Gelsenkirchen. Nationalspieler Leon Goretzka kommt erstmals mit dem FC Bayern nach Schalke. Diese Rückkehr hätte er sich leichter machen können. Ein Kommentar

Beim Champions-League-Spiel des FC Bayern bei Benfica Lissabon passierte in dieser Woche Erstaunliches. Als Renato Sanches, der acht Jahre lang den Ball für Benfica bewegt hatte, ausgerechnet gegen seinen ehemaligen Klub und dann auch noch in dessen Stadion erstmals ein Tor für die Bayern schoss, bejubelten ihn die Fans seiner früheren Mannschaft genauso wie die seiner aktuellen. So etwas kommt im Fußball nicht oft vor.

Leon Goretzka rechnet erst gar nicht damit, dass er an diesem Samstag auf Schalke so empfangen und sogar gefeiert werden könnte wie sein portugiesischer Mitspieler in Lissabon. Der Bochumer Junge, der sich bei den Königsblauen zum Nationalspieler entwickelte, glaubt an gemischte Reaktionen. Die Umstände seines Abschieds, für die er selbst verantwortlich ist, verärgerten Fans und Verantwortliche auf Schalke schwer. Sie fühlten sich veräppelt. Er hatte den Schalkern erst seinen Verbleib versprochen und sie dann – nach seinen starken Auftritten mit der Nationalmannschaft beim Confed-Cup im Sommer 2017 - lange hingehalten. Weil er angeblich erst Schalkes sportliche Entwicklung abwarten wollte. Schließlich wechselte er dann doch zu den Bayern, obwohl die Schalker ihren Absturz auf Platz zehn verarbeitet hatten und in die Spitzengruppe der Liga vorgedrungen waren.

Warum nicht einfach ehrlich sein?

Was hatte er erwartet? Den Meistertitel? Hätte er, anstatt auf Zeit zu spielen, nicht einfach ehrlich verkünden können, dass er die ganz große Karriere anstrebte? Das kann man doch verstehen, wenn einer sagt: Ich bin Profi, ich will alles erreichen – nationale Titel, internationale Erfolge, fett dotierte Verträge, riesigen Ruhm. Fußballer, die bei einem Klub durch jahrzehntelange Vereinstreue zu Legenden werden, sind doch längst selten geworden. Und behaupte niemand, ein sauberer Abschied sei ohnehin nicht möglich, wenn man als Bundesligaprofi zu den Bayern geht. Wurde Lukas Podolski etwa damals von Köln-Fans angefeindet?

Manuel Neuer haben die Schalker den Wechsel zu den Bayern bis heute nicht verziehen. Weil auch er ihn schlecht kommuniziert hatte. „Je mehr Hass einem entgegenkommt, desto mehr weiß man, wie sehr man früher geliebt wurde“, hat der Nationaltorwart jetzt gesagt. Ja, verschmähte Liebe mag eine Rolle spielen. Aber von Schalker Wut auf Leroy Sané beispielsweise hat man noch nie etwas gehört. Vereinswechsel sind immer auch eine Frage des Stils. Renato Sanches muss vor zwei Jahren alles richtig gemacht haben.