Stuttgart. Irgendwann kommt in Beziehungskrisen – ob zwischen Mann und Frau oder Verein und Trainer – der Punkt, an dem es nicht mehr geht. In Stuttgart war er am Samstag nach der neuerlichen Ernüchterung erreicht, die das 1:1 des VfB gegen den VfL Bochum ausgelöst hatte.

Nach quälenden Wochen mit hinreichend bekannten Durchhalteparolen des Trainers und einschlägigen Treuebekenntnissen des Vorstandes drängt sich reflexartig die Frage auf: Hat der Vorjahres-Dritte VfB Stuttgart auf die anhaltende Krise zu spät reagiert? Eine solche Vermutung unterstellt allerdings, dass es für Trennungen einen richtigen Zeitpunkt gibt.

Zur Erinnerung: Hertha BSC hatte Lucien Favre, der mit den Berlinern in der vergangenen Saison schon eine Hand an der Meisterschale hatte, bereits am 7. Spieltag entlassen. Zu früh? Unter Nachfolger Friedhelm Funkel kamen die Berliner bisher auf kümmerliche zwei Punkte in acht Spielen (Favre hatte immerhin das erste Spiel gewonnen).

Anders als die Hertha-Führung bewies die VfB-Spitze Nervenstärke, indem sie an Babbel, der 2008/2009 für die beste Rückrunde der Vereinsgeschichte verantwortlich war, doppelt so lange festhielt. Das Ergebnis der größeren Geduld ist jedoch ähnlich niederschmetternd wie die Folge der Ungeduld in Berlin. Hertha tritt ohne Favre auf der Stelle, Stuttgart kam mit Babbel nicht voran.

Was einmal mehr zeigt, dass es keine verlässlichen Indikatoren dafür gibt, wann ein Trainerwechsel zwingend ist. Mit einer Ausnahme vielleicht, auf die Horst Heldt hinwies. „Man muss Angst haben, dass das weiter eskaliert”, sagte der stets besonnen wirkende VfB-Sportdirektor zu den in der Blockade des Mannschaftsbusses gipfelnden Jagdszenen.

In Stuttgart sollte dabei nicht bloß – wie inzwischen leider üblich in Krisenzeiten – die Abfahrt des Busses verzögert werden. Sondern schon die Zufahrt zum Stadion. Zuschauer, die verhindern wollen, dass ein Spiel zustande kommt, für das sie schon bezahlt haben – damit hat der Protest einen Punkt erreicht, an dem – wenn es denn so einfach wäre – der Verein sich von solchen „Fans” trennen müsste . . .