Rom. Als der letzte Ton der deutschen Nationalhymne im Foro Italico verklungen war und der Event-Regisseur der Schwimm-Weltmeisterschaft rockigere Rhythmen auflegte, bat Britta Steffen ihre Rivalinnen Fran Halsall und Lisbeth Trickett eine Stufe höher aufs Podium.

Die Britin und die Australierin sprangen sofort zu der Berlinerin hoch und legten spontan ein kleines Tänzchen auf dem weißen Siegertreppchen hin. Selten verstanden sich sportliche Gegnerinnen so gut wie diese drei Medaillengewinnerinnen. Steffen holte nach ihrem Olympiasieg von Peking 2008 auch das Gold bei der WM in Rom. Mit 52,07 Sekunden verbesserte sie ihren Weltrekord über 100 Meter Freistil aus dem Staffelrennen vom Sonntag nochmals um 15 Hundertstelsekunden und lag klar vor Halsall (52,87) und Trickett (52,93).

Phantastische Wettkämpferin

„Britta ist eine phantastische Wettkämpferin und ein liebenswertes Mädchen”, sagte Lisbeth „Libby” Trickett, „ich gönne ihr diesen Erfolg. Wir sind wirklich gute Freundinnen.” Sicherlich wäre die Australierin, die vor zwei Jahren noch Weltmeisterin wurde, näher an Steffen gewesen, wenn sie nicht wie auch Michael Pelps in ihrem ein Jahr alten Speedo-Modell geschwommen wäre.

In ihrem tiefschwarzen Hydrofoil von Adidas lag Steffen nach 50 Metern noch auf Platz zwei, aber dann zeigte sie, dass sie in Topform ist und warum sie sich in ihrem Anzug wie ein Schnellboot fühlt.

Ohne Psychologin angereist

Zum ersten Mal war Steffen zu einem großen Wettkampf ohne ihre Psychologin Friederike Janofske angereist. „Das war eine bewusste Entscheidung”, sagte die 25-jährige Berlinerin, „man will sich doch weiter entwickeln und nicht als menschliche Marionette enden.” Aber am Nachmittag spürte Steffen, die in diesem Jahr so locker, so befreit wirkte wie noch nie in ihrer Karriere, plötzlich doch wieder diesen gewaltigen Erwartungsdruck, an dem sie in Peking schon zu zerbrechen drohte und den sie dort erst mit Hilfe ihrer Mentaltrainerin in den Griff bekam. „Am Nachmittag haben wir überlegt, Frau Janofske im Urlaub anzurufen. Dann haben wir darauf verzichtet”, sagte Britta Steffens Managerin Regine Eichhorn. „Im Call Room kam ich mir vor wie ein Mädchen, das in den Kindergarten abgeschoben werden sollte”, erzählte Steffen später, als sie sich umso mehr über die Komplettierung ihrer Goldsammlung nach Europameister-Titel 2006 und Olympiasieg 2008 freute. Ihre Hibbeligkeit erklärte sie sich mit dem Druck, dass alle von ihr erneut einen Weltrekord erwarteten.

Einer der ersten Gratulanten war ihr Freund Oliver Wenzel, mit dem Britta Steffen in Charlotteburg zusammen lebt und demnächst ein Haus in Berlin-Grünau bauen wird. Eigentlich wollte der Ex-Nationalmannschafts-Schwimmer seine Lebensgefährtin mit seinem Besuch in Rom sogar überraschen. „Aber ich habe mich kurz vorher verplappert”, sagte Wenzel.

Mit 25 alles erreicht

Europameisterin, Doppel-Olympiasiegerin, Weltmeisterin: Britta Steffen ist längst aus dem Schatten ihrer früheren Trainingspartnerin Franziska van Almsick herausgeschwommen. Mit 25 Jahren hat sie alles erreicht, was man im Schwimmsport an Titeln und Rekorden holen kann. Kann sie sich trotzdem noch motivieren, ihre Karriere fortzusetzen? Keine Sekunde zögerte die „Sportlerin des Jahres 2008”, die es auch 2009 wieder werden könnte, mit der Antwort: „Es gibt für mich noch zwei Herausforderungen. Erstens bin ich immer noch auf der Suche nach dem perfekten Rennen und zweitens will ich zeigen, dass ich im nächsten Jahr auch im Badeanzug die schnellste Schwimmerin bin. Ich bin froh, dass demnächst wieder nur der Sportler zählt.” Den letzten Satz von Britta Steffen hatte auch Libby Trickett Minuten vorher fast wörtlich so gesagt. Die beiden verstehen sich wirklich.