Bielefeld. Mit 60 Jahren erfüllt sich Uwe Neuhaus seinen Traum: Er steigt als Trainer in die Bundesliga auf. Wie frühere Weggefährten ihn beschreiben.

Wer über die wundersame Entwicklung von Arminia Bielefeld spricht, kommt nicht umhin, Uwe Neuhaus zu nennen. TV-Bilder und Fotos zeigen den zufrieden lachenden 60-Jährigen inmitten einer Mannschaft, deren Kern sich nicht maßgeblich verändert hat, seit aus dem taumelnden Klub der souveräne Zweitliga-Meister und nun der Rekord-Aufsteiger in die Fußball-Bundesliga geworden ist.

Neu war 2018 lediglich der Trainer, der auf die Alm kam. Dann machte Neuhaus aus Arminia ein Top-Team des Jahres 2019, und schließlich erfüllte er sich einen lange gehegten Traum: Erstmals schaffte er als Cheftrainer den Aufstieg ins Oberhaus. Mit 60 Jahren steht er somit im Mittelpunkt. Obwohl er das eigentlich nie so gern mochte. So sagen es zwei ehemalige Profi-Fußballer, die ihn gut kennen.

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Wenn Ede Buckmaier (54) und Stefan Lorenz (38) sich erinnern und über den Aufstiegs-Trainer sprechen, fallen Wörter wie Demut, Bodenständigkeit, Ehrlichkeit. Kurzum: Sowohl Buckmaier, der 1990 gemeinsam mit Neuhaus als Spieler mit der SG Wattenscheid 09 in die Bundesliga aufstieg, als auch Lorenz, Spieler der Mannschaft von Rot-Weiss Essen, die der gebürtige Hattinger 2006 in die 2. Bundesliga führte, haben nur Positives zu erzählen. Sie beschreiben Neuhaus als einen Trainer mit Eigenschaften der „alten Schule“.

Ex-Wattenscheider Buckmaier: Neuhaus war total demütig

Buckmaier erinnert sich zum Beispiel an eine Begegnung in Dortmund. Dort schaute er sich ein Spiel der Wattenscheider gegen die U23 des BVB an. Neuhaus war Trainer der Schwarz-Gelben. Die beiden alten Mannschaftskollegen unterhielten sich. „Ich weiß noch genau, dass Uwe davon sprach, dass es wie ein Sechser im Lotto sei, dass er die zweite Mannschaft trainieren durfte. Dabei war er als Co-Trainer mit Dortmund schon Deutscher Meister geworden.“ Buckmaier war nicht überrascht davon. „Als er als Spieler nach Wattenscheid kam, war er total demütig. Er war dankbar, dass er mit 29 Jahren noch einmal im Profi-Fußball angreifen durfte.“ Neuhaus wurde Führungsspieler, war Kapitän. „Überzogene Ansagen waren aber nie sein Ding. Er war immer ehrlich, sachlich.“

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An der Essener Hafenstraße hielt Neuhaus als Trainer an seiner Art fest. Stefan Lorenz berichtet von der Erfolgs-Saison: „Uwe ist einfach eine ehrliche Haut. Er macht sich lieber gute und intensive Gedanken, als mit Sprüchen um sich zu werfen.“ Für den Trainer habe – aus Sicht der Spieler – immer oberste Priorität gehabt, dass er zu seinem Wort stehe. „Er ist gradlinig, verfolgt einen klaren Plan. Und er ist keiner, der den Laptop schwingt“, sagt Lorenz augenzwinkernd.

Neuhaus hat einen anderen Weg als die jüngeren Trainer genommen

In der kommenden Saison wird Neuhaus auf Trainer-Kollegen treffen, die eine andere Karriere durchlebt haben als er. Dann wird er nach BVB-Coach Lucien Favre der zweitälteste der Bundesliga sein, Julian Nagelsmann (32) von RB Leipzig etwa zählt etwas mehr als die Hälfte dieser Jahre, gehört dadurch aber zu der Generation von Trainern, denen Lorenz den eher wissenschaftlich-analytischen Umgang mit dem Fußball nachsagt.

Neuhaus hat einen anderen Weg genommen. Er hat als Trainer kein Nachwuchsleistungszentrum durchlaufen, wie es viele seiner Kollegen getan haben. Er führte Traditionsvereine wie Rot-Weiss Essen, Union Berlin und Dynamo Dresden jeweils in die 2. Bundesliga. Allesamt Klubs, die nicht für maßlosen Umgang mit Geld bekannt sind. „Darum ging es ihm auch nie“, versichert der frühere Mannschaftskollege Buckmaier.

Sonderrolle im Oberhaus

Mit 60 Jahren erfüllt sich Neuhaus spät seinen Lebenstraum. Als es mit Bielefeld plötzlich besser lief, sprach er öffentlich darüber, dass er gern mal einen Bundesligisten trainieren würde. Als Chef-Coach, versteht sich. 30 Jahre nach seinem späten Aufstieg als Spieler folgt nun auch der als Trainer. Aufgrund seiner Vita wird er in der Bundesliga eine Sonderrolle einnehmen. Das kennt er aber schon. Buckmaier erzählt: „Uwe brauchte damals immer etwas länger, um sich von einem Spiel zu erholen. Deshalb hat er manchmal sogar nur freitags am Abschlusstraining teilgenommen. Aber es reichte.“ Und dann fragt der 54-Jährige rhetorisch: „Ob so etwas heute noch möglich wäre?“