Sotschi. Kann es den Weltmeister wirklich in der Vorrunde treffen? Was muss man ändern? Was macht Löw den ganzen Tag? Eine Umfrage an der Basis.
Peter ist kein Mann für halbe Sachen. Auf die Frage, was Bundestrainer Joachim Löw nach der 0:1-Auftaktniederlage gegen Mexiko nun in der Partie gegen Schweden (Sa., 20 Uhr/MEZ) ändern soll, hat der 31 Jahre alte Fan vom Bodensee eine klare Antwort: „Der Trainer müsste geändert werden. Lieber früher als später.“
Es brodelt an der Basis. „Deutschland hat gegen Mexiko arrogant und ohne Herz gespielt“, schimpft Peter und blinzelt in die Sonne. „So einen Auftritt können sich die Jungs gegen Schweden kein zweites Mal erlauben.“
Schwarz-Rot-Gold in Sotschi
Insgesamt 62.541 WM-Karten wurden nach Deutschland verkauft, rund 6000 Fans werden beim Spiel am Sonnabend im Fischt-Stadion erwartet. Wer erfahren will, wie Fußball-Deutschland denkt, der muss ins Bridge Resort nach Sotschi. Alleine dort haben seit Mittwoch 150 Anhänger aus Deutschland ihr Quartier aufgeschlagen. Man sieht viele Deutschlandtrikots, Sandalen mit schwarzen Strümpfen und mit schwarz-rot-goldenen Flaggen geschmückte Balkone. Zusammen mit seinem Vater, seinem Bruder und einen Kumpel gehört auch Peter zur Reisegruppe Germania.
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„Ich würde Gomez von Anfang an bringen, natürlich auch Reus und Hector“, sagt der Oberschwabe. „Özil und Gündogan hätte ich gar nicht erst mitgenommen. Deutschland hat genug gute Fußballer.“
Gefachsimpelt wird hier morgens bis abends. In der Lobby hat der Reiseveranstalter einen Extra-Counter für die Deutschen aufgebaut, auch „Experte“ Holger Fach ist für fachkundige Gespräche jeden Abend an der Bar zu finden. In Moskau schauten zuvor sogar Ex-HSV-Trainer Mirko Slomka und Dampfplauderer Reiner Calmund vorbei.
Vorrunden-Aus "könnte pädagogisch wertvoll sein"
„Ich würde jetzt nicht alles auf den Kopf stellen“, sagt dagegen Bernhard Henn aus Berlin. Der Leiter Hauptstadtvertretung der Bundesagentur für Arbeit ist für acht Tage in Russland und ist begeistert. Von Land, Leute und besonders von Moskau. „Eine tolle Stadt. Auch Sotschi ist schön.“ Vom Fußball der Nationalmannschaft ist er weniger begeistert. „Vielleicht würde dem Team ein vorzeitiges Aus sogar guttun. Das könnte pädagogisch wertvoll sein. Die Jungs scheinen satt.“
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An das Vorrundenaus wollen Andreas und Jana dagegen keinen Gedanken verschwenden. Das Ehepaar aus Rostock genießt den freien Nachmittag am Strand, ist mit den Gedanken aber bereits beim Spiel. „Der Jogi muss endlich die Jungen bringen“, sagt Andreas. Auf wen Löw sonst noch setzen sollte? Achselzucken. „Ich kann eher sagen, auf wen er nicht setzen soll“, sagt der 55 Jahre alte Fan aus dem hohen Norden: „Özil und Khedira raus!“
18 Tage wollen die beiden Rostocker in Russland bleiben. Karten haben sie für alle Vorrundenspiele und, so Gott will, für das mögliche Achtelfinale. „Ich bleibe optimistisch“, sagt Andreas. „Zweimal schlecht in Folge hat die Nationalmannschaft bei einer WM schließlich noch nie gespielt.“
"Der DFB macht sich die Welt, wie sie ihm gefällt"
Walter und Florian aus Hamburg sind sich da nicht so sicher. Die beiden HSV-Fans sitzen am Strand von Sotschi. Mit insgesamt zwölf Anhängern haben sie ein Häuschen gemietet, die „Casa Hamburgo“, die mit einer überdimensional großen Deutschlandfahne und dem Schriftzug „Hamburg“ verziert ist. „Die Stimmung hier ist ganz schön ernüchternd“, sagt WM-Vielfahrer Walter. „Das kommt alles nicht von ungefähr.“
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Richtig wütend waren die Hamburger bereits in der Vorbereitung auf Oliver Bierhoffs Rüffel, doch bitteschön nicht mehr zu pfeifen. „Das hat schon etwas von Bevormundung“, sagt Walter, dem Kumpel Florian direkt zur Seite spring: „Der DFB macht sich die Welt, wie sie ihm gefällt.“
Und die Partie gegen Schweden? „Wie man Jogi kennt, wird er ja wahrscheinlich wenig bis gar nichts ändern“, sagt Walter. „Wenn er Erfolg hat, dann war alles richtig. Wenn nicht, dann brennt hier aber der Baum.“
Das glaubt auch Peter. Am Sonntag geht es für ihn schon wieder über Moskau und München zurück in die Heimat. „Hoffentlich geht es nur für uns nach Hause“, sagt er, „und nicht auch schon bald für die Mannschaft.“