Hamburg. Bei der Premiere von Bundestrainer Hansi Flick fehlte Thomas Müller, nun ist er zurück. Eine Frage muss noch geklärt werden.
Irgendwann greift Thomas Müller nach einem zweiten Wasserglas. „Ich hab schon einen ganz trockenen Mund vom Reden“, sagt er. Dann redet er noch eine ganze Weile weiter und gestikuliert dabei so heftig, dass die Wassergläser mehrfach Gefahr laufen, quer durch den kleinen Raum im Gastwerk-Hotel zu fliegen.
Müller bleibt eine Erscheinung, auf dem Platz wie auch daneben. Dass er viel reden kann, ist bekannt. Dass es sich meist lohnt zuzuhören ebenfalls. Und das bekommen nun auch die Kollegen von der Nationalmannschaft wieder zu spüren, mit denen sich Müller aktuell in Hamburg auf die Länderspiele gegen Rumänien am Freitag und in Nordmazedonien am Montag (beide 20.45 Uhr/RTL) vorbereitet. Als sich die Spieler am Dienstag erstmals auf dem Gelände des Hamburger SV zum Training versammeln, weht der hanseatische Herbstwind vor allem die Kommandos und Anfeuerungen des 32-Jährigen über den Platz.
Thomas Müller und Hansi Flick - sieben Titel beim FC Bayern
Im September, bei der Premiere des neuen Bundestrainers Hansi Flick, musste Müller noch vor dem ersten Spiel wegen Adduktorenproblemen abreisen. Und so blieb die Frage vorerst unbeantwortet, ob die Zusammenarbeit des Spielers Müller mit dem Trainer Flick im Nationaltrikot genauso gut funktionieren kann wie beim FC Bayern. Denn Flick hat, als er den FC Bayern von der bleiernen Schwere der kurzen Ära Niko Kovac befreite, nebenbei auch Müllers Karriere wieder in Schwung gebracht, die beiden haben fußballerisch und persönlich einen sehr guten Draht zueinander.
Kovac hatte Müller zum Ergänzungsspieler degradiert, Joachim Löw warf ihn aus der Nationalmannschaft. Als sich der FC Bayern aber anschickte, unter Flick sieben Titel zu gewinnen, war Müller nicht nur dabei, er war tragende Säule, Lenker des Spiels und erster Vorarbeiter im intensiven Pressing, dass Flick auch beim DFB installieren will.
Auch interessant
Bei den ersten drei Spielen war Müller nur Zuschauer, beim 6:0 gegen Armenien saß er auf der Tribüne und beteiligte sich munter an der Welle, die das begeisterte Publikum durchs Stadion schwappen ließ. Gerade das Offensivspiel überzeugte, auch den Beobachter Müller: „Wir können schon von einem kleinen Aufschwung sprechen“, sagt er. „Man hat das in der Spielweise gesehen und auch im Ergebnis.“ Künftig will er dennoch wieder auf dem Platz stehen, und Flick dürfte ihm diesen Wunsch kaum verwehren. Einen Spieler mit Müllers Spielintelligenz und Führungsqualitäten hat er kein zweites Mal.
Was für Flick einer der Schlüssel zum Erfolg werden dürfte
Einen Verdacht aber muss der noch ausräumen: dass er auch ohne einen Stoßstürmer funktioniert, um den er herumschleichen kann. Bei den Bayern hat er Robert Lewandowski, im DFB-Dress hatte er jahrelang Miroslav Klose. Zwei Stürmer, die Innenverteidiger binden und Räume aufreißen, in die der Raumdeuter Müller hineinstoßen kann. Einen Weg zu finden, wie Müller all seine Stärken ohne einen solchen Stürmer ausspielt – das dürfte für Flick einer der Schlüssel zum Erfolg mit der deutschen Mannschaft werden.