Herzogenaurach. Nationalspieler Jonas Hofmann hat sich am Knie verletzt, einen Einsatz für Deutschland bei der EM hat er aber nicht abgeschrieben.

Am Samstag fehlt Jonas Hofmann auf dem Trainingsplatz der deutschen Nationalmannschaft in Herzogenaurach. Der Offensivspieler von Borussia Mönchengladbach hat sich am Knie verletzt und bleibt deswegen im Fitnesszelt. Die Hoffnung aber ist groß, dass der 28-Jährige schon bald wieder mittrainieren kann, ansonsten wäre er schon abgereist. „Jonas wäre nicht mehr hier, wenn wir nicht die berechtigte Hoffnung hätten, dass er wieder einsteigen kann“, sagt Co-Trainer Marcus Sorg.

Und doch: Hofmann ist der Pechvogel im Kreis der DFB-Auswahl: Bei der jüngsten Länderspielreise im März musste er am ersten Tag wegen eines positiven Corona-Tests wieder abreisen, im November hatte er sich nach 20 Minuten im Spiel gegen Tschechien einen Muskelbündelriss zugezogen. Im Interview spricht er über die Corona-Erkrankung, seine Aussichten beim Turnier, die Chancen der deutschen Mannschaft – und einen möglichen Transfer im Sommer.

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Jonas Hofmann, als sie für den EM-Kader nominiert wurden, war hier und da das Wort Überraschung zu lesen. Waren Sie auch überrascht?
Jonas Hofmann: Nein, das ist die falsche Formulierung. Ich war schon einige Male dabei und hatte deswegen durchaus die Hoffnung, dass ein Anruf kommt – auch dank der Gespräche, die ich vorher mit dem Bundestrainer hatte. Natürlich besteht immer ein leiser Zweifel, ob es reicht. Aber aufgrund meiner Leistungen in dieser Saison ist Überraschung definitiv das falsche Wort.

Mit welcher Haltung sind sie jetzt angereist? Dabeisein ist alles – oder wollen Sie dann auch spielen, wenn es am 15. Juni gegen Frankreich geht?
Jonas Hofmann: Natürlich will ich spielen. Aber auch dabei zu sein, ist schon toll. Meine Vorfreude war riesig, weil ich wusste, dass wir eine tolle Mannschaft haben mit überragender Stimmung – auch abseits des Platzes. Das hat sich voll bestätigt. Und jetzt will ich mich reinhängen, will meine beste Leistung zeigen, um der Mannschaft zu helfen, dass wir ein großes Turnier spielen.

Sie haben im Testspiel gegen Dänemark fünf Minuten gespielt, gegen Lettland gar nicht. Waren Sie enttäuscht, dass es nicht mehr war?
Jonas Hofmann: Natürlich ist man enttäuscht, wenn man nicht von Anfang an spielt. Es wäre fatal, wenn ich sagen würde, es wäre okay. Ich will jedes Spiel von Anfang an spielen und das will jeder Fußballer. Natürlich bin ich trotzdem froh, auch wenn es nur kurz war, Einsatzzeit bekommen zu haben und mich zeigen zu können. Aber auch genau das wird gefordert von uns. Sofort da zu sein, wenn man gefragt ist. Es kann eine einzige Aktion im Spiel sein und diese Aktion kann enorm viel entscheiden. Deshalb bin ich über jede Einsatzzeit froh, aber habe wie alle anderen 25 Spieler den Ehrgeiz, von Anfang an zu spielen.

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Welche Rolle kann die Mannschaft denn spielen bei dem Turnier
Jonas Hofmann: Ich tue mich schwer, ein Ziel zu nennen, das wir erreichen sollten. Aber wir haben eine extrem hohe Qualität im Kader und den Ehrgeiz, um den Titel zu spielen. Bei einer deutschen Nationalmannschaft muss der Anspruch immer sein, ganz oben mitzuspielen, das haben ja schon einige von uns vor mir gesagt. Und den Anspruch haben wir alle. Wenn wir die Stimmung hochhalten, wenn wir uns gegenseitig pushen und Höchstleistungen im Training bringen, sind wir auf jeden Fall ein Kandidat für ganz weit oben.

Sie hatten in den vergangenen Monaten viel Pech in Sachen Nationalmannschaft: Im März etwa mussten Sie wegen eines positiven Corona-Tests abreisen. Zum Glück ein milder Verlauf – aber hatten Sie Sorge vor längerfristigen Beeinträchtigungen?
Jonas Hofmann: Die Gedanken kommen automatisch, wenn man von schweren Verläufen hört. Bei uns in Gladbach hatte es Ramy Bensebaini schwerer erwischt, der hatte ein paar Wochen zu kämpfen mit dem Virus. Andere Profis mussten sogar ins Krankenhaus. Als Leistungssportler ist mein Körper mein Kapital und deswegen bin ich extrem dankbar, dass ich so glimpflich durchgekommen bin, dass ich nur etwas Kopfweh und Ohrenschmerzen hatte.

Hat Ihre Erkrankung Ihren persönlichen Blick auf das Thema Corona verändert?
Jonas Hofmann: Eigentlich nicht. Ich habe das Thema auch vorher schon sehr ernst genommen.

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Gesellschaftlich wird enorm viel diskutiert über die Krankheit, über Regeln, über das Thema Impfen. Wie ist das eigentlich in einer Fußballmannschaft?
Jonas Hofmann: Wir haben sehr strenge Maßnahmen, die wir einhalten müssen, und das tun wir auch. Ich habe ja schon erwähnt: Unser Körper ist unser Kapital. Und wer erkrankt, ist erst einmal raus. Immerhin haben Toni und ich jetzt erst einmal ein wenig Sicherheit, wenn man der Wissenschaft glaubt (lacht). Aber wir passen selbstverständlich weiter auf. Wir haben hier bei der Nationalmannschaft sehr hohe Sicherheitsstandards, sodass die Wahrscheinlichkeit sehr gering ist, dass sich hier jemand ansteckt. Aber natürlich tauscht man sich in einer Mannschaft über Corona und das Thema Impfen aus. Das betrifft uns genauso wie die restliche Gesellschaft. Das Thema Corona ist so präsent, daran kommt man nicht vorbei – auch nicht in der Kabine.

