Riga/Essen. Tom Kühnhackl, Sohn von Eishockey-Idol Erich, hat schon zwei NHL-Titel gewonnen. Nun will er sich für einen neuen Vertrag empfehlen

Das Toreschießen ist eigentlich nicht die Hauptaufgabe von Tom Kühnhackl. Dahin zu gehen, wo es weh tut, schon eher. Runter aufs Eis, den Körper in die Schussbahn des Gegners hieven: Das sind Qualitäten, die erst auf den zweiten Blick in die Eishockey-Statistiken auffallen – wenn überhaupt. Für den Erfolg einer Mannschaft aber sind sie unerlässlich. Auch deshalb hat Kühnhackl schon zwei Stanley-Cup-Triumphe in seiner Vita stehen. Mit den Pittsburgh Penguins holte er 2016 und 2017, angeführt von Top-Star Sidney Crosby, die begehrte Trophäe in der nordamerikanischen Profiliga NHL.

Wenn der Flügelstürmer ab und zu als Torjäger gebraucht wird, ist er auch zur Stelle. Wie im Gruppenspiel der Weltmeisterschaft gegen Kasachstan (2:3), als der 29 Jahre alte Sohn von Eishockey-Legende Erich Kühnhackl (70) mit einem fulminanten Schuss traf. Es war erst sein viertes Länderspiel-Tor.

Nein, so abschlussschwach ist Kühnhackl natürlich nicht. Sonst wäre er wohl kaum einer der erfolgreichsten deutschen Spieler der Geschichte. Viele Gelegenheiten, Tore zu schießen, hatte Kühnhackl einfach noch nicht: Wenn die Auswahl des Deutschen Eishockey-Bundes an diesem Samstag gegen Finnland (19.15 Uhr/Sport 1) den nächsten Überraschungssieg einfahren und das Viertelfinalticket buchen will, wird Tom Kühnhackl erst sein zehntes Länderspiel bestreiten. Verpflichtungen in der NHL hatten mehr Einsätze stets verhindert. „Für mich war es unglücklich, weil wir in den Play-offs immer weit gekommen sind“, sagt der Landshuter. Was man halt so Unglück nennt, wenn man zweimal Meister geworden ist in der stärksten Liga der Welt.

Reichel und Kahun fehlen dem deutschen Team

Nur „vom Namen her“ kannte er vor dem WM-Turnier in Lettland daher viele seiner jungen Mitspieler. Der erfahrene Tom Kühnhackl soll nach der Absage von NHL-Star Leon Draisaitl (25) die Talente anführen. Moritz Seider (20/Rögle BK, bald Detroit Red Wings) oder Lukas Reichel (19/Eisbären Berlin), der das Finnland-Spiel zu verpassen droht. Nach einem Check gegen Reichels Kopf beim 2:3 gegen Kasachstan will Bundestrainer Toni Söderholm „nichts riskieren“. Draisaitls Klubkollege bei den Edmonton Oilers, Dominik Kahun (25), ist seit Mittwoch in Lettland und hat gestern mit der Mannschaft trainiert, muss jedoch aufgrund von Corona-Vorsichtsmaßnahmen drei Tage in Quarantäne. Auch er fehlt in der wichtigen Partie gegen Trainer Söderholms Heimatland, ist aber im vorletzten Gruppenspiel am Montag gegen die USA spielberechtigt.

Kühnhackl hofft auf weitere Chance in der NHL

Nach dem 2:3-Stimmungsdämpfer gegen Kasachstan liegt es nun also vor allem an dem erfahrenen Kühnhackl, das junge Team zurück in die Spur zu bringen. Schon viel größere Rückschläge musste der Routinier in seiner Laufbahn einstecken. Im vergangenen Sommer etwa verletzte er sich ausgerechnet in den Play-offs schwer an der Schulter. Sein Vertrag mit den New York Islanders, für die er seit 2018 spielte, wurde nicht verlängert. Seine Mutter Sylvia verstarb im September. All das während der Pandemie und strikten Quarantäne-Regelungen bei Einreisen in die Vereinigten Staaten.

Inzwischen spielt er nach seiner langen Reha für die Bridgeport Sound Tigers in der zweitklassigen American Hockey League, gehört dort jedoch zu den besten Spielern des Teams. Die Weltmeisterschaft in Lettland ist für Kühnhackl auch eine Bühne, um sich noch einmal für einen Vertrag bei einem NHL-Klub zu empfehlen.

Kühnhackl. Nicht nur wegen seines Nachnamens wird Tom für immer einen Platz in der Geschichte des deutschen Eishockeys haben. Dank seines Siegtreffers im Qualifikationsspiel gegen Lettland – ausgerechnet auf dem WM-Eis von Riga – durfte die DEB-Auswahl zu den Olympischen Winterspielen 2018 reisen. „Der Tom ist ein Heroe, ist ja klar“, sagte Präsident Franz Reindl. In Pyeongchang beim Silber-Coup fehlte Kühnhackl dann. Wieder waren seine Dienste in der NHL gebraucht. „Jetzt wird es Zeit“, sagt Bundestrainer Söderholm, „dass er seine Belohnung dafür kriegt.“