Berlin. Dank des 34:26-Siegs gegen Algerien ist es offiziell: Die deutschen Handballer werden bei den Olympischen Spielen dabei sein.

Als es geschafft war, pustete Alfred Gislason erst einmal kräftig durch, während sein Team sich wenige Meter entfernt in die Arme fiel. Am Sonntag, um 17.13 Uhr in Berlin, war es offiziell: Ziel erreicht, Mission erfüllt, die deutschen Handballer werden bei den Olympischen Spielen dabei sein, die ab dem 23. Juli in Tokio beginnen sollen. „Jetzt sind alle einfach nur glücklich, dass wir es geschafft haben“, sagte Gislason. „Man hat gesehen, welcher Druck auf der Mannschaft gelastet hat.“ Sein Kapitän Uwe Gensheimer war etwas euphorischer: „Es war unser Ziel, zum größten Sportereignis der Welt zu kommen. Wir haben es geschafft!“

Das abschließende Spiel des Qualifikationsturniers war dabei fast nur noch Formsache, auch wenn der 34:26 (17:14)-Sieg gegen Algerien ein zäherer war als erwartet. Drei Tage lang hatten vier Nationen in der Max-Schmeling-Halle um zwei Tickets nach Japan gekämpft, am Ende gingen diese wie zu Beginn schon vermutet an Vize-Weltmeister Schweden und an Deutschland. Obwohl: Zumindest im Fall von Deutschland gab es dann doch leichte Zweifel vor dem ersten Anwurf des Turniers. Hatte das Team seit der Amtsübernahme von Bundestrainer Alfred Gislason im Februar des vergangenen Jahres doch noch nie sein Potenzial ausspielen können. Was hauptsächlich mit vielen Spielausfällen durch ein weltweit wütendes Virus zu tun hatte, das bei der WM im Januar auch dafür gesorgt hatte, dass gleich mehrere Leistungsträger auf die Teilnahme verzichtet hatten.

Am Ende stand mit Platz zwölf das schlechteste WM-Abschneiden der Verbandsgeschichte. Die Frage lautete also: Wie würde sich die nun wieder in Bestbesetzung antretende Nationalmannschaft bei der Qualifikation für ein Turnier präsentieren, für dessen Ende von der Verbandsspitze vor einigen Jahren das Ziel Goldmedaille ausgerufen wurde?

Im DHB-Team ist eine Entwicklung erkennbar

Schon jetzt von einem Platz ganz oben auf dem Podest in Tokio zu sprechen, ist weit verfrüht. Doch feststellen ließ sich nach diesen drei Spieltagen immerhin: Gislasons Handschrift wird deutlicher, eine Entwicklung unter dem 61-Jährigen ist erkennbar. Das deutsche Team wird nicht als Außenseiter in Tokio antreten. Nicht, wenn es sich so präsentiert wie am Samstag gegen Slowenien und am Sonntag in weiten Phasen gegen Algerien.

Durchgetankt: Rückraumschütze Julius Kühn war mit seinen Treffern eine der Stützen der deutschen Handball-Nationalmannschaft.
Durchgetankt: Rückraumschütze Julius Kühn war mit seinen Treffern eine der Stützen der deutschen Handball-Nationalmannschaft. © dpa

Die Samstags-Partie gegen Slowenien war eine Art Befreiungsschlag. Das Ergebnis war mit 36:27 (22:12) deutlich und der Auftritt war insgesamt der stärkste in der bisherigen Ära unter Gislason. Das wackelige 25:25 gegen Schweden am Freitag hatte nach Lichtblicken zu Beginn durch eine insgesamt enttäuschende zweite Halbzeit doch leichte Zweifel an mentaler Verfassung und Spielstärke des deutschen Teams aufblitzen lassen.

Die wurden jedoch allesamt 24 Stunden später gegen Slowenien hinweggepustet. Das deutsche Team überrannte den WM-Neunten regelrecht, Andreas Wolff zeigte im Tor erstmals seit langer Zeit wieder jene Stärke, die ihn beim EM-Sieg 2016 zum Sportstar hatte werden lassen. Die Abwehr stand sicher, auch weil Johannes Golla und Rückkehrer Hendrik Pekeler so gut im Innenblock harmonierten wie es sonst Pekeler und Rückkehrer Patrick Wiencek tun. Letzterer wurde am Samstag nach spielintensiven Wochen mit dem THW Kiel geschont.

Torhüter Johannes Bitter reiste verletzt ab

Ebenfalls stark: Rückkehrer Steffen Weinhold. Der 34-Jährige erzielte drei Tore, holte Zeitstrafen heraus und war auf der anderen Seite des Spielfelds stark in der Abwehr. Der Rückraumspieler des THW Kiel war ein weiterer Routinier, der in Ägypten gefehlt hatte. So ergaben sich aus gelungenen Abwehraktionen immer wieder Chancen auf Tempogegenstöße. Selbst das Positionsspiel, in jüngerer Vergangenheit die Achillesferse des deutschen Teams, funktionierte. Die abschließende Partie gegen die in ihren Spielen gegen Slowenien und Schweden chancenlosen Algerier war da fast nur noch ein Pflichttermin, ein Unentschieden hätte dem Gislason-Team zur Olympia-Qualifikation gereicht.

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Es wurde ein 34:26. Das deutsche Team musste wie bereits am Vortag auf Torwart-Routinier Johannes Bitter verzichten, der wegen einer Rückenverletzung aus dem Schweden-Spiel vorzeitig die Heimreise antrat. Wieder stand Wolff zu Beginn zwischen den Pfosten, konnte aber nicht so überzeugen wie am Vortag.

Was für das gesamte Team galt, der Kräfteverschleiß der zurückliegenden Spiele zeigte sich in vielen unkonzentrierten Aktionen, in zu vielen vergebenen Chancen und in Nachlässigkeiten in der Abwehr. Deutschland kontrollierte die Partie gegen die Nordafrikaner, eine Sternstunde wie 24 Stunden zuvor wurde es aber nicht. Eher ein Arbeitssieg, bei dem Julius Kühn mit acht Toren aus dem Rückraum herausstach und über den Gislason sich trotzdem freute. Seine Erwartungen ans Abschneiden in Japan: „Mit Deutschland muss man immer rechnen.“