Essen. Fans kritisieren die geplante Aufstockung der Champions League: BVB-Boss Watzke hat Verständnis, nennt das Modell aber “interessant“.
Wo sonst mehr als 24.000 Menschen stehen, hing diesmal nur ein gelbes Transparent mit schwarzen Buchstaben: „Stop UCL Reforms!“ Fans von Borussia Dortmund hatten es am vergangenen Samstag vor dem Bundesliga-Heimsieg gegen Hertha BSC (2:0) auf der verwaisten Südtribüne platziert. Gut sichtbar haben die Anhänger des BVB so in Zeiten der Geisterspiele einen Weg gefunden, ihre Meinung zur ab 2024 geplanten Champions-League-Reform im Stadion und vor den vielen TV-Kameras kundzutun. Und die war eindeutig.
„Wer friedlich eine andere Meinung vertritt“, sagt Hans-Joachim Watzke im Gespräch mit dieser Redaktion, „der darf dies selbstverständlich.“ Der BVB-Geschäftsführer habe sich daher auch dafür eingesetzt, dass der Protest durch das Banner visualisiert werden durfte. Beim Champions-League-Achtelfinale gegen den FC Sevilla (2:2) musste das Plakat des Fan-Bündnis „Südtribüne Dortmund“ dennoch nach 15 Spielminuten auf Drängen der Europäischen Fußball-Union (Uefa) entfernt werden.
Champions League künftig ohne Gruppenphase
Bis zum 20. April will das Exekutivkomitee der Uefa über eine Veränderung des Spielmodus entscheiden. Das sogenannte „Schweizer Modell“ beinhaltet, dass die Champions League um vier Klubs aufgestockt werden soll. Eine Gruppenphase gäbe es nicht mehr. Jeder Verein bekäme zehn statt sechs Spiele gegen zugeloste Gegner - mehr Partien, mehr Einnahmen. Manche Top-Klubs wären darüber hinaus gesetzt, auch wenn sie zuvor die Qualifikation zur Königsklasse verpassten.
Fans fürchten um nationale Ligen
Auch interessant
Fans befürchten daher eine Entwertung der nationalen Ligen. Die BVB-Fanabteilung und der „Club 12“, ein Dachverband von aktiven Fans des FC Bayern München, hatten in einer gemeinsamen Stellungnahme jüngst die Reformideen kritisiert. Sie fordern unter anderem eine gerechtere Verteilung der Einnahmen zwischen Europapokal-Teilnehmern und den Vereinen in den nationalen Ligen, um den Wettbewerb wieder fairer zu gestalten. Ziel sei eine 50-Prozent-Verteilung, aktuell sind es vier Prozent.
BVB-Boss Watzke hingegen sieht einen großen Vorteil bei den Reformen. „Das Wesentliche des Schweizer Modells wäre, dass der Zugang über die Ligen zur Champions League erhalten bliebe und die von den ganz großen Klubs favorisierte Super League, gegen die wir uns immer ausgesprochen haben, abgewendet werden könnte“, so Watzke. „Wir finden das Modell schon deshalb interessant.“
Watzke: „Wir sind in Deutschland nicht der Nabel der Welt“
Bei der Diskussion um die Neuerungen sei auch der europäische Kontext zu beachten. „Wir sind in Deutschland nicht der Nabel der Welt“, meint Watzke. „In anderen europäischen Ländern existieren mitunter völlig andere Meinungen zum und Sichtweisen auf den Fußball.“ Dazu gehöre der Wunsch nach mehr europäischen Spielen, „die idealerweise nicht immer gegen die gleiche Mannschaft stattfinden sollen.“ Das Reform-Model beinhalte dies. Zudem sei der neue Modus attraktiver, weil die Gruppenphase häufig früh entschieden sei.
Doch was ist mit dem Geld? Fan-Gruppen befürchten, dass sich die bisherigen Strukturen festigen: Die Reichen werden noch reicher, während die kleineren Vereine ihren Rückstand nicht mehr wettmachen können. „Das Modell ist nicht so unsozial, wie es häufig dargestellt wird, weil mit den zusätzlichen Einnahmen auch ein Wettbewerb wie die Conference League quersubventioniert wird“, betont Watzke. „Dieses Geld käme ergo auch bei den kleineren Vereinen an.“