Baku. Die Türkei steht nach dem 0:3 gegen Italien mit dem Rücken zur Wand. In Baku werden Tausende türkische Fans erwartet - und Präsident Erdogan.
Wenn selbst Edelfan Recep Tayyip Erdogan unter den Tausenden frenetischen Anhängern mitfiebert, lässt sich die große Bedeutung des „Heimspiels“ in Baku für die Türkei kaum mehr leugnen. Die Milli Takim steht bei der EM bereits mit dem Rücken zur Wand, doch mit der Unterstützung des türkischen Staatschefs und von über 30.000 Fußballfans auf den Tribünen ist die Hoffnung auf einen Befreiungsschlag größer denn je.
„Wir werden aus unseren Fehlern lernen und unser Bestes tun, um euch ein Lächeln ins Gesicht zu zaubern“, versprach der frühere Bundesliga-Profi Hakan Calhanoglu vor dem wegweisenden Duell mit Wales am Mittwoch (18.00 Uhr/ARD und MagentaTV). Nach dem völlig verpatzten Auftakt gegen Italien (0:3) benötigt die Türkei dringend einen Erfolg, um die gewaltigen Erwartungen zu erfüllen.
Unterstützung auch von aserbaidschanischen Zuschauern
Diese vollmundigen Versprechungen werden die Euphorie unter den türkischen Anhängern nochmals befeuern. Die Unterstützung ist Calhanoglu und Co. im Nationalstadion von Aserbaidschan nicht nur von den türkischen Fans gewiss, schließlich dürfte die Mannschaft von Trainer Senol Günes auch von den aserbaidschanischen Zuschauern leidenschaftlich nach vorne gepeitscht werden.
Ganz im Sinne von Erdogan und dem aserbaidschanischen Herrscher Ilham Alijew, die das Spiel gemeinsam auf der Tribüne verfolgen werden. Die beiden Länder stehen sich eben nicht nur geografisch sehr nahe - die Türkei unterstützte das autoritär regierte Aserbaidschan im Krieg gegen Armenien um die Region Bergkarabach jüngst als Schutzmacht. Bei der EM heißt es nun auf Plakaten in Baku: „Türkei, unsere Herzen schlagen mit dir.“
Türkei: Euphorie trotz Niederlage hoch
Selbst in der Türkei ist die Euphorie trotz der ernüchternden Vorstellung im Eröffnungsspiel offenbar nochmals gestiegen. „85 Millionen Herzen vertrauen auf euch! Wir werden wieder Geschichte schreiben“, schrieb die Zeitung Fotomac. „Wir wissen, wie man aufsteht“, titelte Sabah. Und die Botschaft bei Hürriyet und Fanatik lautete schlicht: „Vergesst Rom!“
Dass die hoch gehandelte Offensive um Kapitän Burak Yilmaz gegen Italien völlig wirkungslos blieb, schüttelte Günes umgehend ab - stattdessen spuckte der Nationalcoach große Töne. Vier Punkte seien genug für das Weiterkommen, „aber wir werden sechs Punkte sammeln“, sagte der 69-Jährige. Und auch Calhanoglu kündigte an, dass die Mannschaft ihre Ziele keineswegs ändern werde.
Letztes Gruppenspiel gegen die Schweiz
Die Waliser um Superstar Gareth Bale, die mit einem Remis gegen die Schweiz (1:1) ordentlich gestartet waren, rechnen mit beflügelten Türken. „Wir wissen, dass viele Leute zum Spiel kommen werden und es wird laut sein“, sagte Neco Williams angesichts eines bevorstehenden Meeres aus türkischen Fahnen. Die Bedingungen würden natürlich „schwierig sein“, gab Joe Rodon zu.
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Die Türken wollen den „Heimvorteil“ in Baku im besten Fall gleich gegen Wales nutzen, um den Druck vor dem letzten Gruppenspiel gegen die Schweiz am Sonntag zu senken. „Alles ist möglich“, sagte Günes, schließlich sei Portugal vor fünf Jahren ebenfalls schlecht gestartet und habe später den Titel gewonnen. Erdogan dürften die selbstbewussten Töne gefallen. - Die voraussichtlichen Mannschaftsaufstellungen:
Türkei: Cakir - Celik, Demiral, Söyüncü, Meras - Ayhan, Ozan Tufan - Cengiz Ünder, Calhanoglu, Irfan Can - Burak Yilmaz. - Trainer: Günes (sid)