Gelsenkirchen. Gegen Bremen holt der Bundesligist erneut keinen Punkt. Schalke 04 könnte einen über zwanzig Jahre alten Negativ-Rekord einstellen.
David Wagner überlegte einen Moment und holte tief Luft. Schalkes Trainer wurde gefragt, ob er auf die Darbietung seiner Mannschaft in der ersten Halbzeit nur mit Personalwechseln reagiert habe oder auch mit Lautstärke in der Kabine. Wagners Antwort war zwar kurz gehalten, aber sie verriet, dass es in diesen Zeiten auf Schalke immerhin auch mal scheppern kann: „Mit beidem, würde ich sagen“, entgegnete der Trainer, deutliche Lautstärke in der Halbzeitpause inklusive.
Am Ergebnis etwas ändern konnte freilich weder das eine, noch das andere: Schalke verlor am Samstag auch gegen den Bundesliga-Vorletzten Werder Bremen mit 0:1 und kassierte damit die vierte Niederlage im vierten Spiel nach der Corona-Pause. Die Talfahrt ist atemberaubend.
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Ein Tor von Bremens Leonardo Bittencourt in der 32. Minute, unhaltbar für Schalkes Torwart-Rückkehrer Alexander Nübel, besiegelte die Niederlage, die sich nahtlos einfügte in die Auftritte der Rückrunde. Denn für Schalke war es bereits das elfte sieglose Bundesligaspiel in Folge mit einer Serie von sieben Niederlagen, vier Unentschieden und einem Torverhältnis von 3:25.
Schalke-Torwart Nübel schuldlos beim Gegentreffer
Nur ein einziges Mal in seiner Geschichte war Schalke über eine lange Strecke noch erfolgloser: 1993/94 gab es sogar zwölf Spiele ohne Sieg unter den Trainern Helmut Schulte und Jörg Berger. Man möchte keine Wetten darauf abschließen, dass Schalke diesen traurigen Rekord nicht beim nächsten Spiel am Sonntag in einer Woche bei Union Berlin einstellen kann.
Gleichgezogen hat Schalke durch die Niederlage gegen Bremen schon mit der Saison 1996/97, als es in der Bundesliga ebenfalls elf sieglose Spiele am Stück gab. Das erregte damals nur nicht so viel Aufsehen, weil die Mannschaft im gleichen Jahr auch den Uefa-Cup gewann – David Wagner war seinerzeit als Spieler mit dabei.
Trainer Wagner lobt Nübel
Als Trainer zog er nun vor dem Bremen-Spiel mit dem Torwart-Wechsel vom überforderten Markus Schubert (21) zum zuletzt ungeliebten Alexander Nübel (23) die nächste Patrone. Es war kein Fehlschuss, weil der Bald-Bayer Nübel keine Fehler machte: „Alex hat ein gutes Spiel gemacht und der Mannschaft Ruhe und Stabilität gegeben“, urteilte Wagner. Dennoch musste sich der Coach wieder über „einen wahnsinnigen individuellen Fehler vor dem Tor” ärgern – diesmal ging er auf das Konto von Abwehrspieler Jean-Clair Todibo.
Dem Franzosen fiel in der 32. Minute nichts Besseres ein, als es im Mittelfeld mit drei Bremern aufzunehmen; er verlor den Ball an Davy Klaassen, der damit den Angriff zu Werders Siegtor einleitete. Todibo war als einer von vier Spielern nach dem 1:2 in Düsseldorf neu in die Startelf gekommen; neben ihm noch Nübel sowie Juan Miranda und Michael Gregoritsch. Ihre Plätze verloren neben Schubert und Stürmer Guido Burgstaller auch Bastian Oczipka und Matija Nastasic. In der Halbzeitpause wechselte Wagner aber wieder zweimal – unterirdisch und ungenügend war die Darbietung in den ersten 45 Minuten, als Bremen zeitweise 80 Prozent Ballbesitz hatte.
Pavlenka vereilelt die beste Schalker Chance
Wagner begründete das ähnlich wie nach dem 1:2 in Düsseldorf: „In der ersten Halbzeit haben wir den eher defensiven Ansatz gewählt, um die Gegentorflut einzudämmen.“ Dank Todibo ging das nicht auf und war schlimm anzusehen. In der zweiten Halbzeit habe Schalke dann versucht, „zurückzukommen zu dem, was wir eigentlich spielen wollen“. Nämlich früher zu attackieren, den Gegner auch mal in der Defensive zu beschäftigen. Die beste Schalker Chance vereitelte Bremens Torwart Jiri Pavlenka in der 53. Minute mit einer starken Parade gegen Benito Raman. „Die zweite Halbzeit war besser. Ich will nicht sagen, dass sie gut war, aber sie war besser“, bilanzierte Schalkes Trainer. Seine Kritik galt der Chancenverwertung: „Wir hatten nicht viele Torchancen, aber mehr als der Gegner. Trotzdem haben wir das Spiel verloren.“
Und das zum dritten Mal binnen einer Woche gegen einen Abstiegskandidaten: Nach Augsburg (0:3) und Düsseldorf (1:2) war nun dreimal das Bremer Recht. Und Werder-Trainer Florian Kohfeldt freute sich mitten im tiefsten Abstiegskampf über einen „insgesamt verdienten Auswärtssieg“. Zwar steht Werder an der Weser das Wasser immer noch bis zum Hals, aber nach drei Spielen ohne Gegentor in Folge sieht Kohfeldt wieder Land: „Man sieht, dass das nicht alles weg ist.“ Er meint: Das, wofür Bremen immer stand, das ist noch da. Auf Schalke ist das, was man sehen möchte, dagegen weit weg. Land ist weit und breit nicht in Sicht.