München. Der FC Bayern steht in Mainz vorm neunten Ligatitel in Serie und siebten Titel mit Trainer Flick. Der springt nun Salihamidzic zur Seite.
Ganz am Ende machte Hansi Flick noch einen Scherz. „Dieter, haben wir das P1 gebucht?“, fragte der Trainer des FC Bayern den Pressesprecher Nickles. Es ging am Freitagmittag um die Frage, ob der voraussichtliche Gewinn des Meistertitels an diesem Samstag zumindest etwas gefeiert werden könne. Doch selbstredend wird es wegen der Corona-Pandemie wieder keine öffentliche Party geben. Wie schon nach allen sechs Titeln, die der FC Bayern in Flicks Amtszeit als Chefcoach seit November 2019 gewonnen hatte, werden die Clubs der Stadt ebenso leer bleiben wie der Rathausbalkon und der Marienplatz.
Sollte nun beim Ligaspiel in Mainz mit einem Sieg Flicks letztes Meisterstück vor seinem Abschied nach dieser Saison gelingen, wird dieses nur intern gefeiert werden. Darin haben die Münchner längst Routine, fast so viel im Hochrecken der Meisterschale. Zum neunten Mal in Serie könnte das nun gelingen, und Flick zog angesichts von zehn Punkten Vorsprung auf den Tabellenzweiten RB Leipzig bereits Bilanz. „Es ist mit Sicherheit eine sehr verdiente Meisterschaft“, befand der 56-Jährige in der Hoffnung, den Ligatitel beim formstarken FSV perfekt zu machen. Mithelfen dabei kann Weltfußballer Robert Lewandowski nach seiner Bänderdehnung im Knie. Zusätzlich angetrieben wird der Stürmer vom persönlichen Ziel, Gerd Müllers 40-Tore-Rekord aus der Saison 1971/72 zu knacken. Um gleichzuziehen, fehlen Lewandowski fünf Tore. „Wir werden ihn alle unterstützen, aber an erster Stelle steht der Erfolg der Mannschaft und des Vereins“, erinnerte Flick. Ob Serge Gnabry nach seiner überstandenen Corona-Infektion in den Kader zurückkehrt, ließ er offen.
FC Bayern kann mit Juventus Turin gleichziehen
Holen die Bayern in Mainz erneut die Schale, ziehen sie gleich mit Juventus Turin, das in Italiens Serie A zwischen 2012 und 2020 neun Mal hintereinander Meister geworden war, nun aber wohl Inter Mailand den Vortritt lassen muss. Bei den Münchnern spricht dagegen viel dafür, dass sie ihr Meister-Abo auch künftig behalten und ihre Titelserie ausbauen werden. Jagd machen werden sie also auf die Monopolisten der kleineren Ligen Europas, in denen es noch längere Meisterserien gibt. Weltweit mit 15 Meistertiteln hintereinander führend ist übrigens der Tafea FC aus dem Südsee-Inselstaat Vanuatu, der vor allem für die Urform des Bungee-Jumpings bekannt ist.
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Flick wird nach dieser Saison von außen verfolgen, um wie viele Jahre die Bayern ihre Meisterserie noch ausbauen. Nach dem Spiel soll ja ein Gespräch mit dem Vorstand der Münchner stattfinden. Dann geht es auch um die Frage, ob und inwieweit der Verein Flick entgegenkommt, der noch bis 2023 vertraglich an die Bayern gebunden ist, seinen Abschied aber am vergangenen Sonnabend unmissverständlich verkündet hatte. „Das erste Gespräch ist natürlich hier mit Bayern München“, sagte Flick nun zur Frage nach seiner Zukunft und ließ damit indirekt anklingen, dass er sich auf ein zweites Gespräch mit dem DFB einstellt. Es ist ein offenes Geheimnis, dass es Flick reizt, nach der EM die Nachfolge von Bundestrainer Joachim Löw anzutreten. Der DFB will allerdings keine Ablöse zahlen.
Flick nennt Angriffe auf Bayern-Sportvorstand Salihamidzic "No-go"
Zu Flicks Wunsch beigetragen, nach dieser Saison als Trainer beim FC Bayern aufzuhören, hatte der Dauerclinch mit Hasan Salihamidzic. Der Sportvorstand und seine Familie sind nun allerdings so sehr zur Zielscheibe von Anfeindungen einiger Fans geworden, dass nach Präsident Herbert Hainer auch Flick dem umstrittenen Salihamidzic zur Seite sprang. Die Angriffe in den sozialen Netzwerken auf Salihamidzic sowie auf dessen Frau und Sohn seien ein „No-go“, sagte Flick, es seien „Grenzen überschritten“ worden.
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An den voraussichtlich sieben gemeinsamen Titeln habe „Brazzo auch einen ganz enormen Anteil“, sagte Flick. Er betonte, dass man sich trotz aller inhaltlicher Differenzen schätze. Und er ergänzte zu den Anfeindungen: „Bei allen Dingen, die Hasan und ich hatten in den letzten Wochen, ist das eine Sache, die ich absolut missbillige.“ Ähnlich hatte sich zuvor auch Michael Frohsz, der Initiator der Online-Petition „pro Hansi Flick, Brazzo raus“, geäußert. Inhaltlich aber verteidigte er die Forderung, Salihamidzic abzulösen, weil dieser seiner Ansicht nach dem Amt nicht gewachsen sei. Bis Freitagnachmittag hatten deutlich mehr als 70.000 Menschen die Petition unterschrieben. Das entspricht ungefähr einer ausverkauften Münchner Arena.