Dortmund. 74600 Zuschauer sehen bei Borussia Dortmund eine enttäuschende Partie. Der Aufsteiger aus Mainz verdient sich den Punktgewinn mit einer starken Defensive.

Im Fernsehen und im Radio war vorher vom Top-Spiel des Tages die Rede. Nun ja. Top waren vielleicht die Erwartungen. Eine dürftige Partie mit wenigen Höhepunkten endete torlos: Der freche Aufsteiger Mainz 05 erreichte sein Ziel und nahm bei Borussia Dortmund einen Punkt mit. Die Mainzer behalten weiterhin die Tuchfühlung zur Spitzengruppe, während die Dortmunder den Durchschnitt der Liga repräsentieren. „Wir haben heute den Sprung verpasst, den sich viele erhofft hatten“, meinte BVB-Präsident Reinhard Rauball, der auch mit Kritik nicht sparte: „Wir hatten zu wenige Strafraumszenen und zu wenige Torchancen herausgespielt.“

Von einem fröhlichen Festival konnte beim Wiedersehen von Borussen-Trainer Jürgen Klopp mit seinem ehemaligen Verein nun wirklich die Rede sein. „Für uns ist das Ergebnis nicht befriedigend“, gab Klopp zu. Befriedigend aber war bereits die Vorbereitung nicht. Der BVB trat zwar mit einer nominell ordentlichen ersten Elf an – der Blick auf die Bank aber verriet, dass es sich um das letzte Aufgebot handelte. Sven Bender, Tamas Hajnal, Tinga, Dede und Sebastian Kehl fehlten wegen Verletzungen.

Auch Zidan nicht topfit

Nuri Sahin spielte trotz einer Kapselreizung im Sprunggelenk, Jakub Blaszczykowski trotz einer Bänderdehnung im Sprunggelenk, Patrick Owomoyela trotz eines grippalen Infektes, der ihn während der Woche lahm gelegt hatte. Ähnlich war es Mohamed Zidan ergangen, der vor dem verlorenen Entscheidungsspiel der ägyptischen Nationalmannschaft um die WM-Qualifikation gegen Algerien krank war, am Freitag nicht topfit zurückkam und deshalb in der Anfangsformation nicht berücksichtigt wurde.

Auf Zidans Position zentral hinter den Spitzen spielte erstmals von Beginn an Markus Feulner. Dass ihn nicht nur wegen dieses Debüts, sondern auch wegen des Gegners eine besondere Motivation antrieb, verstand sich von selbst: Schließlich war er zu Saisonbeginn von Mainz 05 zum BVB gekommen – ohne bisher den eigenen Ansprüchen gerecht werden zu können.

Unkonzentratrion und Ungenauigkeit

Es war zu sehen, dass er unbedingt allen zeigen wollte, dass er mehr drauf hat. Doch seinen von starker Laufarbeit geprägten Aktionen fehlte häufig die Präzision. Dieser Makel war allerdings nicht ihm allein anzulasten. Die Borussen bemühten sich um Ordnung, um Struktur, doch sie standen sich dabei oft selbst im Weg: meist durch Unkonzentration und Ungenauigkeit beim Abspiel in Zonen, in denen sie hätten für Gefahr sorgen können.

Dass die Dortmunder nicht richtig ins Spiel fanden, hatte aber auch mit dem Gegner zu tun. Die Mainzer schlossen die Räume klug und diszipliniert, ihre Defensivarbeit war intelligent organisiert. Hatten sie wirklich nur elf Spieler auf dem Platz? Der ballführende Borusse wurde stets von zwei, manchmal auch drei Mainzern eingekreist und attackiert.

So hofften sie, zu entscheidenden Kontern ansetzen zu können, und nach einer halben Stunde bot sich ihnen die beste Gelegenheit dazu. Fast alle Mainzer hatten sich am und im eigenen Strafraum versammelt, die Dortmunder kurvten von links nach rechts, von rechts nach links, ohne die Lücke zu finden. Dabei passierte Nuri Sahin ein fast verhängnisvolles Malheur: Er schoss Schiedsrichter Michael Weiner an, der damit unfreiwilig einen schnellen Mainzer Angriff einleitete. Aristide Bance zog davon, machte alles richtig - bis auf den Abschluss. Er jagte den Ball über das Gehäuse, die Borussen atmeten auf. In den letzten zehn Minuten vor der Pause erhöhten sie selbst den Druck.

Heinz Müller stand gut

Zuerst verpasste Jakub Blaszczykowski eine prächtige Gelegenheit, als er in Richtung Tor zog und dann den Querpass verbaselte. „Vier Mann sind anspielbar, und er erwischt einen Mainzer Fuß“, haderte Jürgen Klopp. „Das sind die Dinge, die ein Spiel entscheiden können.“ Kurz nach dieser misslungenen Aktion glückte dem Polen dann aber eine gefühlvolle halbhohe Hereingabe, die Mats Hummels direkt nahm: Der Mainzer Torwart Heinz Müller stand gut und reagierte.

Mehr Mühe hatte er eine Minute vor dem Pausenpfiff mit einem Flatterball von Marcel Schmelzer. Den ließ Müller nur abprallen, wodurch eine höchst strittige Szene entstand. Denn Mats Hummels setzte nach, und Nikolce Noveski warf sich in den Schuss, den er mit der Hand abwehrte. Mit einer aktiven Bewegung? Das war die Frage. Schiedsrichter Michael Weiner pfiff nicht, und es schien nach mehrmaliger Betrachtung der Fernsehbilder die richtige Entscheidung gewesen zu sein: Noveskis Arm war ausgefahren, Hummels schoss ihn an. Jürgen Klopp aber blieb bei seiner ersten Aufregung und war auch nach dem Spiel noch der Ansicht, dass ein Elfmeter hätte gegeben werden müssen: „In 99 Prozent der Fälle wird dafür gepfiffen.“

Neun Minuten nach dem Wechsel sorgte erneut Mats Hummels, dem im Mittelfeld einige Flüchtigkeitsfehler unterliefen, für eine gefährliche Aktion: Er setzte einen Kopfball nach einer Ecke von Nuri Sahin nur knapp über den Kasten.

Großkreutz kam für Valdez

Nach einer Stunde nahm Jürgen Klopp den ersten Wechsel vor, er brachte einen Ex-Mainzer für einen Ex-Mainzer: Mohamed Zidan für Markus Feulner. Zehn Minuten später musste auch der enttäuschende Nelson Valdez für Kevin Großkreutz Platz machen. Vom frischen Wind aber ließen sich die Mainzer nicht umpusten. Nach wie vor strebte Borussia Dortmund den Sieg an, ohne das Spiel unter Kontrolle zu bekommen. Mainz 05 tat herzlich wenig für die eigene Offensive, Trainer Thomas Tuchel meinte: „Uns hat diesmal ein Tick Unbekümmertheit gefehlt.“ Sein Team behielt aber die defensive Grundordnung, und das reichte, um eine Dortmunder Schwäche sichtbar zu machen, die sich bisher durch die Saison zieht: Diese BVB-Mannschaft ist nur höchst selten dazu in der Lage, einen Gegner spielerisch zu beherrschen. Alles geht nur über Kampf. Weil Kampf allein aber manchmal nicht ausreicht, hatten die Borussen gegen Mainz am Ende nicht mehr als einen Punkt in der Hand.

Die Analyse des Tages gehörte BVB-Torwart Roman Weidenfeller. Auf die Frage, was diesem Spiel gefehlt habe, antwortete er kurz, knackig und ohne die Gefahr, einen Widerspruch herauszufordern: „Der entscheidende Treffer!“