Essen. Bei der Weltmeisterschaft in Russland ging für die deutsche Fußball-Nationalmannschaft alles schief. 2019 kann nur besser werden
Es waren die Bilder, mit denen sich Joachim Löw aus diesem Jahr verabschiedete: Auftritt im Sportstudio des ZDF Anfang Dezember, das obligatorische Torwandschießen zum Schluss. Und Löw, ehemaliger Klasse-Stürmer und Freund des schönen Spiels, setzte seinen ersten Schuss so unpräzise, dass es den Eindruck machte, als habe der Ball das hölzerne Bauwerk gleich ganz verpasst. Nein, es war nicht das Jahr des Bundestrainers, nicht das des deutschen Fußballs. Bei der WM, dieser aus deutscher Sicht vermaledeiten WM in Russland.
Erstes Vorrundenaus für eine deutsche Nationalmannschaft
Erstmals schied eine deutsche Nationalmannschaft beim Welt-Turnier bereits in der Vorrunde aus. Argentinier, Spanier, Brasilianer – sie alle schauten sich verdutzt an und fragten sich, ob das wirklich diese Teutonen waren, die sie aus all den Jahren kannten, die Spiele zum richtigen Zeitpunkt zuverlässig gewannen, nicht schön, aber zweckmäßig. Und nun? Waren Mexiko und Südkorea eine Nummer zu groß. Löw und seine Mannschaft hatten sich in der Ödnis von Watutinki in eine Sackgasse der Sattheit manövriert. Sie waren vom Weg abgekommen.
Kaum Erinnerungswürdiges bei der WM in Russland
Das ist leicht, denn Wege gibt es in Russland viele. Weit sind sie. Und voll mit Autos und Menschen, für die die Straßenverkehrsordnung mehr so eine Art frei interpretierbare Empfehlung zu sein scheint – und das nicht nur bei den Autokorsos anlässlich des erstaunlichen Siegeszuges der Gastgeber, die es bis ins Viertelfinale schafften und dort nur mit Pech diesen betörend hingebungsvollen Kroaten unterlagen. Alte Männer wie Mario Mandzukic und Luka Modric, die sich beinahe zu Weltmeistern gemacht hätten, wenn da nicht diese schwerelosen Franzosen um Jungstar Kylian Mbappé gewesen wären.
Allesamt beeindruckende Typen, denen Russlands Präsident Wladimir Putin – ohnehin nicht mit Sympathiewerten im Bereich töfte ausgestattet – in der Zeremonie nach dem Finale die Hände schüttelte. Im Trockenen. Er hatte einen Mann, der ihm im Platzregen Moskaus einen Regenschirm hielt, während daneben die kroatische Staatspräsidentin Kolinda Grabar-Kitarović im dünnen Trikot ihrer Mannschaft klitschnass wurde. Auch so ein Bild dieser WM, an die man sich – wenn überhaupt – erinnern wird als eine, die kaum Erinnerungswürdiges produzierte.
Jederzeit konnte alles passieren
Zugegeben, für die Partien Spanien gegen Portugal (3:3, Vorrunde) und Belgien gegen Brasilien (2:1, Viertelfinale) war der geneigte Zuschauer sicher bereit, Opfer zu bringen. Zum Beispiel die vollumfängliche Ansicht Saudi-Arabiens gegen Ägypten. Ansonsten zeichnete dieses Turnier aus, dass jederzeit alles passieren konnte. Viele späte Tore prägten das Bild, viele Treffer nach Standardsituationen auch. Sie mussten zwischen zuverlässig verteidigenden Mannschaften festgefahrene Spiele entscheiden, weil der eine den anderen aus dem Spiel heraus nicht mehr überraschen konnte. Der Welt-Fußball hat alles schon gesehen, hat alles schon erlebt – abgesehen vom Video-Schiedsrichter. Und diesen Engländern.
Denn die – ansonsten seit Jahrzehnten für zittrige Torhüter und flatternde Nerven bekannt – gewannen doch glatt ein Elfmeterschießen. 4:3 gegen Kolumbien im Achtelfinale. Das erste gewonnene Duell vom Punkt bei einer WM.
Ball hinlegen, anvisieren, treffen. So wollte es Joachim Löw im Sportstudio auch erst machen. Aber es war nicht sein Jahr. Nicht das der deutschen Fußballer. Aber das Gute ist: 2019 wird besser. Kann ja nur.
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