Stuttgart. Deutsche Nationalmannschaft dominiert das WM-Qualifikationsspiel gegen Armenien und gewinnt nach einem überzeugenden Auftritt 6:0.
54 Minuten waren gespielt, da schallten erstmals die Gesänge durchs Stuttgarter Stadion: „Oh, wie ist das schön!“, schallte es von den mit 18.000 Zuschauern besetzten Rängen, gefolgt von dem bekannten Nachsatz: „So was hat man lange nicht geseh‘n, so schön!“ Und wer wollte widersprechen an diesem Abend? 6:0 (4:0) gewann die deutsche Nationalmannschaft ihr WM-Qualifikationsspiel gegen Armenien und übernahm damit die Spitze der Gruppe J. Sie hatte Fußball phasenweise zelebriert, und damit hob sich dieser Abend tatsächlich positiv ab von der meist trüben jüngeren Länderspiel-Vergangenheit – nicht zuletzt dem zähen 2:0 gegen Liechtenstein drei Tage zuvor. Und erstmals war gut zu erkennen, was der neue Bundestrainer Hansi Flick mit dieser Mannschaft vorhat.
Gleich sechs Änderungen an der Startelf hatte er vorgenommen, die überraschendste: Offensivspieler Jonas Hofmann lief als Rechtsverteidiger auf. Wobei die Bezeichnung Rechtsverteidiger an diesem Tag ein Etikettenschwindel war, der Gladbacher war in Wahrheit ein Rechtsaußen, der bei den seltenen armenischen Vorstößen halt ein bisschen mitverteidigen musste.
Armenien bieten unbedarft viele Räumen an
Es war einer von vielen Gründen, warum das Offensivspiel deutliche besser aussah als noch am Donnerstag beim zähen 2:0 gegen Liechtenstein. Entscheidender aber war, dass die deutschen Angriffsbemühungen deutlich mehr Tempo und Präzision aufwiesen, dass die ebenfalls in die Mannschaft hineinrotierten Marco Reus und Leon Goretzka immer wieder die Räume zwischen den Ketten der gegnerischen Formation fanden – und dass die Armenier diese Räume auch erstaunlich unbedarft anboten und überaus inkonsequent verteidigten.
Die deutsche Mannschaft war aber an diesem Tag auch nicht leicht zu verteidigen, weil der Ball schnell und direkt durch die Reihen lief – wie beim frühen Treffer zum 1:0: Goretzka lupfte die Kugel mit einem Kontakt über die Abwehr in Serge Gnabrys Lauf und der donnerte in aus spitzem Winkel unter die Latte (6.). Das war deutlich schwieriger, als es der Angreifer aussehen ließ.
Frühe Führung gibt der Mannschaft Sicherheit
Das Spiel kannte nur eine Richtung, immer wieder rollten die deutschen Angriffswellen an. Eine schnelle Kombination über links, Reus gab scharf nach innen, Timo Werner verpasste – aber am langen Pfosten stand wieder Gnabry und schoss wieder wuchtig ein (15.).
Die frühe Führung gab der Mannschaft noch mehr Sicherheit. Leroy Sané, zuletzt so oft kritisiert, narrte seine Gegenspieler auf der linken Seite fast nach Belieben, Mittelstürmer Werner bewegte sich klug, nach Ballverlusten wurde die Kugel schnell und aggressiv zurückerobert – und wenn doch einmal ein Ball durchkam, war spätestens bei Abwehrchef Antonio Rüdiger Endstation.
Die weiteren Treffer in der ersten Halbzeit zauberte die Mannschaft regelrecht auf den Rasen: Gnabry flankte aus dem Halbfeld, Werner legte mit etwas Hacke und viel Gesäß zurück auf Reus, der zum 3:0 einschoss (35.). Und dann war es Kimmich, der den Chip in den Strafraum brachte, Goretzka, der per Kopf querlegte, und Werner, der vollendete (45.).
Auch eine kurze unkonzentrierte Phase nach der Pause überstand die deutsche Auswahl unbeschadet – und dann jagte Hofmann einen Abpraller nach einer Ecke aus gut 25 Metern ins Tor (52.). Einziges Manko an diesem Abend, wenn man denn eins suchen wollte, war die Chancenverwertung, das Ergebnis hätte noch deutlich höher ausfallen können, wenn nicht müssen. An diesem Abend aber war das allen egal – erst recht Karim Adeyemi und David Raum. Beide feierten ihr Länderspiel-Debüt, Adeyemi traf sogar noch in der Nachspielzeit zum 6:0. Ein perfekter Abend für ihn, die Mitspieler und die Zuschauer, die da längst schon die Welle durchs Stadion schwappen ließen. Ein erster großer Schritt zur Versöhnung mit dem Publikum ist gemacht – am Mittwoch in Island (20.45 Uhr/RTL) muss der nächste folgen.