Innsbruck. Die deutsche Fußball-Nationalmannschaft im vorletzten EM-Test gegen Dänemark nicht über ein 1:1 hinaus. Am Montag geht es gegen Lettland.
Manuel Neuer schimpfte lautstark, dem Kapitän und Torhüter der deutschen Nationalmannschaft gefiel gar nicht, was da gerade geschehen war im leeren Tivoli-Stadion von Innsbruck: Ihren einzig wirklich ernstzunehmenden Angriff hatte die dänische Mannschaft nach 71 Minuten ins Ziel gebracht – und so endete das vorletzte Testspiel vor der Europameisterschaft trotz großer deutscher Überlegenheit 1:1 (1:0). "Es war Licht und Schatten", resümierte Bundestrainer Joachim Löw. "Wir haben uns gute Möglichkeiten herausgespielt, machen uns aber selbst das Leben schwer, weil wir das 2:0 nicht machen. Hinten hat eine Unachtsamkeit dann zum 1:1 geführt."
Das Ergebnis stand aber nicht im Vordergrund an diesem Abend, das hatte Assistenztrainer Marcus Sorg tags zuvor klargemacht: „Es ist nicht das Maß aller Dinge, das ist das Spiel gegen Frankreich“, sagte er. Dennoch war ein Sieg das klare Ziel – weil Erfolge immer helfen bei der Entwicklung einer Mannschaft, weil sie das Selbstvertrauen und den Glauben an die eigene Arbeit stärken.
Bundestrainer Löw denkt offenbar über eine Dreierkette nach
Aber: „Wir wissen, dass im Trainingslager nach intensivem Training nicht alles passen kann – aber die Spieler müssen versuchen, es umzusetzen“, meinte Sorg. Weniger als aufs Ergebnis kam es an diesem Abend auf Erkenntnisse an: Konnten die Spieler das umsetzen, was ihnen seit Freitag im Trainingslager eingebläut worden war? Standen sie tatsächlich kompakter in der Abwehr, verteidigten sie bei Standardsituationen geschickter? Zeigten sie den gewünschten Einsatz und kommunizierten sie laut und deutlich auf dem Platz? Einen lockeren Aufgalopp wollten sie nicht sehen – das hatten die Trainer mehr als deutlich gemacht.
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Und Erkenntnisse gab es tatsächlich: Löw scheint für den EM-Auftakt gegen Frankreich am 15. Juni sehr ernsthaft über eine Dreierkette in der Abwehr nachzudenken, er stellte Matthias Ginter, Niklas Süle und Matthias Hummels auf – der zu seinem ersten Länderspieleinsatz seit November 2018 kam. Dieser massive Abwehrverbund stand lange stabil, wurde von weitgehend harmlosen Dänen kaum gefordert – und dann doch überwunden. Gegen Frankreichs Weltklasseoffensive muss noch einmal eine Steigerung her.
Zweite Erkenntnis: Der zweite Rückkehrer Thomas Müller tut dieser Mannschaft gut. Nominell irgendwo zwischen Sturmzentrum und Spielmacherposition aufgeboten, gab er den Freigeist, war überall auf dem Platz zu finden und schlich sich immer wieder listig in die Räume, die die dänische Deckung offenbarte. Wie nach 14 Minuten, als er sich im Rücken der Abwehrkette davonstahl, wo ihn Joshua Kimmich mit einem herrlichen Flugball fast aus dem Mittelkreis fand. Doch den Kopfball mit Rücken zum Tor setzte Müller zu zentral, in die Arme von Dänen-Torhüter Kasper Schmeichel.
Rückkehrer Müller war der erhoffte Chef
Müller war gleich der erhoffte Chef. Der 31-Jährige gab Kommandos, er ackerte, er eroberte Bälle, er verteilte sie und er flog nach 35 Minuten knapp an einer scharfen Freistoßflanke vorbei, die auch Serge Gnabry und Hummels verpassten (35.). Zuvor hatte Sané in bester Position den Ball nicht richtig verarbeiten können (28.). Dem Treffer am nächsten kam Serge Gnabry, der mit einem herrlichen Schlenzer aus 20 Metern die Latte traf (44.).
Und so stand Erkenntnis Nummer drei: An der Konsequenz im gegnerischen Strafraum, an der Chancenverwertung muss diese deutsche Mannschaft weiter arbeiten – die ist ja schon lange als eine Schwäche ausgemacht. Allerdings hatte die deutsche Mannschaft zu Beginn ihres Trainingslagers in Seefeld bisher auch vor allem an der Defensive und am Zweikampfverhalten gearbeitet. Und bis auf diese eine Szene stimmte die Organisation.
Zudem war eine gewisse Spielfreude zu sehen, und wenn man aber nur lange genug Druck macht, dann liegt der Ball irgendwann auch mal so vorm Tor, dass es schwierig wird, vorbeizuschießen – so wie kurz nach Wiederanpfiff: Robin Gosens flankte direkt nach innen, der Ball flipperte durch den dänischen Strafraum und landete bei Florian Neuhaus, der aus kurzer Distanz humorlos zum 1:0 einschoss (48.).
Dänemark versuchte nun, etwas mehr Druck zu machen, was der deutschen Mannschaft wiederum Räume für Konter eröffnete. Die aber wurden nur selten so genutzt wie nach einer Stunde: Müller flankte, Ginter köpfte, aber Schmeichel hielt (60.). Ansonsten versandeten viele vielversprechende Angriffe, weil die Laufwege der deutschen Angreifer noch nicht wirklich abgestimmt waren.
Letzter EM-Test am Montag gegen Lettland
Und dann konterte Dänemark einmal gegen die weit aufgerückte deutsche Mannschaft, dann grätschte Süle ins Leere und Yussuf Poulsen traf frei vor Neuer zum 1:1 (71.). Es wurde nun ein zerfahrenes Spiel, Kimmich traf noch einmal die Latte (77.) – dann war es vorbei. "Die Konstanz, es über 90 Minuten konsequent durchzuziehen, ist ein Thema für die nächsten Tage. Als Rückschlag würde ich das Spiel nicht bezeichnen", sagte Löw.
Die nächsten Erkenntnisse soll am Montag das letzte Testspiel vor Turnierstart gegen Lettland in Düsseldorf liefern.