Werden Sie sich impfen lassen, wenn Sie es dürfen?
Jonas Hofmann: Auf jeden Fall! Ende September läuft meine Frist ab. Als Genesener bekomme ich dann erstmal eine Impfung – und wenn ich die Möglichkeit habe, werde ich die sofort nutzen.

Das Thema Corona betrifft auch das Turnier. Sie werden keine EM in vollen Stadien erleben.
Jonas Hofmann: Dieses Thema begleitet uns leider jetzt schon ziemlich lange. Wir Spieler vermissen die Fans und volle Stadien extrem. Uns fehlt dieser Adrenalinkick, vor vollem Haus zu spielen. Jetzt kehren die Fans immerhin langsam zurück, in München können wir vor 14.000 Zuschauern spielen. Das ist ein Schritt nach vorne und freut uns extrem. 14.000 Zuschauer können auch für eine schöne Atmosphäre sorgen. Und vielleicht kommen im Laufe des Turniers noch ein paar Zuschauer dazu, das würde uns noch mehr freuen. Diese Hoffnung habe ich.

Corona hat Sie auch neben dem Platz getroffen. Sie betreiben drei Subway-Filialen – wie hat sich die Pandemie da ausgewirkt?
Jonas Hofmann: Ich mache das mit meinem besten Kumpel zusammen und der hat sich deutlich mehr in das Thema reingefuchst als ich. Der kümmert sich in Vollzeit um unser Geschäft, dafür hat er seinen Posten als Polizist aufgegeben, nachdem wir vor ein paar Jahren gestartet sind. Uns ging es wie allen anderen Restaurants: Die Geschäfte mussten für einige Zeit schließen, wir mussten unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Kurzarbeit schicken, haben das Kurzarbeitergeld aber kurzzeitig aufgestockt. Weil bei uns das Essen mitgenommen werden kann, konnten wir aber recht schnell wieder aufmachen und dadurch Umsatz generieren. Es gibt definitiv Restaurants und andere gesellschaftliche Bereiche, die es deutlich schlimmer getroffen hat. Wir sind sehr glimpflich durchgekommen. Die Existenz der Restaurants war nicht bedroht und damit auch nicht die unseres Unternehmens und unserer Angestellten. Dafür bin ich sehr dankbar.

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Sie betreiben auch eine Baufirma für kunstvolle Immobilienprojekte. Lastet das Leben als Fußballprofi Sie nicht aus?
Jonas Hofmann: (Lacht). Ich finde es schön, nebenbei etwas zu haben und zu machen, das in eine ganz andere Richtung geht, das auch mal ablenkt vom Fußball und den Kopf befreit. Mir macht es Spaß, noch etwas nebenbei zu tun. Ich bin ein Typ, der immer etwas zu tun braucht. Wir Fußballer verdienen viel Geld, dessen bin ich mir bewusst. Und das möchte ich schon jetzt so sinnvoll anlegen, dass ich nach der Karriere direkt in spannende Projekteeinsteigen kann. Andere Spieler wollen nach der Karriere erst einmal gar nichts machen. Auch das ist verständlich. Aber ich freue mich darauf, sofort etwas zu haben, wenn es irgendwann so weit ist.

Sie sind ohnehin ein vielseitig interessierter Typ, haben auch lange Handball gespielt. Hätte es da auch für die Nationalmannschaft gereicht?
Jonas Hofmann: Das wäre jetzt eine gewagte Prognose. Ich hatte schon Talent, glaube ich, aber ich habe nur bis zur B-Jugend intensiv Handball gespielt und danach den Fokus mehr auf den Fußball gelegt. Dann konnte ich nicht mehr bei jedem Training dabei sein. Teilweise bin ich vom Fußballplatz direkt ins Auto gesprungen, habe während der Fahrt das Handball-Trikot angezogen, kam in die Halle, als das Spiel schon lief, habe mich auf die Bank gesetzt und gewartet, bis ich reinkomme. Irgendwann ging das einfach nicht mehr. Aber ich bin rundum sportbegeistert, ich spiele auch gerne Golf, Tennis, Darts. Man hört schon: Mein Tag müsste eigentlich 48 Stunden haben.

Ein Teil des Tages geht vermutlich auch für die Zukunftsplanung drauf. Sie haben bei Borussia Mönchengladbach einen Vertrag bis 2023, zuletzt aber klangen manche Sätze nach Abschied. Müssen sich die Fans Sorgen machen?
Jonas Hofmann: Ich werde demnächst 29 Jahre alt. Da macht man sich natürlich Gedanken, wie man sein Leben strukturieren und was man noch erleben möchte. Das halte ich für legitim. Das heißt aber nicht, dass ich mich zwangsläufig verabschieden werde. Ich bin in dieser Hinsicht ganz entspannt, ich warte ab, was auf mich zukommt. Ich will jetzt erst einmal eine erfolgreiche EM spielen, nur darauf liegt mein Fokus, und dann sehen wir weiter. Das klingt nach einer Floskel, aber so bin ich nun einmal. Ich gehe sehr spontan ans Leben heran. Es kann sich so vieles so schnell ändern, deswegen ist Planen überhaupt nicht mein Ding. Das kann meine Frau bestätigen – sie hat sich mittlerweile aber daran gewöhnt (lacht).