Frankfurt. Komische Choreographien, nervende Musiker: Die DFB-Fans sind von der organisierten Unterstützung bei Länderspielen alles andere als begeistert.

Am Ende konnte man doch von einem sehr gelungenen Abend sprechen. Die deutsche Fußball-Nationalmannschaft hatte Nordirland mit 6:1 besiegt, dem Münchener Serge Gnabry war mit drei Treffern sogar eine richtige Galavorstellung gelungen, die meisten der knapp 43.000 Zuschauer im Frankfurter Stadion sind vergnüglich nach Hause gegangen. Von eitel Sonnenschein kann bei der Stimmung rund um die DFB-Auswahl aber dennoch nicht die Rede sein.

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Das Thema Unterstützung auf den Rängen und Missmut bei den Anhängern anlässlich hoher Ticket- und Trikotpreise begleitet die Mannschaft von Bundestrainer Joachim Löw seit geraumer Zeit. Und auch beim 6:1 gegen Nordirland sorgte die teils inszenierte Stimmung wieder für harsche Kritik – bei Fans im Stadion und vor allem bei Zuschauern, die sich in den Sozialen Netzwerken äußerten.

"Lieber BVB, wenn ihr mich loswerden wollt, dann bestellt einfach ne Blaskapelle"

Größter Aufreger ist die seit dem Weißrussland-Spiel eingesetzt Blaskapelle. Für viele wirkt sie wie ein Fremdkörper. Twitter-Nutzer @Felix__1893 saß am Dienstagabend unweit der Musiker und schrieb unter einem Foto: „Ja, die Blaskapelle geht schon sehr auf den Sack. Setze mich gleich um…“ @fred_vespapx125 stellte schon eher den Zusammenhang her, woher man diese Form der Unterstützung kennt, und schrieb: „Die Blaskapelle, hüp Holland hüp“. Richtig, in den Niederlanden sieht man die Musiker häufig quer durch alle Sportarten. Fans der Revier-Bundesligisten können damit jedenfalls nichts anfangen: „Lieber BVB, wenn ihr mich irgendwann mal loswerden wollt, dann bestellt einfach ne Blaskapelle zum Spiel“, erklärte @19Micha09.

Die deutschen Spieler laufen zum EM-Qualifikationsspiel gegen Nordirland ins Stadion ein. Im Hintergrund: die Choreographie des Fanclubs Nationalmannschaft.
Die deutschen Spieler laufen zum EM-Qualifikationsspiel gegen Nordirland ins Stadion ein. Im Hintergrund: die Choreographie des Fanclubs Nationalmannschaft. © Firo

Auch die Choreographien wirken auf die Fans teilweise erzwungen. „Im Stadion beim Länderspiel heißt die Choreo „Kurvenshow“, eine Blaskapelle spielt Pretty Woman und gerade wurde einem Fan die Bratwurst vom Lieferdienst gebracht. Ich will nicht sagen, dass die Atmosphäre befremdlich ist, denn was wäre maßlos untertrieben“, schrieb @RonUlrich11. Noch deutlicher wurde @guccibrille: „Lächerliche Choreos, eine Blaskapelle, bezahlter Fanclub für „Stimmung“, überteuerte Tickets, leeres Stadion. Es wird immer peinlicher und es scheint so, als wäre es ein interner Wettbewerb, wer der größte Unsympath ist.“

Lothar Matthäus kritisiert DFB für Isolation der Stars

Nachdem es in Gladbach beim 4:0 über Weißrussland viele verwaiste Tribünenblöcke gegeben hatte, war diesmal zumindest die Frankfurter Arena gut gefüllt. So richtig aber werden die Fans mit der Außendarstellung und der Vermarktung der Nationalspieler nicht mehr glücklich. Lothar Matthäus, Rekordnationalspieler und Sky-Experte, hatte bereits bemängelt, dass der Deutsche Fußball-Bund (DFB) seine Stars abschotten würde und sie von breiten Anhängerschaft isoliert habe.

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Kritik kommt auch immer wieder an Merchandising-Aktionen wie die 2015 eingeführte Marke „Die Mannschaft“ oder Twitter-Hashtags wie #zsmmn. Hinzu kommen Zweifel am Fanclub Nationalmannschaft. Wer Eintrittskarten für Auswärts-Länderspiele und erst recht Tickets für Europa- oder Weltmeisterschaften haben möchte, kann diese nur über den 2003 gegründeten Fanclub beziehen. Von dieser Art Zwangsmitgliedschaft halten die meisten DFB-Anhänger nichts.

Das Originaltrikot derdeutschen Nationalmannschaft kostet bis zu 129,95 Euro

Und wer sich dennoch ins Stadion begibt und mit einem Trikot das Team anfeuern möchte, muss tief in die Tasche greifen: Das Original-EM-Trikot kostet bis zu 129,95 Euro, die Fanversion ist 40 Euro günstiger, nochmal eine Abstufung gibt es für Kindergrößen. Ein Länderspiel mit deutscher Beteiligung ist somit ein kostspieliges Vergnügen. (fs)