Essen. In dieser Woche wurde uns deutlich vor Augen geführt: Nationalspieler in Unterhaltungsshows, das funktioniert nicht mehr. Eine Kolumne

Damals in den Siebzigern ging alles. So hemmungslos und ungezügelt, wie in jenen goldenen Jahren des deutschen Fußballs der Ball bewegt wurde, so traten die Hauptdarsteller dieses Sports auch in der Öffentlichkeit auf. Sie fürchteten sich nicht vor möglichen Folgen ihrer Ausflüge in fachfremde Sphären. Sie hatten einfach Spaß daran, an TV-Unterhaltungsshows teilzunehmen.

Wie das Schalke-Quartett Rolf Rüssmann, Jürgen Sobieray, Erwin Kremers und Helmut Kremers 1974 bei Frank Elstners erster Ausgabe der später Kult gewordenen Ratesendung Montagsmaler. Einer bekommt eine Aufgabe zum Malen, drei andere raten, immer mit Tempo: Hundkatzemaus, Kopf, ja, Kopf ist schon gut, Kopfschmerzen, Kopfverband – Kopfball, richtig, nächster Zeichner nach vorne. Nachher fragte Frank Elstner die auch bei Bravo-Lesern beliebten Kremers-Zwillinge: Könnt Ihr eigentlich auch singen? Helmut sagte einfach mal ja, der Moderator knüpfte Kontakte – und so erschien eine Single, auf der die Kremers-Zwillinge das „Das Mädchen meiner Träume“ anschnulzten. Die Scheibe startete bis auf Platz drei der Hitparade durch.

Rudi Carrell begrüßte die Stars „Am laufenden Band“

Ilja Richters Disco im ZDF – auch ein Muss für Teenager in den Siebzigern. Das Einzige, das zwischen den Hits der angesagten Bands störte, war der gequält witzige Sprechgesang des Moderators, gerne mit schlechten Reimen vorgetragen. Weltmeister Berti Vogts hatte allerdings keine Hemmungen, im Duett mit Ilja Richter aufzutreten – mit Frack, Zylinder und viel Mut zur Peinlichkeit.

Ja, und dann die Krönung. Am laufenden Band – die große Samstagabend-Show im Ersten, mit dem populären Rudi Carrell. Seine Kandidaten sollten raten, welche vier der acht Damen, die sich aufgetakelt präsentierten, gar keine Damen waren. Unter Perücken und in Kleidern stöckelten schließlich Sepp Maier, Karl-Heinz Rummenigge, Jupp Kapellmann und wieder mal Berti Vogts nach vorne. Das Gelächter war groß, der Gag galt seinerzeit als gelungen.

Den Spielern von heute fehlen Witz und Esprit

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In dieser Woche wurde uns krass vor Augen geführt, wie sehr sich die Zeiten geändert haben. Im RTL-Studio saßen zur Politur des Images verpflichtete Nationalspieler, die bei „Wer wird Millionär?“ verkrampft darum bemüht waren, sich bloß nicht zu blamieren – und dabei jeden Esprit, jeden Charme, jeden Witz vermissen ließen. Weil sie heutzutage mit Medientraining geschult werden, fürchten sie überall Fallen. Hinzu kamen noch die Umstände, für die sie nichts konnten: leere Bude, keine Atmosphäre, Plexiglasscheiben als Symbole für Distanz und Kälte.

Da hätte allenfalls noch ein Lukas Podolski helfen können, der vor fünf Jahren bei einem Prominenten-Special des Jauch’schen Quiz-Klassikers mal 125.000 Euro für seine Stiftung abräumte. Und erleichtert feststellte: „Man muss dafür nicht unbedingt Abitur studiert haben.“