Berlin. Die deutschen Handballer starten in die Oympia-Qualifikation. Bei der WM haben Wiencek und Pekeler gefehlt. Nun sie die Hoffnungsträger.

Es war Ende Dezember, als Patrick Wiencek und Hendrik Pekeler sich gegen die Weltbesten behaupteten. Sie standen da, die Blicke auf die gegnerische Offensive gerichtet, die auf sie zugerannt kam. Es waren Momente, in denen die Handballspieler Wiencek und Pekeler in ihrem Element sind: im Zentrum des Geschehens, wenn die Gegner sich vor dem deutschen Tor aufbauen. Mittendrin, wenn gezerrt, geklammert und geschubst wird. Wiencek und Pekeler sind die so hohe wie breite menschliche Mauer, die sich zentral vor dem Tor auftürmt. Sie sind wie Wellenbrecher in einem Sturm. Wiencek, der 110 Kilo schwere und 2,01 Meter große Koloss, wirbelt dann seine Gegenspieler umher, in der etwas offensiveren Deckungsvariante fängt 2,03-Meter-Mann Pekeler mit seinen langen Armen Pässe ab.

Ende Dezember also war es, als das Duo mit dem THW Kiel das Finale der Champions League gegen den FC Barcelona gewann. Wenige Tage später startete die deutsche Nationalmannschaft zur WM in Ägypten. Zum Treffen mit den Weltbesten. Der 31-jährige Wiencek und der 29-jährige Pekeler waren nicht dabei.

Es geht um mehr als Olympia

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Der Blick in die Vergangenheit ist auch in der Gegenwart wichtig, denn er zeigt, was die unmittelbare Zukunft bringen kann. Die deutschen Handballer starten am Freitag in Berlin ins Qualifikationsturnier für die Olympischen Spiele in Tokio (ab 23. Juli). Drei Tage, vier Mannschaften, zwei davon sichern sich das Ticket nach Japan. Heute kommt es zum Aufeinandertreffen mit Vize-Weltmeister Schweden (15.15 Uhr/ARD), bevor am Samstag Algerien (15.35 Uhr/ZDF) und am Sonntag Slowenien (15.45 Uhr/ZDF) folgen. Vorrangig geht es um die Qualifikation für Olympia, doch für den deutschen Handball geht es um so viel mehr. Um das Vermeiden finanzieller Einbußen bei der Sportförderung, aber auch um das Ansehen der zweitbeliebtesten Sportart Deutschlands. Die zurückliegende WM hat gezeigt, wie schnell das öffentliche Interesse bei ausbleibendem Erfolg abnimmt. Die TV-Quoten bei ARD und ZDF blieben hinter den Erwartungen zurück und haben auch aktuell zu den Anwurfzeiten am Nachmittag statt zur besten Sendezeit am Abend geführt.

Umso wichtiger ist, dass die Kreisläufer Pekeler und Wiencek nun wieder dabei sind. In Coronazeiten Anfang Januar verzichteten sie auf die WM, um im Lockdown bei ihren Familien zu bleiben. Zähneknirschend musste Bundestrainer Alfred Gislason dies hinnehmen, mit Schaum vor dem Mund beschimpften anonyme Nutzer das Duo in den Sozialen Medien. „Vaterlandsverräter“ war eine der harmlosesten Verunglimpfungen. Doch Pekeler, der auf dem Feld keinem Zweikampf aus dem Weg geht, wehrte sich auch im Netz: „Nur weil ihr im Internet ,anonym‘ seid, lasse ich mich von euch nicht beleidigen.“

Abwehrstärke muss Trumpf sein

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Wie wichtig das Duo ist, hob auch der Bundestrainer in den jüngsten Tagen immer wieder hervor. Er sprach von enormer Erfahrung und körperlicher Präsenz, die er nun hinzugewonnen habe. Von der taktischen Variabilität, die nun wieder möglich sei. Um schließlich vom Duo, „das zu den besten der Welt gehört“, zu schwärmen. Denn die WM in Ägypten mit den international unerfahreneren Sebastian Firnhaber und Johannes Golla und dem am Ende so enttäuschenden zwölften Platz hatte gezeigt, dass Deutschland ohne seinen etatmäßigen Innenblock nicht die traditionelle Abwehrstärke als Trumpf ausspielen konnte. Es fielen zu viele Gegentore, es gab zu wenige Ballgewinne und daraus resultierend zu wenige Gegenstoß-Tore. Defizite in der Abwehr führten zu Defiziten im Angriff. Wiencek und Pekeler wurden schmerzlich vermisst. „Ohne andere Spieler, die bei der WM am Ball waren, schlecht machen zu wollen, aber mit dem eingespielten Kieler Duo haben wir schon eine andere Qualität zur Verfügung“, sagte gestern auch Nationalmannschafts-Kapitän Uwe Gensheimer.

„Bamm-Bamm“ und „Peke“ werden sie von Teamkameraden genannt. Der kantige Duisburger Wiencek und der schlaksig wirkende Glückstädter Pekeler, die das deutsche Team bei der Heim-WM 2019 mit überragenden Leistungen auf Platz vier gebracht hatten. Zum Nationalteam kehrten sie am vergangenen Sonntag ausgepowert zurück, sieben Spiele hatten sie mit dem THW Kiel zuvor in 13 Tagen bestritten. Alfred Gislason dosierte zunächst das Training, konnte aber schnell feststellen: „Wir sind gut drauf.“ Ähnlich sieht es auch Wiencek: „Wir spielen gegen drei Topmannschaften in drei Tagen. Wenn da die Abwehr nicht gut steht, wird das nichts.“ Seine Aufgabe also: „In der Abwehr gut stehen.“