Dortmund. Der Weltmeister von 2014 beendet im Alter von nur 29 Jahren seine turbulente Karriere. Zum Abschied kritisiert er das Profigeschäft.
„Ehemann und Vater“, so beschreibt sich André Schürrle seit knapp zwei Tagen, kurz nachdem sein Vertrag bei Borussia Dortmund aufgelöst wurde, auf seinem Instagram-Profil. Eigentlich verriet der 29-Jährige damit schon seinen Plan, den er aber erst am Freitag im Magazin Spiegel der Öffentlichkeit verkündete. Der Weltmeister von 2014 beendet seine Karriere – in einem Alter, in dem die meisten noch einige Jahre vor sich haben.
„Ich höre auf“, erklärt Schürrle. Er zieht sich zurück aus dem Geschäft, in dem, wie er meint, „Verletzlichkeit und Schwäche zu keinem Zeitpunkt existieren dürfen“. Der Fußball hat den ehemaligen Nationalspieler reich gemacht, jedoch auch einsam, sagt er, „als die Tiefen immer tiefer wurden und die Höhepunkte immer weniger“.
Vereine zahlten rund 100 Millionen Euro
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Bleiben wird von André Schürrle vor allem sein Sprint über die linke Außenbahn im WM-Finale gegen Argentinien, seine Flanke auf Mario Götze, die den Weg für den entscheidenden Treffer ebnete.
Dieser Lauf, schnörkellos, schnell, charakterisiert den Fußballer Schürrle wie kaum eine andere Szene. Es haben sicherlich schon begnadetere Profis das Nationalelf-Trikot getragen. Aber seine Fähigkeiten haben Schürrle weit nach oben katapultiert. Insgesamt haben Vereine annähernd 100 Millionen Euro für den Mann aus Ludwigshafen am Rhein gezahlt. Letztlich schlitterte er nach 2014 jedoch nur noch durch seine Karriere, er erlebte viele Enttäuschungen.
Rekord-Ablösesumme sorgt für Spott
Beim FC Chelsea scheiterte Schürrle. Nach einem Aufschwung beim VfL Wolfsburg wechselte er 2016 für 30 Millionen Euro zum BVB. Diese damalige schwarz-gelbe Rekordsumme haftete an ihm wie Sekundenkleber. Die Erwartungen konnte er nie erfüllen, stattdessen wurde er teilweise verspottet. „Wenn es im Verein nicht läuft, und du spielst einen Riesenmist, dann traust du dich nicht, durch die Stadt zu laufen“, gibt Schürrle zu.
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Seit 2018 hat ihn der BVB verliehen. Erst an den FC Fulham. Dann an Spartak Moskau. „Ich habe André während unserer gemeinsamen Zeit in Moskau sehr zu schätzen gelernt“, sagt Domenico Tedesco, Schürrles Trainer in Moskau, dieser Redaktion. Christian Heidel, der als Manager beim FSV Mainz 05 ab 2009 erlebte, wie Schürrle erste Fußstapfen im Profifußball hinterließ, sagt: „Ich ziehe den Hut vor seiner Entscheidung.“
Debatte über Härte im Profifußball
Für die vorzeitige Auflösung seines bis 2021 laufenden Vertrags beim BVB kassierte Schürrle noch einmal eine Millionen-Summe, seine letzte als Fußballer. Warme Worte wollte am Freitag jedoch niemand bei der Borussia in Richtung des Ex-Spielers schicken.
Allerdings haben Schürrles Probleme nicht erst im Revier angefangen. Bereits 2014 nach dem WM-Triumph sei er in London in ein Tief gefallen. Als ihm anschließend in Wolfsburg zunächst auch nicht viel gelingen wollte, habe er erstmals darüber gegrübelt, „alles hinzuschmeißen“. So wie jetzt.
Das frühe Karriere-Ende wird wieder eine Debatte über Härte im Profifußball auslösen. Ähnlich wie 2015, als Marcell Jansen seine Laufbahn ebenfalls mit 29 Jahren beendete. Oder als Per Mertesacker nach seinem Abschied vom Profisein 2018 offen zugab, wie sehr ihn die psychische Belastung geplagt habe. Viele Vereine beschäftigen mittlerweile Sportpsychologen, doch die riesigen Erwartungen an einen Profi können sie nicht dämmen.
Gespräche mit Mario Götze
Manchmal habe er sich mit Mario Götze ausgetauscht, der ebenfalls mit Problemen kämpfte und dessen Vertrag in diesem Sommer in Dortmund auslief, berichtet Schürrle. Doch: „So richtig aufmachen, das kann man gegenüber einem Mitspieler auch nicht. Das Risiko ist einfach zu groß, dass man sich angreifbar macht.“
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Vor André Schürrle liegt nun eine Zukunft ohne Fußball. Entscheidungsdruck, wie es weitergeht, hat er nicht. Geld hat sich genügend auf dem Konto angesammelt. Schürrle kann die Zeit mit Frau Anna Sharypova und Tochter Kaia erst mal in aller Ruhe genießen.
Als Ehemann und Vater.