Bremen. Ob mit oder ohne Zuschauer: Werder spielt aktuell nicht bundesligareif. Kohfeldt gibt nicht auf – denn es gibt einen kleinen Hoffnungsschimmer
Humor ist, wenn man trotzdem lacht. Oder einem in der größten Krise ein kecker Spruch einfällt. Arnd Zeigler, einer der wichtigsten Kulturschaffenden des deutschen Fußballs, der in seiner Sendung von der wunderbaren Welt des Fußballs seine Vorliebe fürs Bremer Weserstadion und den dort ansässigen SV Werder gar nicht mehr verstecken muss, hat am Montagabend bei beim 1:4 gegen Bayer Leverkusen das einzige Mal auf der sehr luftig ausgelegten Pressetribüne für einen Lacher gesorgt. „Wir bedanken uns bei 42.100 Zuschauern fürs Zuhausebleiben. Danke für ihre Unterstützung“, stellte der Stadionsprecher mit der gebotenen Distanz in Corona-Zeiten fest.
Werder Bremen: Das Weserstadion ist zu einem Selbstbedienungsladen geworden
Ansonsten wirkte die Lage für seinen Lieblingsklub so gespenstisch wie die Atmosphäre beim ersten Geisterspiel der Vereinsgeschichte. Die Warnungen von Innensenator Ulrich Mäurer, Spiele zu verbieten, falls sich im Umfeld Menschen versammeln, hatten die Anhänger artig befolgt: Rund um den Osterdeich tauchten so wenige grün-weiße Erkennungszeichen auf, als sei der Bundesliga-Vorletzte nicht nur vom zweiten Abstieg seit 1980, sondern bereits von der Löschung aus dem Vereinsregister bedroht.
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Das Weserstadion ist – das zeigt die siebte Heimpleite in Serie – zum Selbstbedienungsladen verkommen. Werder wirkte gegen die Werkself weitgehend wehr- und hilflos – mutlos noch dazu. Lässige Leverkusener mussten das Bällchen nur laufen lassen und eine gescheite Flanke oder Standard schlagen: Mühelos nickten Kai Havertz und Co. die Kugel über die Linie. Entlarvend, wie Kapitän Niklas Moisander sagte: „Wir haben alles gegeben, aber wir waren nicht gut genug.“
Aufsichtsratschef Marco Bode hätte sich mehr Courage und Kreativität im Offensivspiel, einst Werders Tugenden, gewünscht. Erstaunlicherweise schafft es Trainer Florian Kohfeldt stets, die selbst vom obersten Kontrolleur ausgesprochenen Mängel in seinem Verantwortungsbereich durch geschickte Rhetorik wegzuschieben: „Ich kann nicht auf die Mannschaft eindreschen. Das wird nicht aufgehen.“
Werder Bremen mit fünf Punkten Rückstand auf den Relegationsplatz
Seinem Mienenspiel war ein gewisser Verdruss anzusehen, denn zumindest der Fußballlehrer hatte während der erzwungenen Auszeit den Akku aufgeladen. Der 37-Jährige hatte zudem gehofft, die vielschichtigen Probleme könnten sich in der Pandemie-Pause verflüchtigen, aber die in dem falsch zusammengestellten Kader seit Saisonanfang zu besichtigenden Mängel scheinen mindestens so hartnäckig wie das tückische Virus.
Kohfeldt kehrte unverdrossen den Kämpfer nach außen. „Das ist nichts, wo ich sage: Das war es jetzt. Das ist noch kein K.o.-Schlag für uns.“ Mut machen, Zuversicht vorspielen. Auf einen Tag X in der Zukunft, an dem schon alles gut werde. Theoretisch ist das immer noch möglich: Samstag geht es nach Freiburg, Anfang Juni kommt Frankfurt zum Nachholspiel, auf der Zielgeraden warten Paderborn, Mainz und Köln. Es ist nicht ganz abwegig, fünf Punkte Rückstand bei einem Spiel weniger auf den Drittletzten Fortuna Düsseldorf aufzuholen – allerdings in der Hinrunde verbuchten die Bremer gegen dieselben Kontrahenten auch nur zwei Zähler.
Gelegentliche Glücksmomente
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„Das mit den Gegentoren ist auch bei Geisterspielen nicht besser geworden“, räumte Kohfeldt ein. Es ist bezeichnend für die Malaise, dass sich der Trainer ansonsten lauter als seine Spieler gegen die Pleite wehrte. Permanent stand er wie ein zwölfter Mann an der Linie, um seine Anweisungen anzubringen. Einmal hörte sogar jemand hin. Kohfeldt gab das gut vernehmbare Kommando zum vorübergehenden Ausgleich: „Komm Theo, Körpersprache!“ forderte er seinen Rechtverteidiger Theo Gebre Selassie vor dem Eckball von Leo Bittencourt auf. Auf Zuruf lenkte der tschechische Routinier die Kugel nach einer halben Stunde zum 1:1 über die Linie.
Bei vier Gegentoren ist das natürlich viel zu wenig. Und so droht Werder Bremen ein Abstieg, bei dem seine treuen Fans nicht mal weinende Zeugen sein können. Und ob Kultmoderator Zeigler dann noch der passende Spruch einfällt, ist so sicher nicht.