritt, zieht nicht zurück. Sie geht ins scheinbar aussichtslose Rennen gegen den ewigen DFB-Strippenzieher Rainer Koch – und gewinnt mit überwältigender Mehrheit: 163 Stimmen erhält sie, nur 68 Delegierte votieren für Koch.
Es ist das jähe Ende einer Ära: Seit Oktober 2013 war Koch erster DFB-Vizepräsident für Amateurfußball, hinter den Kulissen bestimmte er über Jahre die Geschicke des Verbandes – dreimal auch als Interimspräsident. Nun ist das System Koch spektakulär implodiert. Damit hatte nicht einmal Sinning selbst gerechnet, eine Siegesrede hatte sie gar nicht erst vorbereitet. Mit tränenerstickter Stimme stammelt sie einige Worte des Dankes ins Mikrofon. Koch dagegen sitzt in sich versunken am Rande des Plenarsaals und verfolgt mit ausdrucksloser Miene den weiteren Verlauf des Bundestags. Am Ende verschwindet er still durch einen Nebenausgang, begleitet nur von seinem langjährigen Mitstreiter Stephan Osnabrügge – während sich die neugewählten Präsidiumsmitglieder auf der Bühne zum Gruppenbild versammeln. Dabei ist auch die frühere Nationalspielerin Celia Sasic auf dem neugeschaffenen Posten der Vizepräsidentin für Gleichstellung und Diversität – und eben Silke Sinning.
Die ist auch nach dem Bundestag noch vollkommen perplex. „Ich musste ja erst mal den Mut finden, gegen diesen großen Mann des deutschen Fußballs anzutreten“, sagt sie. „Ich hatte eigentlich nur gehofft, ein achtbares Ergebnis zu erzielen.“ Nun ist sie mit überwältigender Mehrheit gewählt. Dazu habe sicher auch beigetragen, dass Kochs Rede nicht besonders gut gelungen ist, sagt sie. „Es war sicher nicht seine beste Rede“, meint auch Hans-Joachim Watzke, als Aufsichtsrats-Chef der Deutschen Fußball-Liga auch im DFB-Präsidium vertreten. Und so ähnlich sehen es die meisten Anwesenden.
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Koch hat sich mächtig verzockt, und das gleich in mehrfacher Hinsicht: Erst hatte er dafür gesorgt, dass Sinning von seinem Bayerischen Fußballverband nominiert wurde, um nicht als Verhinderer einer demokratischen Abstimmung dazustehen. Und dann verprellte er mit seiner Bewerbungsrede viele Delegierte. Es sei wichtig, dass eine Wahl stattfinde, sagte Koch – um dann mit seinen übrigen Worten das Gegenteil zu sagen: Sinning habe nie signalisiert, dass sie Vertreterin des Süddeutschen Fußballverbands werden wolle. Er selbst hingegen sei einstimmig von dessen Vorstand nominiert, und das sollten die Delegierten doch nun bitteschön bestätigen. „Und wenn Sie das nicht möchten, beteiligen Sie sich bitte nicht an der Wahl“, ruft Koch. Raunen und Gelächter im Plenum. Dieses spezielle Demokratieverständnis ist selbst den Delegierten des skandalerprobten DFB zu viel.
Dabei war doch vorher so viel von Harmonie die Rede. Und davon, dass man den Fußball wieder in den Mittelpunkt stellen müsse. Nach vorne müsse man schauen, nicht mehr zurück. Die Gleise seien gelegt, auf denen der DFB-Zug in die Zukunft fahren könne, sagte Koch – bevor er diesen Zug höchstselbst entgleisen ließ.
Vielleicht hatte das aber auch schon der scheidende Schatzmeister Osnabrügge getan, der in seiner Abschiedsrede zum Rundumschlag gegen Kritiker und Journalisten ausholte. Von Durchstechereien aus niederen Beweggründen war da die Rede, von unbarmherziger Menschenhatz, von Zerstörungswut gegen den DFB und seine Repräsentanten. „Der DFB ist kein Hort des Bösen oder der Unfähigkeit“, rief Osnabrügge. Kritik am Gebahren des Verbandes? Die gab es nur vom Kandidaten Peters, der anmerkte dass „es nicht nur an den Medien und den Behörden liegt, dass der DFB ein schlechtes Image hat“.
Probleme der Vergangenheit plagen den DFB
Nun also ein Neuanfang, mit neuem Präsidenten, mit neuem Schatzmeister, bald auch höchstwahrscheinlich mit Heike Ullrich als neuer Generalsekretärin – und ohne Koch, der den alten DFB verkörperte wie kein Zweiter. Viele Probleme der Vergangenheit aber plagen den Verband weiter: Die Affäre um das Sommermärchen ist noch immer nicht geklärt, dazu kommt ein undurchsichtiger Vertrag mit dem Kommunikationsberater Kurt Diekmann, zuletzt ging die Staatsanwaltschaft regelmäßig ein und aus. Ob der Fußballdachverband mit seinen über sieben Millionen Mitgliedern durch diesen Bundestag sein Image aufbessern konnte, erscheint auch eher fraglich. Es kam ja nicht von ungefähr, dass das frischgebackene Präsidiumsmitglied Watzke erklärte: „Die Kameradschaft und Geschlossenheit, die die DFL verkörpert, weiß ich jetzt noch mehr zu schätzen.“