Essen. Eishockey-Legende Dieter Hegen traut der deutschen Mannschaft den WM-Titel zu. NHL-Star Dominik Kahun wird das Team verstärken.

Als Dieter Hegen, den alle nur Didi nennen, am Montag in Düsseldorf vor seinem Fernseher saß, kamen die Erinnerungen hoch. Der 59-Jährige sah glückselige Eishockey-Spieler, die das Trikot der deutschen Nationalmannschaft trugen. Und er erlebte angefressene Kanadier, die sich nach dem Spiel auf den Weg in Richtung Kabine machten. Begegneten sich diese Teams in der Vergangenheit bei einer Weltmeisterschaft, kassierte in der Regel Deutschland eine klare Niederlage. 1996 beim Turnier in Österreich gelang der bislang letzte Sieg. Damals feierte die Mannschaft um den legendären Linksaußen Hegen in Wien einen 5:1-Erfolg über Kanada. ARD-Kommentator Herbert Watterott sprach von einer Sensation.

25 Jahre später konnte Deutschland diese große Eishockey-Nation mal wieder bei einer Weltmeisterschaft besiegen. 3:1 endete die Partie in der lettischen Hauptstadt Riga – ein irres Spiel, der dritte Erfolg im dritten Vorrundenspiel, bei dem sich die deutschen Spieler reihenweise in die Schüsse der Kanadier warfen. Von einer Sensation war aber keine Rede. „Deutschland hat die Lücke zu den großen Mannschaften geschlossen“, sagt Hegen.

Deutschland trifft am Mittwoch auf Kasachstan

Der langjährige Angreifer der Düsseldorfer EG schied 1996 mit Deutschland nach einem 1:6 gegen Tschechien im Viertelfinale aus. Der Auswahl von Bundestrainer Toni Söderholm traut er nun Großes zu – sogar den Weltmeistertitel. Es wäre der erste in der Geschichte des deutschen Eishockeys. „Das kann ganz nach oben gehen“, erklärt Hegen. Noch vier Gruppenspiele stehen auf dem Programm. Am Mittwoch kommt es zum Duell mit Kasachstan (15.15 Uhr/Sport1). Anschließend spielt Deutschland noch gegen Finnland, die USA und Lettland. Die Qualifikation fürs Viertelfinale ist nach dem guten Start nur noch Formsache. „Und in der K.-o-Phase kann dann alles passieren“, sagt Hegen.

Der gebürtige Allgäuer weiß natürlich um die besonderen Umstände des Turniers. Länder wie Kanada, Schweden und USA haben viele Debütanten zum Turnier nach Lettland geschickt. Doch Hegen möchte sich gar nicht mit den Schwächen der Konkurrenz befassen. Er redet lieber über die positive Entwicklung der deutschen Mannschaft. „Die Nachwuchsarbeit hat sich verbessert“, sagt Hegen. „Jetzt fahren wir die Ernte ein.“

Seider und Reichel gehört die Zukunft

Er denkt an Moritz Seider. Der 20 Jahre alte Verteidiger spielt bislang eine herausragende WM. Seider gehört den Detroit Red Wings aus den USA. Um Spielpraxis zu sammeln, wechselte das Talent vor einem Jahr zum schwedischen Klub Rögle BK – das zahlte sich aus. Im Nationaltrikot zeigt Seider, dass er das Format für die nordamerikanische Profiliga NHL besitzt. In der kommenden Saison wird er in Detroit spielen.

Auch Lukas Reichel ist so ein Jungstar, der sich in Europa auf die NHL vorbereitet. Die Chicago Blackhawks sicherten sich im Vorjahr im Draft, der großen Talenteauswahl, die Rechte am 19-Jährigen. Reichel blieb aber noch ein weiteres Jahr bei seinem Stammteam, den Eisbären Berlin. „Die beiden zeigen für ihr Alter außergewöhnliche Leistungen“, sagt Hegen.

NHL-Star Kahun reist nach Lettland, Draisaitl nicht

Der Kaufbeurer spielte übrigens 1996 mit Martin Reichel, dem Vater des aktuellen Nationalspielers, in einer Mannschaft. Damals gehörte auch Peter Draisaitl zum deutschen Kader. Dessen prominenter Sohn Leon Draisaitl scheiterte in der Nacht zum Dienstag mit den Edmonton Oilers in den Play-offs der NHL. Wie der Deutsche Eishockey-Bund mitteilte, wird er jedoch nicht nach Lettland reisen.

Hingegen wird Draisaitls Oilers-Teamkollege Dominik Kahun die deutsche Mannschaft verstärken. „Mit seiner Schnelligkeit, seinen technischen Fähigkeiten und der NHL-Erfahrung kann er unserem Spiel noch einmal ein besonderes Element geben“, sagte Söderholm: „Dass er so schnell ins Flugzeug steigen kann, war der ausschlaggebende Grund. Bei Leon waren die Umstände anders und eine Abreise nicht sofort möglich. Daher haben wir miteinander beschlossen, dass er nicht nach Lettland reist.“

Kahun muss nach seiner Ankunft am Mittwoch sechs Tage in Quarantäne, ehe er spielen darf. Angesichts der deutschen Medaillenchancen dürfte sich seine Anreise aber lohnen.