Hamburg. Auch wenn Olympia 2022 von schweren Themen erdrückt wird: Es ist angebracht, sich von Glücksmomenten hinreißen zu lassen. Ein Kommentar.
Sie haben es wirklich nicht leicht, diese Olympischen Winterspiele in Peking. Verstöße gegen die Menschenrechte, Gigantismus ohne Grenzen, Russlands widerwärtiger Medaillenhunger auf Kosten junger Menschen, dazu die Auswirkungen der Corona-Pandemie – nie zuvor wurde das größte Sportereignis der Welt von derart vielen bleischweren Themen erdrückt wie in diesem Jahr.
Victoria Carl legt den Sprint ihres Lebens hin
Und dann sieht man diese Bilder vom Langlauf, wie Victoria Carl auf der Zielgeraden den Sprint ihres Lebens hinlegt und Gold im Teamsprint erkämpft. Wie Bundestrainer Peter Schlickenrieder seinen 52. Geburtstag vergisst und vor Freude weint, weil sich seine Mädels mit dem Olympiasieg beschenken. Wie die vier Biathletinnen, die sich über ihre Bronzemedaille in der Staffel freuen sollten, während des ARD-Interviews komplett eskalieren, weil sie Carls Endspurt live miterleben. Und man spürt: Das ist er, der Geist der Olympischen Spiele!
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Natürlich ist es richtig und wichtig, über all die Begleiterscheinungen zu berichten, die das Ringen unter den Ringen vielen Menschen entfremdet hat, weil nur noch Kommerz regiert und das Höher, Schneller, Weiter längst das Dabeisein ist alles verdrängt hat. Dennoch ist es genauso angebracht, sich von den vielen Glücksmomenten, die diese Sportwettkämpfe bieten, mitreißen zu lassen. Und sich in diesen Momenten zu erinnern, dass genau das im Mittelpunkt stehen sollte: Der hoffentlich saubere, spannende und faire Wettstreit um den größten Erfolg, den es im Sport geben kann.
Der Sport muss wieder im Mittelpunkt stehen
Es ist unbestritten, dass Olympische Spiele dringend reformiert werden müssen, auf vielen Ebenen. Aber wer ernsthaft in Zweifel zieht, ob die olympische Idee noch in die heutige Zeit passt, der sollte mit Blick auf die vielen überragenden Leistungen der Athletinnen und Athleten aus aller Welt verstehen, worum es gehen muss in der Zukunft: Darum, den Sport und seine Protagonisten wieder in den Mittelpunkt zu stellen, anstatt sie im Wettstreit zwischen Symbolik und Kommerz zu zerreiben.