Essen. Frank Busemann glaubt, dass die Zwangspause in 2020 auch Vorteile bringen wird. Der Olympiazweite 1996 hat durch die Corona viel Geld verloren.

Frank Busemanns Beruf ist es, Frank Busemann zu sein. Der 45-Jährige zog 1996 bei den Olympischen Spielen in Atlanta mit seinen Leistungen, aber auch mit seiner Natürlichkeit ganz Deutschland in seinen Bann. Obwohl er im Zehnkampf nur Silber gewann, ließ er bei der Wahl zum Sportler des Jahres 1996 alle Olympiasieger hinter sich. Seit Jahren arbeitet der Recklinghäuser, der mit seiner Frau und den drei Kindern in Dortmund lebt, als Ein-Mann-Unternehmen, hält Vorträge, moderiert Veranstaltungen, kommentiert als ARD-Experte bei den Leichtathletik-Events. Die Corona-Krise hat ihn schon eine sechsstellige Summe gekostet, weil er wegen des Kontaktverbots nicht arbeiten kann. Im Interview spricht er über die finanziellen Folgen für seine Altersvorsorge, wie er sich gerade im Homeoffice die Zeit vertreibt und warum er glaubt, dass 2021 die Leistungen der Sportler für großes Aufsehen sorgen werden.

Herr Busemann, wobei erreichen wir Sie im Homeoffice?

Frank Busemann: Ich habe gerade die Wohnung gesaugt und bin jetzt beim Wischen. Man muss sich ja mit sinnvollen Dingen beschäftigen. Meine Frau ist Lehrerin und macht Schule mit unseren beiden Jungen. Sie macht das echt gut, während ich immer so schnell die Nerven verliere.

Hat die Familie Busemann noch keinen Lagerkoller?

Busemann: Ich habe zuerst auch gedacht, nach drei Tagen fällt uns die Decke auf den Kopf, aber es hält sich in Grenzen. Wir gehen ab und zu mit den Kindern raus, doch die sozialen Kontakte haben wir auf null geschaltet. Bei drei Kindern geht das auch nicht anders. Sonst hast du ganz schnell jede Menge Kontakte.

Bei Vorträgen sprechen Sie auch über Grenzerfahrung? Was werden Sie mal über die Grenzerfahrung mit dem Coronavirus sagen?

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Busemann: Wenn ich das wüsste. Das ist eine Hängepartie. Keiner weiß, wie sie endet. Mich hat die Corona-Krise jetzt schon eine sechsstellige Summe gekostet.

Erzählen Sie.

Busemann: Wenn du siehst, dass plötzlich alles wegbricht, ist das nicht schön. Ich hatte beruflich das stärkste Jahr vor der Brust. Jeden Tag habe ich mich aufs Neue gefreut, welch tollen Job ich habe. Ich hatte mal vier Anfragen für einen Tag. Die Corona-Krise hat alles auf null gefahren. Bis dahin dachte ich, dass ich krisensicher aufgestellt sei, weil meine Tätigkeiten auf viele Branchen verteilt sind. Vorträge bei Unternehmen, Experte im Fernsehen oder Botschafter bei der Sportabzeichen-Tour. Aber es kommen dabei immer mehr als zwei Leute zusammen. Deshalb bin ich raus.

Wie kommen Sie ohne diese Einnahmen klar?

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Busemann: Ich habe natürlich Rücklagen, die waren aber eher für das Alter eingeplant. Alles, was ich jetzt ausgebe oder eben nicht verdiene, schmälert meine Vorsorge. Als Selbstständiger habe ich keine gesetzlichen Altersansprüche. Aber wir werden diesen Monat nicht verhungern und auch die nächsten Monate unsere Rechnungen bezahlen können.

Als TV-Experte der ARD hat sich auch für Sie Olympia 2020 in Tokio erledigt. War die Verschiebung ins Jahr 2021 richtig?

Busemann: Auf jeden Fall. Die Sportler konnten ja teilweise nur zu Hause um den Küchentisch rennen statt zu trainieren. Der Titel Olympiasieger hat eine so große Bedeutung, der sollte durch die unterschiedlichen Bedingungen der Sportler nicht durch ein Glücksspiel entschieden werden.

Kam die Absage zu spät?

Busemann: Das kann man jetzt leicht sagen. Ich habe auch immer gehofft, dass ein Kübel UV-Strahlen vom Himmel fällt und die Viren tötet. Olympia ist ein Milliardenspektakel. Diesen Tanker kannst du nur schwer aufhalten. Olympische Spiele abzusagen ist nicht so leicht wie die Kreismeisterschaften von Hintertupfingen.

Sie waren Olympiazweiter im Zehnkampf. Wie fühlen sich die Sportler jetzt?

Busemann: Zunächst war die Enttäuschung sicherlich riesig. Aber die Sportler haben jetzt wieder ein Ziel. Sie können sich in Ruhe auf die Sommerspiele 2021 vorbereiten. Die Leistungen werden explodieren, denn dieses Durchgangsjahr wird sich positiv auswirken. Sonst müssen die Athleten Jahr für Jahr an ihre Grenzen gehen, jetzt können sie eine breite Basis aufbauen.

Vielleicht werden aber schon dieses Jahr Rekorde purzeln, denn es gibt im Moment weltweit keine ordentlichen Anti-Doping-Kontrollen.

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Busemann: Das will ich nicht hoffen, doch es kann so kommen. Trickser suchen jede Lücke. Für sie sind die fehlenden Kontrollen eine Einladung zum Dopen.

Wird es auch in der Leichtathletik zu Geister-Wettkämpfen kommen?

Busemann: Das glaube ich schon. Für die Athleten ist das totale Grütze. Du kommst in ein leeres Stadion. Das ist wie Training, nur dass du eine Startnummer auf der Brust hast. Aber wenn die Sportler wenigstens so etwas verdienen und ihrem Job nachgehen können, geht das in Ordnung.

Sie sind jetzt sogar in den sozialen Medien bei Instagram aktiv.

Busemann: Ja. Vor lauter Langeweile. Ich mach aber bis jetzt nur Spökes. Neulich hat mich meine Tochter gefragt, ob sie mich schminken darf. Jau, habe ich geantwortet, ist doch jetzt egal, wie ich aussehe – und wir hatten Spaß.