Manama. Der Start von Mick Schumacher elektrisiert die Formel-1-Fans. Sein Name sorgt für einen Hype, doch auf der Rennstrecke wird er ihm nicht nutzen

Wie der Vater, so der Sohn. Ein Satz, den Mick Schumacher schon oft verflucht haben dürfte. Markiert er doch eine monumentale Erwartungshaltung: Hier der Formel-1-Debütant vor seinem ersten Rennen am Sonntag in Bahrain (17 Uhr/Sky), dort der Rekordweltmeister. Es ist eine der großen Geschichten der neuen Saison, aus deutscher Sicht wohl die größte.

Der in dieser Woche 22 Jahre alt gewordene Rennfahrer fährt – so sieht es aus – dem Fluch davon. Könnte man durch das Visier seines Helms schauen, ließe sich wohl ein breites Grinsen entdecken, das jede Frage nach Last oder Lust erübrigt: „Ich bin glücklich, endlich hier zu sein. Und glücklich, den Namen Schumacher wieder in die Formel 1 zurückzubringen.“ Motivation und Stolz ist schon an Körperhaltung und Mimik abzulesen.

Der ewige Vergleich scheint unvermeidlich, aber damit ist er in den Nachwuchs-Formeln schon zweimal Meister geworden. Fast unschuldig sagt er, dass ihn so etwas nicht störe: „Mein Vater ist mein Idol.“ Es klingt wie eine Phrase, aber es ist eben das Mantra. Die konkrete Zielsetzung für das Wochenende ist diese: „Ich will mein erstes Rennen hauptsächlich zu Ende fahren. Keine Dummheiten machen, nicht versuchen, extrem aggressiv reinzugehen. Es geht für mich darum, maximal zu lernen. Aber ich muss auch nicht alles sofort und auf einmal lernen.“

Mick Schumacher im Haas ohne Aussicht auf Siege

Als Kürzel für die Formel-1-Listen hat er MSC gewählt, in der Formel 2 war er noch als SCH unterwegs. Der Wechsel zu den berühmteren drei Buchstaben seines Vaters hat ganze Podcast-Folgen inspiriert. Das Detail zeigt, wie stark das Brennglas ist, unter dem sich Schumi junior bewegt. Unter dem bewegt er sich bislang sehr sicher, er behauptet gar, dass da kein bisschen Druck wäre: „Ich habe mit meinen Meisterschaften gezeigt, dass ich einen Rennwagen fahren kann.“

Ferrari-Fahrerakademie, Superlizenz, Ausbildungsplatz beim Haas-Rennstall – eine logische Reihe. Es ist ein Übergangsjahr für das zweitschlechteste Formel-1-Team der Vorsaison, eine Saison der Gewöhnung auch für Schumacher. Siege scheinen unter normalen Umständen unmöglich, Punkte in weiter Ferne. Es in die Top 20 der besten Rennfahrer der Welt geschafft zu haben, das ist natürlich etwas. Aber dieser Zauber wird nicht lange anhalten. Bis 2022, wenn ein neues Reglement bessere Chancen bieten könnte, ist es noch lang. Schonzeit gibt es kaum in der Königsklasse, mit dem Namen schon gar nicht.

Viele Sympathiepunkte für Mick Schumacher

Der Bezahlsender Sky hat Mick Schumacher deutschlandweit zum Posterboy gemacht, schürt den historischen Moment mit Kalkül: „Es ist nur einmal live. Verpass’ es nicht.“ Cleveres Marketing, das die Schumacher-Michael-Fraktion mit der Schumacher-Mick-Generation verbinden soll. Beginn einer neuen Zeitrechnung, das ist ein hehres Ziel. Reicht das schon für einen echten Hype?

Formel-1-Saisonstart: Schumacher und Vettel greifen an
Formel-1-Saisonstart: Schumacher und Vettel greifen an

Es gab Interviews in Playboy, Spiegel und Stern. Die Erzählung war identisch, von den Sympathiepunkten her liegt Mick Schumacher schon relativ weit vorn. Keiner in der Formel-1-Hierarchie, der es ihm nicht gönnen würde, vom Teamkollegen Nikita Masepin vielleicht mal abgesehen. Fia-Präsident Jean Todt, Formel-1-Boss Stefano Domenicali, Ferrari-Teamchef Mattia Binotto, Ex-Zampano Bernie Ecclestone hingegen äußern sich wohlwollend, alle erkennen in ihm die Gene des Vaters. Auch Weltmeister Lewis Hamilton ist ihm freundlich zugetan.

Das ist nett, aber jetzt geht es darum, Kante zu zeigen. Haas ist eine Ferrari-Niederlassung mit Sitz in den USA und Fabrik in Mittelengland. Das kleinste Team der Königsklasse, Familiengeist wird großgeschrieben. Immer wird Geld gebraucht, der rustikale Teamchef Günther Steiner hat vor Kameras erzählt, dass er bei einem Sponsor drei bis fünf Millionen Dollar mehr locker machen könne, wenn er einen deutschen Fahrer an den Start bringe. Scheint geklappt zu haben. Praktisch jede Karriere beginnt mit Geschacher, bei Schumacher kommt eben noch der Promi-Bonus dazu: Endlich wieder Schumi...

Mick Schumacher: Weder Polizist, noch Eishockey-Profi

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Formel 1, das ist nun wirklich nichts Neues für Mick Schumacher. „Ich saß schon vorm Fernseher und habe mir Rennen angeguckt, bevor ich laufen konnte.“ 2010, als Michael Schumacher in Bahrain sein Comeback mit Mercedes gab, war Mick mit dabei und selbst schon Hobby-Kartpilot. Der Entschluss, richtiger Rennfahrer zu werden, fiel vor zehn Jahren: „Ich saß mit meinem Vater in einem Truck an der Kartbahn in Kerpen. Er hat mir in die Augen geguckt und mich gefragt: Willst du das ernsthaft? Ich habe nur genickt.“

Damit war der Berufswunsch Autobahnpolizist ausgebremst, auch Eishockey-Profi zu werden, kam folglich nicht mehr infrage. Auch mit der Startnummer 47, der Quersumme aller Geburtstage der Familie Schumacher, unterstreicht Mick seine tiefe Verbundenheit. Erwachsen werden im Renntempo. Für sich selbst hat er das Ziel schon festgezurrt: „Wenn ich mich vom Saisonbeginn bis zum Ende des Jahres verbessere, wäre das ein erfolgreiches Jahr.“ Nicht ausschließlich humoristisch zu betrachten die Frage, ob er in seinem Debütrennen mehr erreichen kann als der berühmte Vater, den nach einem sensationellen siebten Startplatz vor 30 Jahren in Spa leider nach 700 Metern schon die Kupplung verließ. „Drückt mir die Daumen, dass ich es weiter schaffe“, sagt Mick Schumacher. Er weiß, dass er die Kurve kriegen muss, nicht nur diese erste auf dem Bahrain International Circuit.