Herzogenaurach. EM-Fußball mit Zuschauern macht hörbar mehr Spaß, aber von Euphorie ist am Spielort rundherum nur wenig zu sehen. Eine Kolumne
Natürlich war auch Markus Söder da. Als bayerischer Ministerpräsident hat er ja das Coronavirus eigenhändig niedergekämpft, so zumindest ist seine Sicht der Dinge. Und deswegen war er selbstredend im Stadion, als die deutsche Mannschaft in München gegen Frankreich in die Europameisterschaft startete. Vermutlich werde ich, wenn diese Zeilen erschienen, umgehend aus dem Freistaat ausgewiesen, aber: Die übrigen 14.499 Zuschauer haben mir deutlich mehr Freude gemacht. Endlich wieder eine ordentliche Geräuschkulisse. Endlich wieder Anfeuerungsrufe, Pfiffe und gepflegte Pöbeleien. Herrlich!
Von einsamen Flaggen und einem Haarreif
Vielleicht kommt jetzt auch endlich etwas EM-Stimmung auf. In Erlangen, wo wir unser Reporter-Lager aufgeschlagen habe, steht mein Stimmungsbarometer bei vier. Vier Objekte habe ich bislang im öffentlichen Raum entdeckt, die daran erinnern, dass eine EM stattfindet. Ein Paar dieser überaus geschmackvollen Autofahnen, einmal noch geschmackvollere Außenspiegel-Überzieher, eine einsame Flagge, die aus einem Fenster baumelte – und, wo wir schon von Geschmack sprachen: Eine Frau trug einen Haarreif mit zwei Deutschland-Fähnchen.
Immerhin: So etwas wie einen Autokorso haben wir schon erlebt, nach dem Auftaktsieg der italienischen Mannschaft. Ganze drei Autos, die hupend immer wieder um den Block fuhren, dabei auch noch ausgebremst von einem Linienbus. Angeführt – natürlich – von einem Fiat Punto. Wenigstens auf die Klischees bleibt Verlass.