Essen. Der Doppelpass wird 25. Mehr als 1000 Sendungen wurden ausgestrahlt, die Zuschauerzahl ist hoch. Das Phrasenschwein ist Kult.

Fußball ist Religion. Im Ruhrgebiet, einer Hochburg des deutschen Fußballs ist diese Aussage mehr als nur eine Floskel. Millionen von Fans in der Region fiebern Woche für Woche mit ihren Herzensklubs. Mehr noch: Sie vergöttern ihre Vereine regelrecht und richten zum Teil sogar ihre Leben nach ihnen aus. Die Religionen heißen hier allerdings nicht Christentum, Islam, Buddhismus oder Judentum, sondern Schalke 04, Borussia Dortmund, VfL Bochum oder Rot-Weiss Essen. All diese „Glaubensrichtungen“ vereint die Liebe zum Spiel.

Mehr als eine Million Zuschauer

Glaubt man dem TV-Sender Sport1, haben sie auch ein gemeinsames Gotteshaus: Den Doppelpass. „Wenn Fußball Religion ist, ist der Doppelpass der Gottesdienst“, ist das Motto des Fußball-Talks, der am Sonntagmittag längst eine Institution im Deutschen Fernsehen ist.

Heute feiert das Format seinen 25. Geburtstag. Mehr als 1000 Sendungen wurden seit dem 3. September 1995 ausgestrahlt und mindestens genauso häufig wurde der Doppelpass auch kritisiert. Nicht selten wurde mehr als die Hälfte der Sendezeit über den FC Bayern debattiert, immer wieder waren die Gesprächsrunden aus Ex-Profis, Bundesliga-Funktionären, Journalisten und TV-Prominenz oberflächlich oder wurden von Boulevard-Schlagzeilen dominiert. Den Doppelpass zu kritisieren ist leicht. Gerade in den Sozialen Medien, wo „#Dopa“ beinahe allwöchentlich in den Twitter-Trends auftaucht.

Jörg Wontorra, Thomas Helmer und Rudi Brückner (v.l.n.r) mit einer Torte anlässlich des 20. ·Doppelpass·-Geburtstags 2015. Brückner moderierte anfangs den ·Doppelpass·. Ihm folgte Wontorra. Mittlerweile leitet Thomas Helmer die Runde.
Jörg Wontorra, Thomas Helmer und Rudi Brückner (v.l.n.r) mit einer Torte anlässlich des 20. ·Doppelpass·-Geburtstags 2015. Brückner moderierte anfangs den ·Doppelpass·. Ihm folgte Wontorra. Mittlerweile leitet Thomas Helmer die Runde. © dpa | Nadine Rupp

Doch besonders wegen der kontroversen Meinungen über das Format ist der Doppelpass nicht nur im Netz, sondern vor allem im TV eine große Nummer. Nicht selten ist Sport1 während der Sendezeit zwischen 11 und 13 Uhr am Sonntag Marktführer im deutschen Fernsehen – und das seit Jahren. Regelmäßig schalten mehr als eine Million Menschen ein, wenn über die Bundesliga diskutiert wird. Mal auf humoristischer, kumpelhafter Ebene, mal aber auch hitzig. Und gerade dann wird es spannend. Die Live-Sendung bietet in diesen Fällen immer wieder Gesprächsstoff für ganz Fußballdeutschland.

So auch im November des vergangenen Jahres. Als in der Runde kritisch über Bayern-Sportdirektor Hasan Salihamidzic gesprochen wurde, klingelte in den Redaktionsräumen von Sport1 das Telefon. Am Apparat: Der damalige Bayern-Präsident Uli Hoeneß. Am heimischen Frühstückstisch konnte er wohl einfach nicht mit ansehen, wie mit seinem Schützling umgegangen wird.

Kaum ins Studio geschaltet, kam Hoeneß gleich zur Sache. „Große Teile der Runde äußern sich total despektierlich über Hasan Salihamidzic“, meckerte er. Es folgt ein flammendes Plädoyer für die bisherige Arbeit seines Sportdirektors, das im Anschluss bundesweit zum Gesprächsthema wurde: „Ich muss ehrlich sagen: Hasan hat einen guten Job in diesem Jahr gemacht. Ich darf daran erinnern, dass die Transfers von Pavard, Hernández und nicht zuletzt Davies allein auf seinen Mist gewachsen sind.“ Als wäre das noch nicht genug, kündigte der heute 68 Jahre alte Ehrenpräsident des FC Bayern an, häufiger zur „Abteilung Attacke“ überzugehen.

Rückblick in die Sendungsgeschichte

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Anekdoten wie diese lieferte der Doppelpass in den vergangenen Jahren dutzende. Gerne auch Uli Hoeneß persönlich, der mit hochrotem Kopf immer wieder in Streitgespräche verwickelt war. In der Jubiläumssendung heute wird er erneut zu Gast sein. An seiner Seite werden Moderator Thomas Helmer, Sport1-Chefredakteur Pit Gottschalk, Kicker-Herausgeber Rainer Holzschuh, Schiedsrichter Patrick Ittrich und Max-Jacob Ost vom Podcast Rasenfunk neben aktuellen Themen auch auf die besten Szenen der Sendungshistorie blicken.

Also auch auf Zeiten, bevor Ex-Nationalspieler und Kumpel-Typ Helmer moderierte. Rudi Brückner war es, der die Show als Trainer-Manager-Journalistenrunde auf dem Markt etabliert hatte, ehe sie 2004 von Jörg Wontorra mehr und mehr zur Talkshow mit Prominenz wie Boris Becker, Harald Schmidt, Edmund Stoiber oder Oliver Pocher wurde. Boulevard-Schlagzeilen bestimmten nun häufig die Themen.

Drei Euro ins Phrasenschwein

Mehr noch als die verschiedenen Moderatoren hat allerdings eine Trainer-Ikone die Sendung geprägt: Udo Lattek. Mit seinen trockenen Sprüchen und Weisheiten, die ganze Bücher füllen könnten, drückte er der Sendung als Dauergast seinen Stempel auf. Auch weil er in seiner so erfolgreichen Trainerkarriere nahezu alles gewann, was es zu gewinnen gibt, wurde sein Wort auch von den ganz Großen der Fußballbranche geschätzt. Zitiert werden seine Sprüche auch heute noch – fünf Jahre nach seinem Tod im Jahr 2015.

Lattek sprach stets Klartext. Und genau dafür will der Doppelpass seit der Erstausstrahlung 1995 stehen. So sehr, dass abgehalfterte Phasen mit drei Euro für das Phrasenschwein bestraft werden – eine aus der Zeit gefallene Spardose. Auch sie ist längst Kult. Wie der Doppelpass selbst.