Hamburg/Essen. Der Torjäger erlebte seine größte Zeit in Hamburg. Doch schon in Essen wuchtete er sich zur Legende. Eine Würdigung zum Ehrentag.
Wer eine Idee davon haben will, was Horst Hrubesch zu seinem 70. Geburtstag am kommenden Samstag erwartet, der sollte auf Hrubeschs 60. Ehrentag zurückschauen. Da war die Familie Hrubesch „ohne Brimbamborium“ (O-Ton Hrubesch) im Hansapark. „Es gab Currywurst mit Pommes. Und es war ein toller Tag, hat riesigen Spaß gemacht“, sagt der Noch-69-Jährige, der nur eines mehr als runde Geburtstage hasst: runde Geburtstage, die man unnötigerweise im großen Stil feiert.
Beim HSV noch die großen Zeiten miterlebt
„Ich habe meine Geburtstage noch nie in großer Form gefeiert“, sagt Hrubesch in der neusten Podcast-Ausgabe „Pur der HSV“. Er habe zahlreiche Medienanfragen (natürlich auch von dieser Zeitung) erhalten, ziehe es in dieser Woche allerdings vor, auf Tauchstation zu gehen. Deswegen hat Hrubesch auch alle beim Hamburger SV darüber informiert, dass er bis zu seinem Ehrentag im Volkspark eher nicht zu greifen sein wird, sämtliche Anfragen wurden abgelehnt.
Beim Traditionsklub aus dem Norden Deutschlands, der sich derzeit daran abmüht, den Weg aus der Zweitklassigkeit zurück in die Bundesliga zu finden, arbeitet Hrubesch mittlerweile als Nachwuchsdirektor im Nachwuchsleistungszentrum. Als Stürmer hat er zwischen 1978 und 1983 noch die großen Zeiten des HSV miterlebt. Mit ihm feierten die Hamburger dreimal die Deutsche Meisterschaft. In seiner letzten Saison triumphiert er zudem mit dem Verein im Europapokal der Landesmeister, dem Vorgänger der Champions League. Schon 1980 schoss und köpfte Hrubesch Deutschland mit zwei Finaltoren beim 2:1 gegen Belgien zum Europameistertitel in Italien.
Große Gelegenheit bei RWE - Plötzlich Profi, dann Legende
Seine große Karriere nahm ihren Anfang aber acht Jahre zuvor im Ruhrgebiet. Bei Rot-Weiss Essen wuchtete er sich in zahlreichen Luftduellen zur Legende. Hier wurde er zum „Kopfball-Ungeheuer“ getauft, weil er den Ball meistens mit der Stirn am Torhüter vorbei drückte. Und dies, obwohl Hrubesch mit Anfang 20 hauptberuflich noch nicht auf dem Rasen, sondern auf Hausdächern schwitzte, um diese zu decken. Erst mit 24 Jahren erhielt der gebürtige Hammer seine große Gelegenheit an der Hafenstraße.
„Es ist und bleibt unglaublich, dass ich damals als Neuling mit 24 Jahren von RWE die Chance bekam, Profi zu werden, dass ich in Ivica Horvat den richtigen Trainer hatte und mit großartigen Fußballern wie Dieter Bast, wie Willi Lippens und vielen anderen zusammen spielen durfte. Und wie die Leute mich gefeiert haben“, erzählte Hrubesch, als er im Oktober 2018 als Trainer der deutschen Frauen-Nationalmannschaft nach Essen zurückkehrte. „Ich müsste lügen, wenn ich sagen würde, dass das nichts Besonderes für mich wäre, wieder hier zu sein.“
Endgültig in den Heldenstatus erhoben wurde er, nachdem er 1977 nach dem Abstieg RWE treu blieb. Weswegen sich an der Karriere des gelernten Dachdeckers viel über die Entwicklung des Profifußballs erzählen lässt. Laufbahnen verlaufen heute geradliniger, mit Mitte 20 stecken Nationalspielern meist schon über 100 Bundesligaspiele in den Knochen. Zudem müssen Stürmer heute mitverteidigen, mitkombinieren, mitverschieben. Hrubesch lauerte beim HSV im Sechzehnmeterraum auf die Hereingaben von Manfred Kaltz, wegen ihres Schnitts als „Bananenflanken“ geadelt. Die Erfolgsformel formulierte Horst Hrubesch in einem TV-Interview einmal so knackig, dass Werbeschaffende keinen besseren Slogan hätten austüfteln können: „Manni Banane, ich Kopf – Tor!“
Jetzt kommt für Hrubesch die Zugabe
1983 verließ Hrubesch den Norden Deutschlands, wechselte zunächst nach Belgien zu Standard Lüttich, kehrte dann für eine Saison in die Bundesliga zu Borussia Dortmund zurück. Doch nach nur 17 Spielen musste er seine Karriere verletzungsbedingt beenden. Lange wurschtelte er sich anschließend als Trainer von Job zu Job, ehe er ab 2000 sein Glück im Nachwuchsbereich des Deutschen Fußball-Bundes fand. Nun formt die Klublegende die Jugend des HSV und feiert Samstag Geburtstag.
„Die einzige, die über meinen Geburtstag jubelt, ist meine Mutter“, sagt Hrubesch in dem vereinseigenen Podcast. Und: „Ich habe in meinen 70 Jahren viel erlebt. Alles, was jetzt noch kommt, ist eine Zugabe.“