Doha. Nach der Geburt ihrer Zwillinge feiert die 33-Jährige ein beeindruckendes Comeback: In Doha wird Schwanitz mit 19,17 Metern Dritte.
Wie ein Raubtier, das seine Beute belauert, war Kugelstoßerin Christina Schwanitz um den Ring herumgeschlichen. Noch einmal hatte sie sich auf die Beine geschlagen, um alles rauszuholen. Doch der Stoß ins ganz große Glück wollte ihr nicht mehr gelingen. Jubeln konnte Christina Schwanitz vom LV Erzgebirge dennoch: Sie gewann am Mittwochabend im Khalifa-Stadion mit einer Weite von 19,17 Metern aus dem fünften Versuch Bronze und damit die zweite deutsche Medaille dieser Weltmeisterschaft. Nur Titelverteidigerin Gong Lijiao (China/19,55) und die Jamaikanerin Danniel Thomas-Dodd (19,47) waren noch besser. "Ich bin sehr schwer in den Wettkampf reingekommen", sagte Schwanitz in der ARD. "Ich bin froh, dass es noch gereicht hat."
Wieder mit Deutschland-Fahne auf der Ehrenrunde
Schwanitz hatte sich schon vorher gut gefühlt. Ihre Vorbereitung hatte sich nach einem Kapselriss im Fuß kurz vor Weihnachten und anschließenden Knieproblemen nach hinten verschoben. In einem Jahr mit einem derart späten Höhepunkt kam ihr das nun entgegen. Erst im August hatte die 33-Jährige in Berlin überlegen ihren siebten Titel als Deutsche Meisterin geholt. Rechtzeitig zur WM war sie in Form.
Doch die Chinesin hatte gleich im ersten Versuch die 19 Meter-Marke überstoßen. Schwanitz brauchte bis zum fünften, um auf 19,17 Meter zu kommen. Doch da lag neben der Chinesin auch die Jamaikanerin schon vor der Deutschen. Es sollte bei der Reihenfolge bleiben. Für Schwanitz bedeutet dies einen großen Triumph. Vier Jahre nach ihrem Sieg in Peking ging sie wieder mit Deutschland-Fahne auf eine Ehrenrunde bei einer Weltmeisterschaft.
Schwanitz: "Ich dachte ans aufhören"
Schwanitz hatte sich mit 18,52 Metern zuvor locker für das Finale qualifiziert. Es war ihr erster WM-Auftritt seit ihrem Titelgewinn 2015. Die Weltmeisterschaft in London hatte sie 2017 ausgelassen, weil sie im Juli einen Jungen und ein Mädchen zur Welt gebracht hatte. Ihre Kinder gaben der gebürtigen Dresdnerin neue Motivation. „Letztlich sind die Kinder schuld, dass ich wieder so gut bin. Bevor ich schwanger wurde, war ich vom Kopf her leer und dachte ans Aufhören“, verriet sie dem Sportbuzzer in einem Interview. „Ich wollte dann zeigen, dass man auch mit Kindern Leistungssport in hoher Qualität betreiben kann.“
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Bei der Heim-EM in Berlin hatte Schwanitz 2018 ihr Comeback auf internationaler Bühne gegeben – und Silber gewonnen. Damit verpasste sie jedoch ihren dritten Titel nach 2014 und 2016. Sie musste feststellen: „Silber und Bronze zählen in unserer Gesellschaft doch schon nichts mehr.“ Die Athleten würden lediglich an Gold gemessen. „Der Zweite ist der erste Verlierer. So wird es vom DOSB und der Politik sogar noch gefördert. Das Denken ist so: Wer nicht die Nummer eins ist, ist nichts wert.“
Keine Frau der leisen Töne
Christina Schwanitz ist keine Frau der leisen Töne. Sie hat etwas zu sagen und sie sagt es laut. Kurz vor dem Finale auch über den Gastgeber, der den WM-Zuschlag 2014 unter dubiosen Umständen erhalten haben soll. „Die Entscheidung wurde sicher getroffen, weil die Reibung zwischen Daumen und Zeigefinger gestimmt hat.“ Mit Geld, nicht im Sinne der Athletenfreundlichkeit sei diese Entscheidung zu begründen. Im Stadion sei es derartig gekühlt, dass sie aus dem An- und wieder Ausziehen gar nicht herauskäme.
Mit ihrer direkten Art hat Christina Schwanitz es trotz ihrer weniger populären Disziplin zu einer deutschen Sportpersönlichkeit gebracht. 2015 wurde sie zu Deutschlands Sportlerin des Jahres gewählt. Sie musste jedoch jüngst erfahren, dass vergangene Erfolge längst keine Sicherheit bedeuten. Als bekannt wurde, dass sie schwanger ist, zogen sich die Sponsoren zurück, sie könne ja in der Zeit keine Leistung bringen.
Dritte Mama in Doha mit Medaille
Doch dieser Ärger liegt hinter ihr. Nach US-Sprinterin Allyson Felix, die mit der 4x400-Meter-Mixed-Staffel Gold gewonnen hatte, und der Jamaikanerin Shelly-Ann Fraser-Pryce, die über die 100 Meter gesiegt hatte, ist Schwanitz die dritte Mama, die sich in Doha beeindruckend und erfolgreich zurückgemeldet hat.